Velbert. Grüne Energie, versteckt im Boden: Die Technischen Betriebe Velbert nutzen Geothermie schon seit längerem. Die Stadt Velbert geht jetzt auch mit.
Die in der Erdkruste gespeicherte Wärme zählt zu den regenerativen Energien, die durch Erdwärme-Übertrager entzogen und genutzt werden kann. Sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen. Okay, diese Erkenntnis ist nicht so ganz neu. Aber als sich die Technischen Betriebe Velbert (TBV) bei ihrem Neubau Am Lindenkamp für Geothermie entschieden haben, da waren sie damals damit vergleichsweise noch richtig Vorreiter.
„Wir haben nur gute Erfahrungen“, bilanziert Bernd Wieneck nach nunmehr über einem Jahrzehnt Praxis-Erfahrung, „wir betreiben die Anlage seit elf Jahren problemlos.“ Gas werde nur noch bei Spitzenbedarf gebraucht, erzählt der TBV-Geschäftsbereichsleiter. Nämlich dann, wenn die gewerblichen Mitarbeiter nach getaner Arbeit duschen.
Technische Betriebe Velbert: „Energie sparen und erst gar nicht brauchen“
Allerdings sei Geothermie „nicht so leicht“ zu handhaben, und es seien damit auch Risiken verbunden, führte der TBV-Mann weiter aus. Um das Thema „Heizen ohne Gas – Geothermie“ drehte sich dieser Tage ein Vor-Ort-Termin im Zuge des SPD-Sommerprogramms, mit Präsentation, Häppchen und kühlen Getränken sowie abschließendem Besuch der Heizzentrale, um dort zu schauen, wie aus Erd- Heizwärme wird.
Möglichst für Speicherkapazitäten sorgen
Die Devise Am Lindenkamp lautet: „Energie sparen und erst gar nicht brauchen.“ „Wir decken mittels Photovoltaik (PV) im Sommer unseren gesamten Stromverbrauch ab und müssen nur im Winter zukaufen“, berichtet Bernd Wieneck. Aktuell denke man über Speicherkapazitäten nach. Sein Resümee: Die TBV seien heute bereits weitestgehend autark.
Geothermie-Nutzung auch bei Gebäuden der Stadt Velbert
Im Bereich des städtischen Immobilienservice spielt Geothermie derzeit bei sechs Objekten eine führende Rolle, wie eine Nachfrage der WAZ ergab. Zu 100 Prozent ist das bei den beiden neuen Kitas Fontane- und Nordstraße der Fall, ferner beim Grundschul-Neubau an der Grünstraße und auch bei der neuen Gesamtschule Neviges – und zwar durchweg in Kombination mit PV, um den Strom für die Pumpen zu erzeugen.
Nahwärme-Projekte vorgesehen
„Am Schloss Hardenberg bauen wir eine Nahwärmeversorgung auf mit einer Zentrale im alten Wirtschaftsgebäude, die auch die Vorburg und das Mühlengebäude versorgt“, erzählt Michael Lobe. Da es jedoch infolge des Denkmalstandards durchweg an einer wirklich effektiven Dämmung mangele, sei ein Spitzenlastkessel erforderlich, fügt der Fachbereichsleiter hinzu. Der solle in Neviges mit Holzpellets bestückt werden. Zudem wird Am Schwanefeld eine Nahwärmeversorgung für Grundschule und Sporthallen geplant. Aufgrund der alten Bausubstanz ebenfalls mit einem Kessel, der dort in Velbert-Mitte mit Gas betrieben werden soll. „Maximal zu 30 Prozent.“
Umstellung auf LED-Beleuchtung
Zu den Vorgaben für den TBV-Neubau zählte damals die Nutzung regenerativer Energien. Das umfasst Heizung/Kühlung mit Geothermie und Wärmepumpen sowie Warmwasserbereitung mit Solarthermie und Gasheizung. Der gesamte Jahres-Energiebedarf wurde damals mit rund 362.500 Kilowattstunden beziffert, davon entfiel ein Löwenanteil – mehr als 161.000 KWh – auf Beleuchtung und Hilfsenergien. Die Umstellung auf LED-Technik läuft und zeigt messbare Effekte.
Zig Bohrungen, 150 Meter tief
Für die Geothermie-Nutzung waren aufwändige Voruntersuchungen sowie wasser- und bergrechtliche Genehmigungen erforderlich. 20 Bohrungen bis in jeweils 150 Meter Tiefe und mit 125 Millimeter Durchmesser seien gemacht worden, berichtete Swetlana Kebsch bei dem SPD-Termin. Sie leitet das TBV-Sachgebiet Brückenbau und Stützwände, ist aber auch für die Anlage Am Lindenkamp zuständig. Die Instandhaltung bedeute einen „ganz minimalen Aufwand“, so Kebsch; die 200.000 Euro Mehrkosten hätten sich noch schneller amortisiert als anfangs gedacht.
Planziel ist erreicht
Das offizielle Fazit zur Geothermie lautet am TBV-Standort: „Planziel Ressourcenschonung erfüllt, zuverlässiges System, kein Zuheizen erforderlich, geringer Wartungs- und Instandhaltungsaufwand.“ Oder in den etwas tiefstapelnden Worten von Swetlana Kebsch: „Wir haben eigentlich unser Planziel erreicht, die Entscheidung war wohl ganz gut.“
Anfangs höhere Investition
Michael Lobe beschreibt den Vorteil von Geothermie so: „Wir haben übers Jahr eine konstante Leistung durch die konstante Temperatur im Boden.“ Zudem besäße diese Energie „für unsere Objekte“ einen bedeutenden Vorzug gegenüber Luft-Wärme-Pumpen. Denn die Geräuschentwicklung dieser bei größeren Gebäuden entsprechend größeren Geräten sei „nicht zu überhören“. Allerdings: „Geothermie bedeutet aufgrund der Bohrungen auch immer eine höhere Anfangsinvestition.“
>>> Stadtwerke sind ebenfalls aktiv
Die Stadtwerke Velbert befassen sich derzeit an zwei Stellen im Stadtgebiet intensiv mit dem Thema Geothermie.
Es geht um die beiden Bebauungsgebiete Fellershof und Wilhelmshöhe im Stadtbezirk Langenberg. Angestrebt wird nach Auskunft der Geschäftsführung jeweils ein Versorgungsgrad von 100 Prozent.