Witten. Der Landschaftsverband will wissenschaftlich erforschen, was Archäologen 2018 auf Drei Könige entdeckten. Ein Stück Industriegeschichte.

Die Funde waren eine Sensation. Bei der Flächensanierung der Brache „Drei Könige“ waren Überreste der ehemaligen Steinhauser und Bessemer Hütte aus dem 19. Jahrhundert entdeckt worden. Experten sprechen von industriearchäologischen Funden von europaweiter Bedeutung im heutigen Gewerbegebiet Drei Könige. Nachdem Archäologen die ersten Zeugnisse der Stahlerzeugung unter Leitung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) dokumentiert haben, will der LWL die gesammelten Erkenntnisse im Rahmen einer Doktorarbeit wissenschaftlich aufarbeiten. Das „Archäologische Fenster“ liegt aber erst einmal auf Eis.

Laut Stadtbaurat Stefan Rommelfanger wurde das Forschungsprojekt des LWL zwecks Förderung bei der Thyssen-Stiftung (Köln) eingereicht. Es könnte sein, dass deswegen in bestimmten Bereichen der Fläche, die für ein sogenanntes „Archäologisches Fenster“ vorgesehen sei, noch einmal „stichprobenartig“ gegraben werde, so Rommelfanger. Die Steinhauser Hütte erzeugte einst im sogenannten Puddelwerk und dem Bessemer Stahlwerk aus Roheisen formbaren Stahl. In angegliederten Gießereien und Walzwerken wurden Produkte wie Schienen und Flachstähle hergestellt – unter anderem für die Köln-Deutzer Brücke. 1873 nahm die Steinhauser Hütte sogar an der Wiener Weltausstellung teil.

Essener hat die Ausgrabungsstätte der St. Antony-Hütte überdacht

Im Laufe der Grabungsarbeiten 2018 entdeckten die Archäologen neben Bruchstein- und Backsteinmauern auch unterirdische Kanäle zur Belüftung verschiedener Ofensysteme sowie Maschinenanker und Schornsteinfundamente. Die Stadt Witten und der Landschaftsverband schätzten den Stellenwert der Steinhauser Hütte so hoch ein, dass Besucher mit einem rund 2500 Quadratmeter großen „Archäologischen Fenster“ im Gewerbegebiet ein Blick in die Vergangenheit ermöglicht werden solle.

Archäologen 2018 bei der Arbeit auf dem Gelände des heutigen Wittener Gewerbegebietes Drei Könige. Das Foto zeigt Reste der ehemaligen Steinhauser Hütte aus dem 19. Jahrhundert.
Archäologen 2018 bei der Arbeit auf dem Gelände des heutigen Wittener Gewerbegebietes Drei Könige. Das Foto zeigt Reste der ehemaligen Steinhauser Hütte aus dem 19. Jahrhundert. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Nach Angaben von Baudezernent Stefan Rommelfanger gibt es mit dem LWL noch keine Einigung darüber, wer der Bauherr des Projektes sein soll, wer das „Archäologische Fenster“ betreiben und unterhalten soll. Die Stadt alleine könne dies nicht leisten, hatte der Stadtbaurat schon früher betont.

Die erste Eisenhütte des Ruhrgebiets

Das Essener Architekturbüro Ahlbrecht Baukunst war von der Stadt beauftragt worden, für die historisch wertvolle Fläche, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll, eine Machbarkeitsstudie zu entwickeln. Über das Ergebnis herrscht noch Stillschweigen. Architekt Frank Ahlbrecht hatte mit einem Statikbüro zusammen bereits für eine Überdachung der Ausgrabungsstätte der Oberhausener St. Antony-Hütte gesorgt. Sie ist die erste Eisenhütte des Ruhrgebiets. Ahlbrecht entwarf ein Stahldach, eine Art Kuppel, die die Ausgrabungsstätte vor Witterungseinflüssen schützt. Das Architekturbüro plante auch das Verwaltungs- und Depotgebäude des Ruhr-Museums auf der Essener Zeche Zollverein.

Stadtbaurat Rommelfanger betonte auf Anfrage unserer Redaktion, dass man zunächst einmal die Ergebnisse der Forschungsarbeit des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe abwarten wolle. „Dann wissen wir, welche Bereiche besonders schützenswert sind und ein Dach benötigen und welche offen bleiben können.“ Das „Archäologische Fenster“ sei nicht als Museum, sondern als ein Informationspunkt gedacht. „Das muss alles kostenmäßig zu bewältigen sein. Wir können da kein Millionenprojekt entwickeln.“ Noch sei nichts spruchreif. Die Stadt und der LWL hätten in dieser Sache eine Arbeitsgemeinschaft gebildet. Durch den Fund der Stahlwerke entstanden Mehrkosten von 1,7 Millionen Euro, davon eine Million für die reine Bodenaufbereitung, 700.000 Euro für die Archäologen.