Velbert. Im Bundesrat ist der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz gescheitert, aber er wird kommen. Velbert setzt das unter Druck: Es fehlen 1000 Plätze.
„Als Schuldezernent bin ich persönlich ganz klar für den Ausbau der Offenen Ganztagsbetreuung“, sagt Gerno Böll zu dem geplanten und näher rückenden Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz. „Aber er ist aus meiner Sicht bislang nicht auskömmlich finanziert. Deshalb begrüße ich es – in der Hoffnung, dass sich da wirklich noch was bewegt – , dass jetzt nach der Ablehnung des Vorhabens im Bundesrat noch der Vermittlungsausschuss eingeschaltet wird.“ Um dem Rechtsanspruch gerecht werden zu können, müsse Velbert 1000 zusätzliche OGS-Plätze bis 2030 schaffen. „Wir gehen davon aus, dass wir dadurch einen ganz erheblichen Druck bekommen.“
OGS-Träger sind SKFM und Awo
Zum Stand der Dinge vor Ort: In Velbert gehen aktuell knapp 3250 Mächen und Jungen in die erste bis vierte Klasse einer der zwölf städt. Grundschulen. Für sie stehen rund 1600 Plätze im OGS-Bereich und in der Kurzzeitbetreuung zur Verfügung. Bei der OGS werden die Kinder von einem (zumeist festen) Mitarbeiter eines der beiden OGS-Träger – das sind derzeit Awo und SKFM – betreut. Das passiert in festen und bunt gemischten Gruppen mit im Schnitt 27 Teilnehmern plus Notplätzen; es gibt ein festes pädagogisches Programm und als Muss ein Mittagessen. Das Ganze hauptsächlich in der jeweiligen Schule selbst und in der Regel in der Zeit von 8 bis 16 Uhr. Die Teilnahme ist nach erfolgter Anmeldung für ein Schuljahr verpflichtend. Die Eltern-Beiträge sind nach Einkommen gestaffelt; sie bewegen sich zwischen 0 und 200 Euro.
Schrittweise Einführung ab 2026
Die OGS wurde hierzulande zum Schuljahr 2003/04 NRW-weit im Primarbereich eingeführt. Und Velbert hat gerade in jüngster Vergangenheit Einiges für ihren Ausbau getan bzw. ist – auch mit Hilfe von Fördermitteln – noch dabei. Der Rechtsanspruch soll beginnend mit 2026 sukzessive von Eingangsklasse zu Eingangsklasse gelten, so dass er in 2030 in allen vier Stufen gelebte Praxis ist. Die erwähnte Kurzzeitbetreuung ist auch unter den Namen „Verlässliche Grundschule“, Schule von acht bis eins“ oder „Über-Mittag-Betreuung“ bekannt.
Zugrunde gelegt wird eine Nachfrage-Quote von 75 Prozent
Keine Schule neben der Schule schaffen
Es sei ganz wichtig, findet Barbara Kirschner, dass im Zuge von OGS eine wirkliche Rhythmisierung Platz greife. Damit die Betreuung nicht eine Schule neben der Schule werde, sondern beides ineinandergreife und Hand in Hand gehe.
„Im Idealfall“, sagt die Fachbereichschefin zudem, „haben wir künftig mal ein interdisziplinäres Team aus Lehrern und OGS-Pädagogen.“
Die OGS-Quote liege aktuell bei etwa 50 Prozent. Hinsichtlich des künftigen Anrechts auf ganztägige Betreuung gehe man von 75 Prozent – der Wert liege deutlich unter der Kita-Quote – aus, erläutert der Fachdezernent. Das sei ein nicht Velbert-spezifischer Standardwert, der sich aus der Mischung der vorhandenen Plätze und der abgelehnten Interessenten ergebe. Vor Ort fehlten, zumal noch vor dem Hintergrund steigender Schülerzahlen, „perspektivisch 1000 Plätze“.
Neues schulscharfes Gutachten erforderlich
„Das Raum-Ist haben wir erfasst. Bisher haben der Schulentwicklungsplan und die Raum-Analyse aber nicht die OGS in den Blick genommen“, berichtet Barbara Kirschner und kündigt an, deshalb ein neues Gutachten in Auftrag geben zu wollen. Das solle schulscharf untersuchen und darstellen, welche Maßnahmen in welcher Hinsicht – also auch Mensa, Personal etc. – für den OGS-Ausbau erforderlich seien, so die Fachbereichsleiterin (Bildung/Kultur/Sport). Im Fall der neu zu bauenden Grundschule in Velbert-Mitte habe man den Rechtsanspruch hinsichtlich Mensa-Planung etc. von vornherein berücksichtigt und einbezogen.
Weiterer Aufgaben-Zuwachs absehbar
Nach Auskunft der Fachverwaltung zahlt die Stadt an die Träger pro Schuljahr rund 2,5 Millionen Euro aus dem Haushalt. Die Eltern-Beiträge machen ca. eine Million Euro aus, die Landeszuweisung beträgt knapp 1,4 Millionen. Unterm Strich klafft also eine sechsstellige Deckungslücke. Damit nicht genug: Gerno Böll zufolge kommen als weitere Belastung noch die Ausweitung von „JeKITS“ (Jedem Kind Instrumente, Tanzen und Singen) von den ersten beiden auf alle vier Grundschuljahre und eine zunehmende Differenzierung am Nachmittag hinzu.
Sorgen um Bestand der Zügigkeit
„Es müssen natürlich aber auch Menschen da sein, die das Ganze von A bis Z umsetzen“, wirft Kirschner ein und meint damit nicht nur Planung, (Um-)Bauen und Ausstattung. Schließlich wüchsen Erzieher ja auch nicht auf den Bäumen; „insofern teilen wir auch die Sorgen des Städte- und Gemeindebundes, ob überhaupt genügend Personal da ist“. Überdies bestehe die Sorge, ob allenthalben in den Grundschulen die Zügigkeit erhalten bleiben könne: „Irgendwo muss das alles letztlich hin, wir haben ja keine Gummischulen.“