Oberhausen. .

Wie teuer kommt die von Rot-Grün angestrebte Umwandlung der städtischen Nahverkehrstochter Stoag von einer Aktiengesellschaft in eine schnöde GmbH?

Sind es nur 14.000 Euro, wie in der entscheidenden Vorlage an den Rat aufgeführt? Oder hat der Stoag-Betriebsrat Recht, der von „Kosten in Millionenhöhe“ schreibt? Allein der Rechtsakt würde 200.000 Euro kosten, hinzu kämen immense Umstellungskosten: Alle Haltestellen müssten neu beschriftet werden, alle Tickets, Fahrzeuge, Briefköpfe und Dienstkleidungen, meint der Betriebsrat.

Nur kurzer Frieden zwischen SPD und Stoag-Betriebsräten

Der Frieden zwischen der SPD und der Stoag-Arbeitnehmerschaft nach dem heftigen Streit im April währte jedenfalls nicht lange: Nur um eine Ratssitzung, vom 7. Mai bis 25. Juni, wurde die Entscheidung über die Stoag-Zukunft verschoben - und das auch nur, weil sich die Gewerkschafter von ihren Freunden in der SPD überfahren fühlten und die SPD einlenkte. In einem Kompromiss zwischen Rot-Grün und den Stoag-Betriebsräten sollte den Gewerkschaftern die Chance gegeben werden, per Rechtsgutachten ihre Sorgen über eine Umwandlung der Rechtsform zu reduzieren.

Doch der rechtliche Rat der Fachleute hat den Stoag-Betriebsrat nun erst recht bewogen, gegen die Aufkündigung der AG heftig zu protestieren. In einem offenen Brief erheben sie schwere Anschuldigungen - und sehen in einer städtischen GmbH nur Nachteile.

Die Sozialdemokraten hatten mehrfach betont, sie hielten die Rechtsformänderung für notwendig, um den Einfluss des Rates auf die 100-Prozent-Stadttochter, die zudem noch wichtige wertvolle Beteiligungen an der EVO und an der WBO hält, künftig so richtig möglich zu machen.

Rat hat mehr kontrolle über GmbH

Denn in einer AG kann der Vorstand, derzeit besetzt mit Werner Overkamp und - im Nebenjob Planungsdezernent Peter Klunk, sehr eigenständig bis eigenmächtig, seine Geschäfte erledigen - unabhängig vom Stadtrat.

Ein Aufsichtsrat wiederum ist bei einer AG nicht nur gesetzlich verpflichtend, sondern die Besetzung der Arbeitnehmer-Seite wird von den Stoag-Beschäftigten selbst gewählt. Und dieser Aufsichtsrat darf sogar bestimmen, wer den Vorstandsposten inne haben soll.

In einer GmbH ist da vieles anders: Die Posten in der Geschäftsführung und im Aufsichtsrat werden vom Rat festgelegt. Zudem argumentiert die SPD mit dem EU-Recht: Ab 2019 wäre die interne Vergabe von Buslinien an die Stoag schwierig bis unmöglich, wenn diese eine AG bleiben würde. Sie müssten europaweit für alle Anbieter ausgeschrieben werden - mit unbekanntem Ausgang.

Stoag-Betriebsratsvorsitzender Michael Stemmer schreibt dagegen in einem offenen Brief: „Die bisher vorgetragenen Argumente für die Umwandlung stellten sich als gegenstandslos heraus.“

Stoag-Betriebsratsvorsitzender Michael Stemmer kritisiert mit dem offenen Brief des Betriebsrates folgende Kritikpunkte an der Stoag-Rechtsumwandlung:

Zeitdruck: Ende des Jahres soll ohnehin ein Gutachten über die Struktur des „Konzerns Stadt“ mit allen Töchtern fertig werden. Zumindest diese Empfehlungen sollte man doch abwarten, es gebe keine Grund für die Hektik, meint der Betriebsrat.

Direktvergabe von Buslinien: Der Verzicht auf eine EU-weite Ausschreibung von Oberhausener Buslinien sei nach Rechtsgutachtern nicht abhängig von der Rechtsform eines Unternehmens, sondern bedingen den Zugriff der Kommune „wie auf eine eigene Dienststelle“. Dann sei eine Inhouse- oder Direktvergabe von Linien an die Stoag möglich. Dies sei sowohl mit einer AG als auch mit einer GmbH machbar, heißt es.

Einfluss der Stadt: Dieser sei auf die Stoag schon heute hoch. „Oberbürgermeister Wehling kann als Aufsichtsratsvorsitzender jede Entscheidung des Aufsichtsrates hautnah miterleben. Zudem ist Peter Klunk, als technischer Vorstand der Stoag und Mitglied des Verwaltungsvorstandes, ebenso in der Lage, den Mehrheitseigner, die Stadt Oberhausen über betrieblich relevante Angelegenheiten zu informieren.“ Zudem könne ein nicht genehmer Beschluss des Aufsichtsrates vom Rat in einer Frist von 6 Wochen für nichtig erklärt werden.

Kreditwürdigkeit: „Eine Aktiengesellschaft ist aufgrund ihrer gesetzlichen Vorgaben kreditwürdiger als eine GmbH, oder sogar die Stadt Oberhausen selbst.“

Haftung: Der Betriebsrat kritisiert, dass die Haftung für mögliche negative Folgen der Umwandlung der Vorstand und der Aufsichtsrat tragen soll. „Die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke Oberhausen haften für einen durch den Formwechsel erlittenen Schaden“, heißt es in der notariellen Urkunde.

Kosten: Statt auf 14.000 Euro schätzt der Betriebsrat die Kostenlast auf über eine Million Euro geschätzt - durch Notar- und Folgekosten wie etwa die Umbenennung sämtlicher Briefköpfe und Haltestellenschilder.

Rücklagen-Plünderung: Der Betriebsrat befürchtet sogar, dass das Hauptziel der Umwandlung die Plünderung des Sparstrumpfes der Stoag ist, die gesetzlich für eine AG verpflichtende Rücklagen gebildet hat. „Es bleibt darauf hinzuweisen, dass die Stoag kein Unternehmen ist, das Gewinn erwirtschaftet. Jede Form der Reduzierung des finanziellen Fundamentes ist ein einmaliger, irreversibler Vorgang oder der Tod auf Raten.“

Aufsichtsratsposten: „Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der GmbH sollen nun nicht mehr von der Belegschaft gewählt werden, nur noch von ihr vorgeschlagen werden. Das letztendliche Auswahlrecht will sich der Rat der Stadt vorbehalten. Zudem sollen selbst die Arbeitnehmervertreter an Weisungen des Rates gebunden sein. Sollte dies einmal nicht zutreffen, behält man sich das Recht vor, diesen das Mandat zu entziehen. Was wären die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer GmbH dann anderes als Büttel des Rates?“, heißt es im offenen Brief des Betriebsrates.