Velbert. Online, Krieg, Inflation: Der Einzelhandel hat zu kämpfen, es gibt viele Leerstände. Der Kampf dagegen ist in Velbert aber nicht aussichtslos.
Ein grundsätzlich verändertes Einkaufs- und Freizeitverhalten, zunehmende Verlagerung auf Online-Bestellungen, die Corona-Pandemie als Beschleuniger nachteiliger Entwicklungen und obendrauf noch die Auswirkungen von Krieg und Inflation: Die Innenstädte sind kräftig gebeutelt. Das macht sich – leider auch vor Ort in Velbert – nicht zuletzt in Form einer Vielzahl gähnend leerer Ladenlokale bemerkbar. Die Stadt versucht tapfer und beharrlich dagegenzuhalten. Und bekommt dabei auch Schützenhilfe aus Düsseldorf. Bislang seien insgesamt 22 Neueröffnungen zustande gekommen, bilanzierte kürzlich Anne van Boxel, man rechne aber mit noch mehr. Erwartet würden etwa „25 bis 30“, so die Abteilungsleiterin Wirtschaftsförderung.
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Velbert: Bilanz im Fachausschuss
Diese Bilanz wurde jüngst im Ausschuss für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus vorgenommen, wo die Fachverwaltung und Luca Henke vom Büro „Stadt + Handel“ (Dortmund) den Sachstand zum Landesförderprogramm „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in NRW 2020“ darlegten. Seit der ersten Förderzusage sind zwei Jahre ins Land gegangen, das Programm läuft noch bis zum Jahresende; Geld ist auch noch im Topf.
Leerstandsquote in Langenberg verbessert
Das zugehörige Altstadt-Management Neviges hatte seinen Projektstart im Februar 2021, im darauffolgenden August folgte das Altstadt-Management Langenberg und im Vorjahres-Oktober dann die Fortführung des Zentren-Managements Velbert. In Langenberg sei es gelungen, die Leerstandsquote von einem zweistelligen Wert auf nur noch knapp über sieben Prozent zu senken, resümiert Henke. Er ist dort als Altstadt-Manager (und in Mitte als Zentren-Manager) im Einsatz. „Wir haben mehr Anfragen als vermietbare Ladenlokale“, berichtet er. Die Anfragen kämen häufig aus dem Bereich Kunst und Kultur sowie von Existenzgründern.
Gehäuft leere Geschäfte längs der Velberter Fußgängerzone
Allerdings sei das Geschäft in Randlagen durchaus schwierig, antwortete Luca Henke auf Rainer Hübingers (SPD) Frage, ob es auch Lagen gebe, wo niemand hin wolle bzw. hin zu bewegen sei. „Da kommt’s dann auf den Preis an.“ Im Stadtbezirk Mitte beobachten die Fachleute vor allem, dass sich die teils großflächigen Leerstände hauptsächlich auf die so genannten 1 a-Lagen längs der (Fußgängerzone) Friedrichstraße konzentrieren, hingegen in den Seitenarmen „nahezu Vollbelegung“ herrscht.
Heimische Filialisten sind zurückhaltend
Sein Kollege Gisbert Schneider (Büro „Schneider + Straten, Düsseldorf)“ hat eigens eine Datenbank mit Filialisten großer Unternehmen aufgebaut. Die Filialisten seien jedoch in puncto Expansion „recht zurückhaltend“, schildert Henke die Lage und wegen der „multiplen Problematik oft eher auf dem Rückzug“. Bei drei, vier Objekten sei Schneider aber „in konkreten Gesprächen mit Filialisten“. Man lege Wert darauf, dass das jeweilige Konzept die Stadt bereichere, sei in Velbert vergleichsweise „gut unterwegs“, und es werde auch noch mehr kommen. „Wir haben in NRW Kommunen ohne eine einzige Neugründung.“
Kärrnerarbeit und Klinkenputzen
Das Gespann spricht Eigentümer an und versucht mitunter auch „zu vermitteln, was eigentlich realistische, marktgerechte Mieten“ sind. Darüber hinaus unterstützen die Manager auch bei der Vermittlung über den freien Markt. Er habe sich vor Jahren nicht vorstellen können, sagt Jörg Ostermann, welch mühsame Kärrnerarbeit und welches Klinkenputzen geleistet werden müsse, „um Menschen zusammenzubringen, die unsere Innenstädte attraktiver machen“. Der Fachdezernent teilte in der erwähnten Sitzung mit, dass das Landesprogramm in 2024 wohl fortgeführt werden solle.
Kein gutes Geld vergeuden
„Wir lassen uns in der Regel Business-Pläne vorlegen“, erläuterte Anne van Boxel das Vorgehen. Und ja, es gebe auch Ablehnungen, wenn man wirklich sehe, dass ein Vorhaben bzw. Konzept nicht tragfähig sei: „Wir wollen ja schließlich nicht gutes Geld schlechtem hinterher werfen.“
Städtisches Zuschussprogramm kommt neunfach zum Tragen
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Dem geschilderten Sachstand zufolge gab es bis Ende Februar 2023 in Mitte sechs, in Neviges drei und in Langenberg vier An- und Weitervermietungen mittels des Sofortprogramms. In neun weiteren Fällen wurden die Ansiedlungen über das städtische „Zuschussprogramm für die Anmietung freier Ladenlokale“ unterstützt. Somit war unterm Strich das Leerstandsmanagement in 22 Fällen mit den Förderprogrammen erfolgreich.
>>> Geringere Größen und geringere Ausgaben
Der Mensch lernt aus Erfahrung. Und die zeigt seit Förderbeginn, dass die anhand von Größen – bis zu 300 Quadratmeter – und Quadratmeterpreisen mit der Berechnungshilfe des Landes kalkulierten und beantragten Fördermittel im Bereich des „Verfügungsfonds Anmietung“ zu hoch gegriffen waren.
In der Praxis werden nämlich überwiegend kleinere Ladenlokale – in Mitte unter 200 bzw. in Neviges und Langenberg unter 100 Quadratmeter – angemietet, so dass sich auch entsprechend geringere Ausgaben ergeben.