Oberhausen. .
„Weniger Busse, Bäder und Büchereien“ titelten wir Mitte Mai und berichteten unter dieser Schlagzeile, welche Sparvorschläge die Stadtspitze erarbeitet hatte. Eine Liste von 213 Vorschlägen wurde den Bürger präsentiert, Ziel des Ganzen: die Konsolidierung des städtischen Haushalts.
Bis 2022 sollen so 407 Millionen Euro eingespart werden. Viel ist in den letzten Wochen diskutiert worden, vieles theoretisch erwogen worden, die Fraktionen haben sich geäußert, am 25. Juni entscheidet der Rat. Wir haben uns einmal vorgestellt, wie ein fiktiver Tag aussähe, wenn die Sparvorschläge so umgesetzt würden, wie ursprünglich vorgestellt.
Ein fiktiver Ausflug in die Stadt
Was für ein Tag im August 2013. Sonne überall und diese laue Sommerluft. Was für ein Glück, dass ich heute frei habe. Ein kleiner Ausflug in die Stadt, das wäre doch mal was.
Warum an einem so schönen Tag das Auto nehmen, wo doch der Bus an der Haltestelle in Sterkrade alle 20 Minuten hält. Also mal eben zur Haltestelle gelaufen. Aber was ist das? Ist wohl noch ein bisschen früh. Um diese Zeit kommt der Bus nur jede Stunde. Oh, denke ich, natürlich, das Sparpaket. 3,5 Mio Euro musste die Stoag aus ihrem Busnetz herausquetschen – auch durch die Verringerung der Taktzeiten.
Gut, wieder nach Hause laufen. Doch das Auto nehmen. Ist ja schon ganz schön heiß. Also ein Ausflug ins Freibad des Revierparks. Mal eben da hingefahren. Aber was ist das? Die Bäder gibt es nicht mehr. Nur noch die Saunalandschaft ist geblieben. Doch schwitzen tue ich ja schon genug. Und wieder dämmert es mir: Sparpaket. Die Stadt hat ihre Anteile am Revierpark verkauft. Einsparung: 300.000 Euro jährlich. Weil nur die Sauna Gewinn macht, wurden die Bäder wohl geschlossen. Ein Schlag ins Wasser.
Vor verschlossener Tür
Ja, dann könnte man bei dieser Freizeit-Odyssee vielleicht eben diesen neuen Krimi in der Stadtteilbücherei in Osterfeld ausleihen und anschließend damit durch den Kaisergarten spazieren, auf einer Bank ein bisschen lesen. Also zur Bücherei gefahren. Dort vor einer verschlossenen Tür gelandet. Tja, es ist noch mehr drin im Sparpaket. Schließung der Stadtteilbüchereien: Einsparung von 1 Mio Euro jährlich. Eine Passantin, die mich vor der verschlossenen Tür sieht, meint spitz: „In der Stadtbibliothek in Stadtmitte kostet die Ausleihe jetzt auch mehr. 16, statt 12 Euro und 2015 wird es mit 20 Euro noch teurer.“
Gebühren fürs Parken
Da muss ich wohl ohne Buch in den Kaisergarten. Aber was ist das? Auf dem Parkplatz gibt es jetzt Parkscheinautomaten. Also kratze ich mein ganzes Kleingeld zusammen für den Parkschein, der irgendwie auch noch ziemlich teuer ist. Eine kleine Wolke zieht am Himmel auf. Sieht sie nicht aus wie ein Sparpaket. Klar, hatten nicht sogar Bürger Parkgebühren am Kaisergarten angeregt - statt Eintritt. Und sollten nicht die Parkgebühren eh teurer werden.
Ich sehe zum Himmel. Da sind jetzt schon ein paar Wölkchen mehr. Als Hans-guck-in-Luft lebt man gefährlich. Rums stoße ich vor ein Drehkreuz, das mir den Eingang zum Tiergehege verwehrt. Zwei Euro Eintritt soll ich in einen Automaten werfen, aber mein Kleingeld ging ja schon für die Parkscheine drauf. Aber klar, Parkgebühren plus Eintritt, da kann die Stadt noch mehr sparen.
Also wandle ich durch die Grünanlagen und werde Zeuge eines Dramas. Da haben sich zwei Rentner an die Köppe gekriegt. Mit Harken bewährt stehen sie sich gegenüber. „Das ist meine Grünfläche, wag es ja nicht hier zu harken“, schimpft der eine. „Du blöder Territorialist“, faucht der andere zurück. Und ich denke, klar ein Sparpaket-Zwist. Rentner sollten ja die öffentlichen Grünflächen pflegen. Ich gehe mal schnell weiter.
Volle Hundesteuer für Arbeitslose
Plötzlich schiebt sich eine dunkle Wolke vor die Sonne. Auf einer Bank sitzt eine bitterlich weinende Seniorin. Was sie denn habe? „Hier bin ich immer mit meinem Pudel spazieren gegangen“, schluchzt sie. Aber mit ihrem Hartz IV konnte sie die volle Hundesteuer nicht mehr zahlen. Ihr Hund musste ins Tierheim Mülheim. Klar denke ich, dadurch dass jetzt alle die gleiche Hundesteuer zahlen, konnte die Stadt 0,5 Stellen mit einschnüren. Aber wenn jetzt alle Hartz IV-Empfänger ihre Hunde abgeben? Ob es dann bei der Zuschuss-Summe von rund 160.000 Euro bleibt, die die Stadt dem Tierheim jährlich zahlt?
Dabei fällt mir auch die Mutter ein, die sich kürzlich im Gespräch empörte, dass sie jetzt noch mehr für die Verpflegung im Kindergarten zahlen muss.
Maulen wegen Olgas Rock
Ich fahr dann mal wieder nach Hause. Vor dem Haus treffe ich die Franziska, die Tochter unserer Freunde und Nachbarn. Sie mault: „Olgas Rock kostet jetzt Eintritt.“ Oh je, denke ich: Sparpaket. Und als dann noch mein Handy klingelt und ein Freund nach dem nächsten Sinfoniekonzert fragt, klingelt es auch in meinen Ohren: Sparpaket, Sparpaket, es gibt nicht mehr so viele Konzerte. Götterdämmerung für diesen Tag. Aber keine Sorge, das Sparpaket enthält 213 Posten. Und die schlimmsten Grausamkeiten wie die Schließung von Hallenbädern oder Stadtteilbüchereien haben die Politiker ja bereits zurückgenommen.