Velbert. Velbert muss als Schulträger und für Kitas zig Millionen Euro ausgeben und häuft so weitere Schulden an. Hilfreich wäre eine andere Finanzierung.
Ob Integration, ob Ganztagsausbau, Inklusion, Schulsozialarbeit oder Digitalisierung: Die Anforderungen und Ansprüche an Schule haben sich gründlich verändert und sind erheblich gewachsen. Damit ist Schule massiv teurer geworden. Das macht sich auch in Velbert an allen Ecken und Kanten bemerkbar. Die Stadt muss beispielsweise für die neue dreizügige Grundschule im Stadtbezirk Mitte an der Grünstraße insgesamt mehr als 24 Millionen Euro investieren und somit zu 100 Prozent finanzieren, um mit einer vergleichsweise kleineren „Hausnummer“ zu beginnen. Hingegen schlägt die neue Gesamtschule Neviges mittlerweile mit 83,5 Millionen zu Buche.
„Wir hätten viel lieber eine kontinuierliche Finanzierung statt laufend Sonderprogramme, die auch noch Personal binden, das wir eigentlich gar nicht haben“, erklärte Gerno Böll dazu auf WAZ-Anfrage.
Stadt Velbert springt womöglich in die Bresche
Derzeit, so der aktuelle Stand, sind nämlich in der Verwaltung rund 130 Stellen unbesetzt. Nach Einschätzung des Fachdezernenten zieht sich die „Unterfinanzierung durch Land und Bund eigentlich durch alle Themen“. Und damit ist er schon bei Kindertagesstätten. Beim Kita-Ausbau bestehe eine Riesen-Investitionslücke in der Landesfinanzierung: „Wir überlegen, ob wir als Stadt in die Bresche springen. Wir sind ja schließlich in der Pflicht.“
Keine Anpassung an Baupreise
„Kein freier Träger baut mehr Kitas. Entweder macht das also die Stadt selbst oder für einen solchen Träger“, so Böll. Sechs Millionen seien derzeit bei einem Kita-Projekt realistisch, die Kommune bleibe jedoch auf drei Millionen hängen. Das Land habe noch nicht einmal eine Anpassung wegen der gestiegenen Baupreise vorgenommen, moniert Christoph Peitz. „Es werden laufend neue Aufgaben auf die Kommunen übertragen“, kritisiert der Stadtkämmerer grundsätzlich, „aber nicht annähernd auskömmlich finanziert.“
Pauschalen aus Düsseldorf
Wohl gibt es aus Düsseldorf Pauschalen, doch deren Beträge sind relativ überschaubar. So bekommt Velbert heuer eine allgemeine Investitionspauschale in Höhe von 4,3 Millionen, fließt eine so genannte Schul- und Bildungspauschale über 2,9 Millionen, überweist das Land 300.000 Euro Sportpauschale und weitere 600.000 als Aufwand- und Unterhaltungspauschale.
Finanzierungssystem aus dem letzten Jahrtausend
Die Kommunen haben sich als Schulträger um die Schulgebäude, deren Ausstattung, um Materialbeschaffung sowie um die Schülerbeförderung zu kümmern und müssen das Ganze auch wuppen. Hingegen sind die so genannten inneren Schulangelegenheiten – von den Lehrern bis zu den Curricula – Landessache. In NRW ist das Finanzierungssystem mehr als ein halbes Jahrhundert alt. Die Koalitionäre von CDU und Grünen haben bei ihrer Regierungsbildung in Aussicht gestellt, das für die Zukunft – neu – zu regeln.
Neuer Trakt fürs GSG und 1000 zusätzliche OGS-Plätze
Doch zurück nach Velbert: In Birth geht es absehbar daran, den naturwissenschaftlichen Trakt des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) zu erneuern, im Gebäude umzustrukturieren und auf dem GSG-Gelände eine neue Sporthalle zu errichten. Das bedeutet eine Investition in Höhe von rund 20 Millionen Euro. Beim Rechtsanspruch auf Offenen Ganztag (OGS) geht der Erste Beigeordnete davon aus, dass stadtweit bis zu 1000 zusätzliche Plätze benötigt werden. Interne Berechnungen kalkulieren dafür bislang mit Kosten von weiteren 20 Millionen. Das sei aber nur eine „erste große Zahl“, merkt Peitz an und erwähnt, dass von Bund und Land lediglich 3,5 Millionen kommen.
Voraussichtlich 200 neue Flüchtlinge bis Jahresende
Derweil Gerno Böll und das Team der Schulabteilung darauf warten, dass das Fortsetzungsförderprojekt namens „Digitalpakt 2.0“ spruchreif wird, um z. B. Endgeräte-Ersatzbeschaffungen für Lehrer tätigen zu können, tut sich in seinem Dezernatsbereich noch eine ganz andere Baustelle auf. Aktuell steige der Druck hinsichtlich Flüchtlingen, erzählt er. „Wir gehen davon aus, dass es wöchentlich neue Zuweisungen gibt und rechnen bis Jahresende mit 200 neuen Ankünften.“ Aber die Unterbringung werde immer schwieriger. „Wir erwarten vom Land den Ausbau der Erstaufnahme-Kapazitäten. Das hätte schon längst passieren müssen!“
Velberts Schuldenberg wächst weiter
Bei sämtlichen Ausgaben und Investitionen gilt: Ihre Finanzierung schafft Velbert ohnehin nur über Schulden, also über die Aufnahme weiterer Kredite. Sämtliche Verbindlichkeiten des gesamten Konzerns Stadt Velbert zusammengenommen bewegen sich derzeit schon auf eine Milliarde Euro zu.
>>> Entwurf für neuen Haushalt ist in Arbeit
Das Team um Stadtkämmerer Christoph Peitz hat vor den Sommerferien mit dem neuen Haushaltsentwurf begonnen.
Der Plan soll Ende September in den Stadtrat eingebracht und voraussichtlich Ende November verabschiedet werden.