Witten. Im Wittener Museum stellen jetzt Künstler aus, die es gar nicht wirklich gibt. Ihre Werke dagegen sind echt und sehr besonders. Wie bitte?

Avatare kennen viele spätestens seit der US-Science-Fiction-Reihe aus dem Kino. Doch auch im Museum begegnen uns jetzt die künstlichen Figuren. Allerdings nicht als blaue Wesen auf einem fernen Trabanten, sondern als fiktive Künstler, die Matthias Wollgast erschaffen hat. Das Märkische eröffnet am Freitag (26.4.) nicht nur die sehr schräge Schau des Düsseldorfers in Witten. Gleichzeitig sind auch Werke der jungen Drebusch-Preisträgerin Maria Seitz zu sehen - und noch mehr. Doch der Reihe nach.

Bademode im Museum: Das gibt‘s jetzt an der Husemannstraße. Die echten Modelle sind in Epoxidharz gegossen und dadurch dreidimensional - nur ohne den dazugehörigen Frauenkörper. Sie stehen auf hölzernen Säulen, einer liegt darauf und wirkt wie vergessen. Doch das soll so sein. Dahinter steckt das niederländische Künstlerpaar Femke und van Dijk. So steht es jedenfalls auf den Schildchen, die auf die Werke verweisen. Die Designerin und der Fotograf sind aber gar nicht echt. Matthias Wollgast hat sie sich ausgedacht. „Salon Imaginaire“ nennt sich die Schau.

Fiktive Künstler mit eigenem Insta-Account

Der 42-Jährige entwickelt fiktive Künstlerinnen und Künstler unterschiedlichen Alters und mit eigenen Biografien, in deren Namen er Kunstwerke erschafft. Manche haben sogar einen eigenen Instagram-Account. So gibt es auch Tea Benz nicht wirklich, die in ihren Bildern gern Möbel inszeniert sowie Werke bekannter Künstler. Über dem Tisch mit den beiden Stühlen etwa hängt eine Arbeit des belgischen Surrealisten René Margritte: ein Bild im Bild also.

Olav Krogh wiederum ist ein skandinavischer Konzeptkünstler. Von ihm stammen die Illusion einer Archivwand und das Regal in der Mitte eines Raums. Nicht vergessen: Auch das geht eigentlich auf Wollgasts Konto, der aber im Museum nur einmal als Urheber auftaucht. Doch jeder einzelne dieser Avatare ist Teil seines Gesamtwerks.

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Man könnte ihn mit einem Autor vergleichen, der unterschiedliche Stile pflegt, verschiedene Geschichten erzählt. „Ich gebe mich selbst dabei aber nicht ab oder stehe über dem Ganzen“, sagt der Düsseldorfer. „Ich kann mich auf diese Weise völlig frei meinen Themen widmen.“

Darüber hinaus hat er für diese spezielle Ausstellung die Sammlung des Märkischen Museums durchforstet und einzelne Werke gegenübergestellt. Etwa die griechische Zombie-Vase eines seiner Avatare dem Bild Günter Drebuschs. Auf beiden sind - passend, aber zufällig - ähnliche Motive zu finden.

Museumsleiter Christoph Kohl und Kunstvereinsvorsitzender Manfred H. Wolff vor Werken der neuen Preisträgerin des Günter-Drebusch-Preises. Maria Seitz malt mit Buntstift auf Papier.
Museumsleiter Christoph Kohl und Kunstvereinsvorsitzender Manfred H. Wolff vor Werken der neuen Preisträgerin des Günter-Drebusch-Preises. Maria Seitz malt mit Buntstift auf Papier. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

„Sinnliche Zusammenstellung von künstlerischen Arbeiten“, nennt Museumsleiter Christoph Kohl das Gesamtkonzept. Womit wir bei Günter Drebusch sind, unter dessen Namen der Wittener Kunstverein zum achten Mal einen Preis auslobt.

Die Arbeiten des Grafikers und Zeichners, der 1925 in der Ruhrstadt geboren wurde, tauchen in allen Räumen auf, die Wollgast bestückt hat. Eine Etage höher dagegen hängen Arbeiten jener Kölner Künstlerin, die den mit 2000 Euro dotierten Preis diesmal erhalten hat.

Buntstifte, Windhunde und Plastikfingernägel

Maria Seitz malt mit Bunstift auf Papier, mal in großem, mal in kleinem Format. Der Anblick überwältigt durch seine Farbigkeit. Dabei wirkt es, als würde sie einfach nur Linien von oben nach unten ziehen. Immer wieder. Das hat was Meditatives und wirkt doch lebensfroh. Daneben präsentiert die Ausstellung einzelne Werke der anderen nominierten Künstler.

Hakan Eren etwa setzt sich mit afghanischen Windhunden auseinander, während Theresa Weber echtes Haar und Plastikfingernägel in ihrer Collage verwendet. Manfred H. Wolff, Vorsitzender des Wittener Kunstvereins, gefällt, „dass die Werke bewusst sparsam gehängt“ sind. Reizüberflutung ausgeschlossen. Sicher ist auch: Die Männer und Frauen, deren Namen hier auf den Schildchen stehen, gibt es wirklich.

Eröffnung auch mit Gebärdensprache

Im Märkischen Museum an der Husemannstraße 12 werden am Freitag (26.4.) gleich zwei Ausstellungen eröffnet: „Salon Imaginaire“ und „Günter Drebusch-Preis 2023“. Die Eröffnung beginnt um 19 Uhr. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen.

Gleichzeitig feiert das Museum eine besondere Premiere, denn erstmals wird mit Tina Tegethoff im Sinne der Barrierefreiheit eine Gebärdensprachdolmetscherin anwesend sein. Beide Ausstellungen sind bis zum 1. September zu sehen. Öffnungszeiten: Mi bis So, 12 bis 18 Uhr. Eintritt frei.

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