Archäologen lassen in der nächsten Woche auf einem für neue Häuser bestimmten Acker in Witten graben. Was kommt da womöglich ans Tageslicht?

Knapp 100 Wohneinheiten plus Kita sind im Neubaugebiet „Stockumer Bruch“ geplant. Wenn dort in Kürze Bagger rollen, werden aber noch keine Fundamente für Häuser ausgehoben. Ganz im Gegenteil: Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe lässt archäologische Voruntersuchungen durchführen. Saurierknochen in Witten?

Das nun nicht gerade. Vielmehr geht es um ganz frühe Siedlungen - was ja wiederum gut ins Bild passt. Zur Beruhigung der Stadt und der künftigen Häuslebauer sei gesagt: Momentan wird eine Bebauung durch diese nun anstehenden Grabungen nicht verzögert. Denn im Moment läuft ja noch das Bebauungsplanverfahren für das künftige Neubaugebiet zwischen Hörder Straße und Stockumer Bruch. Es soll in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen werden, so dass ab 2025/26 die eigentlichen Erschließungs- und Bauarbeiten beginnen könnten.

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Die Archäologen schicken die Bagger zusammen mit der Firma Beta Eigenheim voraussichtlich in der zweiten Osterferienwoche aufs Feld im Nordosten Stockums, vom 2. bis zum 4. April. Nach Angaben der Stadt Witten tauchten die ersten archäologischen Funde bereits in der Vergangenheit auf Dortmunder Seite auf. Deshalb wird jetzt auch der drei Hektar große Acker in Witten untersucht.

Die Wissenschaftler des Landschaftsverbands haben der Stadt im Vorfeld mitgeteilt: „Der Planbereich (gemeint ist der Bebauungsplan) liegt siedlungsgüngstig nahe des Stockumer Bachs. Bei Gewässern handelt es sich generell um einen wichtigen Kristallisationspunkt während der gesamten Ur- und Frühgeschickte, in deren Nähe bevorzug gesiedelt wurde.“

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Archäologen vermessen Reste der ehemaligen Steinhauser Hüttein Witten: Die Ausgrabungen vor sechs Jahren auf Drei Könige galten als spektakulär. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Bei den bereits gemachten Funden „in der Nähe des Plangebiets“ handele es sich um Reste einer vorgeschichtlichen Siedlung, „mesolithische, bandkeramische und rössenzeitliche sowie merowingerzeitliche Lesefundstellen“, wie es im schönsten Archäologendeutsch heißt. Diese Fundstellen ließen weitere „Siedlungs- und/oder Bestattungsplätze in dem Areal vermuten“, so die LWL-Wissenschaftler. „Mesolithisch“ zum Beispiel bedeutet „Mittelsteinzeit“, das ist gut und gerne vier- bis sechstausend Jahre her. Also ganz schön alt.

In Witten dürften beim Thema „Archäologie“ schnell Erinnerungen an das Gewerbegebiet Drei Könige wach werden. Dort wurde im Frühjahr 2018 unter anderem die Steinhauser Hütte mit ihren deutlich jüngeren, aber immerhin auch schon über 100 Jahre alten Puddelöfen entdeckt, in den vor über 100 Jahren Eisen erzeugt wurde. Sie gelten als bedeutende Zeugnisse der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Die Diskussion um Erhalt und Dokumentation („Archäologisches Fenster“) verzögerte die Entwicklung des Gewerbegebiets an der Herbeder Straße seinerzeit erheblich.