Neviges. Zwei Ehrenamtliche der katholischen Gemeinde in Velbert-Neviges sind Theologinnen. Warum es sie nicht stört, keine Priesterin werden zu dürfen.
Sie haben ein abgeschlossenes Theologie-Studium, können sich ein Leben ohne ihren Glauben nicht vorstellen und engagieren sich leidenschaftlich für ihre Gemeinde: Anita Haarhaus (41) und Anna-Lisa Lukannek (27) sind Ehrenamtliche der katholischen Kirchengemeinde Maria, Königin des Friedens in Velbert-Neviges. Und gehören damit zu jenen Menschen, ohne die keine Gemeinde, kein Verein existieren kann. Dass sie viele Stunden ihrer Freizeit hier verbringen, ist für Anita Haarhaus ein Geschenk: „Ich liebe, was ich tue.“
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Erst kürzlich ist mit Abbé Pauljo ein junger Geistlicher der Gemeinde zum Priester geweiht worden. Ist das – vorausgesetzt, es gäbe die Möglichkeit – nie ein Wunsch der beiden gewesen? Energisches Kopfschütteln bei Anita Haarhaus, die nach ihrem Theologie-Studium eine Ausbildung zur Erzieherin im Berufskolleg Bleibergquelle absolviert hat und jetzt in einem katholischen Kindergarten in Haan-Gruiten beschäftigt ist: „Nein, ich habe nie das Bedürfnis gehabt, eine Messe zu feiern. Ich fühle mich von Gott angezogen, ja natürlich, daher habe ich Theologie studiert.“ Aber Priesterin zu werden, darüber habe sie nie nachgedacht.
Durch Heirat zum Ehrenamt in Velbert-Neviges gekommen
Wie auch Anna-Lisa Lukannek kümmert sich Anita Haarhaus in der Gemeinde um die Kinder, die zur Erstkommunion gehen. Hält als Katechetin – so heißen die Laien, die die Kinder auf ihren großen Tag vorbereiten – Gruppenstunden ab. Ihre zweite Aufgabe: Als Lektorin Fürbitten vorzutragen, aus dem alten und neuen Testament zu lesen, bevor der Priester das Evangelium verkündet. Der Unterschied zwischen den beiden Ehrenamtlichen: Anita Haarhaus ist nicht in der Gemeinde groß geworden, die gebürtige Essenerin kam durch ihren jetzigen Ehemann 2002 nach Neviges. Wie sie Ehrenamtlerin wurde? Die 41-Jährige lächelt. „Wir haben 2012 geheiratet, und vorher sagte ich mir: Du kannst in keiner Gemeinde heiraten, die du nicht richtig kennst.“ Zwar habe sie sonntags immer die Gottesdienste besucht, „aber das war es auch“.
Gruppenarbeit mit Erstkommunion-Kindern
Bei einem der ersten Vorbereitungsgespräche zur kirchlichen Trauung habe ihr Franziskaner-Bruder Frank, damals Pfarrer und Wallfahrtsleiter, den Tipp gegeben: „Engagieren Sie sich bei den Erstkommunionkindern. Da lernen Sie viele in der Gemeinde kennen und können sich am besten theologisch einbringen.“ Gesagt, getan. Diese Aufgabe fasziniere sie noch immer, so die Mutter eines neunjährigen Sohnes. Kindern und auch Erwachsenen „ein Gespür dafür zu geben, den Weg zu Gott zu finden“, das bereite ihr große Freude.
Erinnerung an „tolle Zeit als Messdiener“
Da kann Anna-Lisa Lukannek (27), die ihre Kindheit und Jugend in der Gemeinde verbracht hat, nur zustimmen. Wenn die junge, fröhliche Frau mit leuchtenden Augen von ihrer „tollen Zeit als Messdiener“ erzählt – „Wir haben alles zusammen gemacht, hatten so viel Spaß. Danach hab ich alles mitgenommen, was ging“ – dann mag man kaum glauben: Und das ist die katholische Kirche, die in einer der größten Krisen ihrer Geschichte steckt? Die bundesweit Austritte beklagt?
Das Jahr in Jerusalem hat den Blick geweitet
„Auch Menschen wie wir, die sich engagieren und einbringen, prägen das Bild von Kirche“, sagt Anna-Lisa Lukannek, die Chemie und katholische Theologie auf Lehramt studiert hat. Während ihres Studiums ging sie im Rahmen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ein Jahr nach Jerusalem. „Das hat den Blick geweitet.“Und den Entschluss verstärkt, sich nach dem Studium ganz der Theologie zu widmen: Seit einem Jahr ist die quirlige, energie-geladene Frau, die einen Tag ohne Sport nur schlecht erträgt, Referentin für Religionspädagogik im Bistum Essen. Zu ihren Aufgaben gehöre es „zu schauen, wie wir den Religionsunterricht zukunftsfähig machen“. Doch auch für sie habe sich nie die Frage gestellt, Messen abhalten zu wollen, Paare zu trauen, Kinder zu taufen.
Unerschütterliches Vertrauen in die katholische Kirche
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Was beide an ihrem Ehrenamt schätzen, das sei die Unbefangenheit, die Neugierde der Kinder. Anna-Lisa Lukannek: „Ich kann die Kinder beim Suchen und Fragen begleiten. Durch das Fragen der Kinder wird ja auch mein Suchen angeregt.“ Und Anita Haarhaus ergänzt: „Ich möchte vermitteln, dass man immer noch an die Liebe Gottes glauben kann in der Welt. Egal, was ist.“ Und was die negativen Schlagzeilen über die katholische Kirche betreffe, etwa wegen der zahlreichen Missbrauchsfälle, da halte sie es wie beim Eheversprechen: „Zusammenhalten, in guten wie in schlechten Zeiten.“ In einem sind sich beide ganz sicher: „Egal, welche Konfession, ob Christ oder Moslem. Menschen, die glauben, haben immer eine Perspektive mehr als Menschen, die nicht glauben.“