Oberhausen. . Folge 8: Starke Persönlichkeiten sorgten für SPD-Zuspruch. Luise Albertz, Willi Meinicke, Hugo Baum. Der Vorteil der lokalen Politiker-Größen: Sie konnten finanziell aus dem Vollen schöpfen.

Oberhausen lag wohl nicht nur aufgrund der sozial- und wirtschaftsstrukturellen Eckdaten mit an der Spitze der SPD-Wahlergebnisse, sondern auch, weil die Partei Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten hervorbrachte.

Besonders zwei Politiker prägten die SPD Oberhausen: Willi Meinicke als Fraktionsvorsitzender im Rat (1947 bis 1978) und Luise Albertz, die ebenfalls Jahrzehnte amtierende Oberbürgermeisterin (1948, 1956 bis 1979). Sie waren persönlich integer und sorgten mit hohem Zeiteinsatz dafür, dass die Oberhausener SPD Glaubwürdigkeit und Bürgernähe verkörperte. Die Resolutheit von Luise Albertz im Einsatz für die Interessen der Stadt und vieler Menschen – auch als Vorsitzende des Petitionsausschusses im Deutschen Bundestag – brachte ihr den ehrenvollen Beinamen „Mutter der Bedrängten“ ein.

Die Zeit ausreichender Einnahmen

In jener Zeit des Wachstums von Stadt und Wirtschaft waren kommunale Einnahmen ausreichend vorhanden, um viele wichtige Zukunftsaufgaben zu bewältigen. Ersten Rang nahm die Behebung der Wohnungsnot durch viele Neubauten ein. Zuerst die vielen Flüchtlinge aus Ostdeutschland, dann auch bislang ausgegrenzte Menschen, wie obdachlose Familien, erhielten lebenswürdige Unterkünfte.

Die Oberhausener SPD bot schon zu dieser Zeit – vor 1968 - nicht allein Arbeitern, sondern auch vielen Intellektuellen eine politische Heimat. Zu deren prominenten Vertretern zählte Hilmar Hoffmann. „Kultur für alle“ war seine Losung beim Aufbau der Volkshochschule, dann der Oberhausener Internationalen Kurzfilmtage.

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Mit praxisnaher Politik sorgte die SPD-Mehrheit im Stadtrat dafür, dass sich die Infrastruktur für Bürger stetig verbesserte: Der flächendeckende Aufbau einer Sportinfrastruktur aus Plätzen, Hallen und Bädern, einer Bildungsinfrastruktur mit vielen neuen Volksschulen, der Bau neuer Berufsschulen, Gymnasien und Gesamtschulen. Bessere Bildung, das Angebot zum Aufstieg durch höhere Schulbildung war in den 1960er Jahren eines der vorherrschenden Themen in der fortschrittlichen Arbeiterstadt.

Strukturelle Mehrheitsfähigkeit

Hugo Baum, Sozialdezernent von 1979 bis 1989 war von seiner erneuten Wahl in den Rat der Stadt 1969 an der prominenteste ehemalige Kommunalpolitiker des Zentrums, der eine neue politische Heimat in der SPD fand. Der Lebensweg des 1925 in Oberhausen geborenen und 2013 in seiner Heimatstadt verstorbenen Katholiken mit jüdischen Wurzeln beleuchtet eine letzte entscheidende Erfolgsbedingung für die strukturelle Mehrheitsfähigkeit der SPD, warum der einmalige Aufstieg von der 15-Prozent-Partei zur mehr als 50-Prozent-Partei gelang.

Neben der Öffnung der SPD durch das Godesberger Programm von 1959 ging man in der Kommunalpolitik offen, vorbehaltlos auf stark in der christlichen Soziallehre wie in der Gewerkschaftsbewegung verwurzelte Persönlichkeiten aus der Zentrumspartei zu. Damit gewann die SPD ihr bisher verschlossene Wählergruppen: Die katholische Arbeiterschaft und nicht minder das progressive Klein- wie Bildungsbürgertum beider Konfessionen.