Nikosia/Brüssel. Zypern läuft die Zeit davon, doch die Regierung in Nikosia geht die Dinge trotz des drohenden Staatsbankrotts mit scheinbar stoischer Ruhe an. Der Eigenanteil zum Sparpaket steht noch auf tönernen Füßen. In Deutschland stößt der Rettungsplan schon vorab auf Ablehnung.

Der Staatsbankrott rückt immer näher, dennoch lässt sich Zypern viel Zeit. Auch am Samstag stand noch kein Termin für die erwartete Abstimmung des Parlaments über die umstrittene Zwangsabgabe auf Sparkonten fest, mit der Zypern seinen Beitrag zur Sanierung der Finanzen des Landes abrunden wollte. Zunächst führte die Regierung in Nikosia weiter Gespräche mit der Geldgeber-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Dadurch geriet der gesamte Zeitplan in Verzug - vor der Parlamentssitzung wollte Staatschef Nikos Anastasiades noch mit den Parteichefs auf der Mittelmeerinsel zusammenkommen.

Finanzminister Michalis Sarris äußerte sich positiv über den Verlauf der Gespräche mit der Troika. "Es gibt wahrhaftig Fortschritte. Wir haben ein umfassendes Programm vorgelegt", sagte er. Es gebe einige Themen, die noch nicht geklärt sind. "Ich hoffe, dass wir keine Überraschungen erleben", schränkte er jedoch ein. Details wollte Sarris nicht nennen.

Zwangsabgabe auf Geldeinlagen als Knackpunkt

Im Mittelpunkt der Gespräche am Samstag stand auch die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen des größten zyprischen Geldinstituts, der Cyprus Bank. Unter anderem kursierte in Nikosia der Plan, dass Geldeinlagen über 100.000 Euro des größten zyprischen Geldinstituts Cyprus Bank mit 22 bis 25 Prozent belastet werden. Dort sollen die meisten russischen Oligarchen ihr Geld geparkt haben. Einige Zeitungen spekulierten, alle Bankkunden mit Geldeinlagen von mehr als 100 000 Euro sollten mit zehn Prozent belastet werden.

Das Parlament in Nikosia hatte am Vorabend mehrheitlich Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Außerdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen.

Gedrückte Stimmung in Zyperns Hauptstadt Nikosia

Die Stimmung in Nikosia war am Samstag gedrückt. "Das Wort hat jetzt Brüssel", titelte die konservative Zeitung "Simerini." "Ab nach Brüssel zum "Haircut"" (Beschneiden der Spareinlagen), titelte der "Fileleftheros", die größte Zeitung Zyperns. Darunter war ein großes Foto mit drei weinenden und verzweifelten angestellten Frauen der Popular Bank, die um ihren Job zittern müssen.

Das EU-Land muss eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um von den internationalen Geldgebern Nothilfen von zehn Milliarden Euro zu bekommen. Die EZB hat angekündigt, dass sie nur noch bis einschließlich Montag (25. März) Geld aus Europa für die zyprischen Banken bereitstellen wird. Danach sollen nur dann weiter Mittel fließen, wenn es ein Sanierungskonzept gibt.

Euro-Finanzminister tagen am Sonntagabend zu Zypern-Frage

In Brüssel wollten die Finanzminister der Eurogruppe am Sonntagabend um 18 Uhr die Zypern-Frage in einer Krisensitzung erörtern. Das teilte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Samstag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Nach inoffiziellen Angaben wurde auch Zyperns Staatschef Anastasiades in Brüssel erwartet, um den Alternativplan vorzustellen, mit dem Zypern seinen Anteil am Rettungsplan der Geldgeber aufbringen will. Ein erster Plan, bei dem etwa Zwangsabgaben in unterschiedlicher Höhe auf alle Spareinlagen im Land vorgesehen waren, war am Dienstagabend vom zyprischen Parlament glatt abgewiesen worden.

Jörg Asmussen, Mitglied im EZB-Direktorium, verteidigte eine Beteiligung der Sparer an der Rettung der zyprischen Banken. In einem Gastbeitrag für die Wochenendausgabe der Zeitung "taz" schreibt Asmussen, Privatisierungen alleine würden nicht ausreichen. Deshalb sei eine "einmalige Sonderabgabe auf Einlagen" nötig.

Vorschläge aus Zypern stoßen in Deutschland auf Ablehnung

In Deutschland stoßen die jüngsten Vorschläge aus Zypern zur Rettung des Euro-Landes vor dem Staatsbankrott parteiübergreifend auf Ablehnung. Der Finanzobmann der CDU/CSU-Fraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach, sieht immer weniger Chancen, einen Staatsbankrott zu verhindern. "Auch die neuen Beschlüsse sind bestenfalls eine Mischung aus kreativer Buchführung und Scheinlösungen", sagte Michelbach am Samstag in Berlin.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin lehnte die jüngsten Vorschläge aus Zypern ebenfalls ab. "Wenn die Regierung in Zypern den Telekom-Angestellten des Landes an die Rente gehen will, um das Vermögen russischer Oligarchen zu retten, dann können wir das nur ablehnen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach sich dafür aus, dass auf Zypern "große Vermögen über hunderttausend Euro einmalig belastet werden können, die vorher jahrelang von Steuerdumping und hohen Zinsen profitiert haben". Kleinere Sparguthaben müssten aber tabu sein, sagte Steinmeier den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. (dpa)