Oberhausen. Der mögliche künftige SPD-Kandidat für den Oberbürgermeister-Posten, OGM-Geschäftsführer Hartmut Schmidt, redet im Interview Klartext zur politischen Lage in der Stadt. Noch weicht er aber der Frage nach einer OB-Kandidatur aus. Er lässt die Spekulationen gerne weiter wuchern.
Herr Schmidt, in den vergangenen vier, fünf Jahren haben viele Bürger den Eindruck gewonnen, in Oberhausen mangele es an Ideen, es herrsche Stillstand. Sehen Sie das auch so?
Hartmut Schmidt: Nein, das sehe ich nicht so. Man benötigt nun einmal für eine erfolgreiche Planung Chancen und Zeit. Oberbürgermeister Klaus Wehling ist ein Vollblut-Kümmerer, er war und ist voller Elan. Ohne ihn hätten wir jetzt keine Chance für die untere Marktstraße, dort ein neues Jobcenter zu errichten. Man muss den richtigen Zeitpunkt abpassen – und ein wenig Glück haben.
Nun gut, man benötigt Chancen und Zeit – und natürlich Geld. Mit dem Sparpaket kann Oberhausen nun leichter Eigenmittel für Projekte aufbringen als bisher. Im Vergleich zu den quirligen Jahren eines Oberbürgermeisters Drescher waren die vergangenen fünf Jahre jedoch nicht so schwungvoll, oder?
Hartmut Schmidt: Das war ein anderer Schwung. Aber tatsächlich hatte sich eine gewisse Lethargie hier breit gemacht, weil die hohe Verschuldung eine Vergeblichkeitsfalle war: Da kommt man aus eigener Kraft nicht mehr heraus, dachten viele. Und das legte sich wie ein Schleier über alles. Drescher war ein anderer Typ Oberbürgermeister, ein Manager, nicht so zum Anfassen. Letztendlich war aber für Oberhausen ein entscheidender Knackpunkt, dass das 180-Millionen-Projekt Ovision gescheitert ist, in dessen Folge wir das zentral gelegene Stahlwerksgelände objektiv nicht halten und entwickeln konnten. Das war ein Tiefschlag, von dem wir uns lange Zeit nicht erholt hatten.
Also fehlte doch in Oberhausen der Schwung?
Hartmut Schmidt: Nein, das entspricht nicht der Wirklichkeit. Wenn man mal all das betrachtet, was seit 2004 in Oberhausen realisiert worden ist, ist das eine ganze Menge: Die Bäder- und Sportstättenlandschaft ist modernisiert, das Bert-Brecht-Haus ist eine beeindruckende Bildungsstätte geworden, wir konnten das Theater und das Schloss erhalten, den Kaisergarten erneuern, eine Zooschule bauen und so weiter und so fort.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Oberbürgermeister Klaus Wehling ein Jahr eher seine bis Mitte 2015 laufende Amtszeit beendet und deshalb die Oberhausener im Juni 2014 neben dem Rat auch ein neues Stadtoberhaupt wählen. Wollen Sie Oberbürgermeister dieser Stadt werden?
Hartmut Schmidt: Als erstes halte ich fest: Die Entscheidung, ob er ein Jahr eher aufhört oder nicht, obliegt Klaus Wehling ganz alleine. Er hat dafür bis zum 30. November Zeit. Und als Zweites sage ich: Wenn Sie mich nach dem 30. November fragen, dann gebe ich auf Ihre Frage auch eine Antwort.
Sie beobachten als früherer Oberhausener SPD-Chef den derzeitigen Wahlkampf der Bundes-SPD sicherlich mit Argusaugen. Welche Fehler machen Ihre Partei und Spitzenkandidat Peer Steinbrück?
Hartmut Schmidt: Von vornherein hat die Bundes- SPD den Wahlkampf falsch angelegt: Kandidat und Wahlkampf passen nicht zusammen. Man muss Wahlkampf auch inszenieren, das macht die CDU sehr gut, Frau Merkel zelebriert einen Wohlfühlwahlkampf wie einst Johannes Rau. Das ist sehr erfolgreich. Steinbrück ist nach der Kandidatur von der SPD allein gelassen worden. Es gibt keine Konzeption, wie man ihn aus dem Umfragetief nach den Honorar-Berichten herausholen hätte können. Das ist ein Gusseisen am Fuß von Steinbrück, das man nur schwer loswerden kann. Die SPD kann nur inhaltlich punkten, doch es ist bisher gar nicht herübergekommen, was die SPD denn anders machen möchte im Bund.
Gibt es da ein Beispiel?
Hartmut Schmidt: Nehmen Sie die Rente mit 67. Schaffen wir sie ab oder nicht? Von Brückenschlag ab 65 Jahre ist viel die Rede. Aber wie wollen wir die Folgen der Rentenalterserhöhung abmildern für die, die nicht über 65 Jahre arbeiten können? Bauarbeiter können nicht einfach mit 65 Jahren in der Hitze schuften. Wir müssen den Menschen in solchen Berufen ab 60 Jahren eine Perspektive bieten. Die gibt es nicht. Mir fehlt hier Glaubwürdigkeit und Klartext meiner Bundespartei im Wahlkampf. In Oberhausen sind wir aber agil und glaubwürdig – und haben das richtige Personal.
Wieso hat ein Wohlfühlwahlkampf wie der von Merkel überhaupt Erfolg? Deutschland hat ja erhebliche Probleme: Hohe Langzeitarbeitslosigkeit, mäßige Lernergebnisse in den Schulen, die teure Euro-Krise.
Hartmut Schmidt: Deutschland ist doch bisher der Gewinnler der Euro-Krise – allein durch die nun niedrigen Kreditzinsen. Und die Arbeitslosigkeit ist stark gesunken – 2005 waren allein in NRW über eine Million Menschen arbeitslos, jetzt sind es 750.000. Zwei Drittel aller Menschen in Deutschland geht es doch wirtschaftlich gut, sie wollen von der Politik einfach in Ruhe gelassen werden. Doch der Wettkampf ist nicht entschieden: Rot-Grün schafft es wohl nicht allein, aber Linke und Piraten kommen, so glaube ich, rein – dann hat auch Schwarz-Gelb keine Mehrheit.