Brüssel. . Das Euro-Krisenmanagement in Zypern war ein politische Fiasko. Der allgemeine Vertrauensschaden ist nicht ungeschehen zu machen. Misstrauen hat besonders die Länder erfasst, die auf Stütze angewiesen sein könnten.

In einem sind sich die Beteiligten einig: Das war nichts. Aus der Vereinbarung, mit der das Thema Nothilfe für Zypern und seine Banken vor Ostern abgeräumt werden sollte, wurde ein politisches Fiasko. Der geplante Zugriff auf die Konten löste einen Aufschrei aus – ein Anschlag aufs Unantastbare, aufs Ersparte! Die mühsam erreichte Beruhigung von Menschen und Märkten wich einer neuen Angst- und Misstrauenswelle. Wie konnte das so erfahrenen politischen Dirigenten wie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Co. passieren?

Ein Insider des EU-Finanzapparats kann es sich nur als „kollektiven Blackout“ erklären – die Finanzminister der Euroländer, plus Vertreter der Kommission, des IWF und der EZB hätten im Eifer des nächtlichen Gefechts nicht mehr recht gewusst, was sie taten. Das ist wohl etwas verkürzt. Immerhin mussten ganz gegenläufige Interessen unter einen Hut gebracht werden.

Zum einen Schuldentragfähigkeit – die Staatsschuld soll im Jahr 2020 nicht über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Wenn man Nikosia die erbetenen gut 17 Milliarden Euro Zusatz-Kredite zur Sanierung der Banken gäbe, wäre der Prozentsatz viel höher gewesen. Dagegen machten vor allem der IWF, Deutsche und Finnen Front: Ein Betrag in der Größenordnung von knapp sechs Milliarden sei von den Zyprern selbst aufzubringen.

Zum anderen die Russenfrage: Je stärker die Abschöpfung höherer Einlagen bei den zyprischen Instituten, desto schädlicher ist es für ein Geschäftsmodell (Verschwiegenheit, tolle Verzinsung), das Zypern für wohlhabende Anleger aus dem Reiche Putins attraktiv macht. So hatte der zyprische Präsident Anastasiades Manschetten, die Guthaben über 100.000 Euro mit mehr als 9,9 Prozent zu besteuern.

Stolpert Zypern in Richtung Staatsbankrott?

Wenn aber am oberen Ende nicht mehr eingetrieben werden sollte und der Gesamtbetrag dennoch zusammenkommen musste, waren quasi-automatisch auch die Kleinsparer am unteren Ende unter den Geschröpften. Weil es sich letztlich nicht um einen exorbitanten Betrag handelt, scheint eine Lösung des Problems für Zypern selbst nicht unmöglich: Bei Freistellung von Konten bis zu 20.000 Euro ergäbe sich eine Lücke von ein bis anderthalb Milliarden Euro – die ließe sich notfalls auf anderem Wege abschöpfen, etwa durch eine stärkere Anhebung der Unternehmenssteuern.

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Der allgemeine Vertrauensschaden indes ist nicht ungeschehen zu machen. Misstrauen hat besonders die Länder erfasst, die auf Stütze angewiesen sein könnten und sich nun fragen, ob es bei ihnen womöglich auch ans Ersparte geht. Die ersten Reaktionen in Spanien oder Italien deuten nicht auf Panik hin. Es scheint bislang nicht nötig, wie in Zypern die Banken erstmal zu schließen. Ein schleichender Abfluss durch nervöse Anleger ist aber wahrscheinlich.

Dem gegenüber steht, wenn es gut geht, ein heilsamer Lerneffekt: Wer in Zypern, Portugal oder auch Island zweieinhalbmal so hohe Zinsen bekommt wie bei der Hausbank, bekommt sie nicht umsonst: Er zahlt mit höherem Risiko.