Oberhausen. Am Montag beginnt die Wahl zum ersten Jugendparlament. Schüler fordern mehr Freizeitangebote und Sportplätze, vor allem aber: Gehör. „Wir nehmen das ernst“
„Als Schüler wird man in dieser Stadt nicht wahr, geschweige denn ernst genommen.“ In der Aula des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums donnert der Applaus. Der 17-jährige Marco Kruppa steht auf der Bühne, schon zum dritten Mal an diesem Morgen, und wirbt um die Stimmen seiner Mitschüler. Er ist einer von elf Kandidaten des Gymnasiums, die ins erste Oberhausener Jugendparlament gewählt werden wollen. Denn dieses, sagt er, „ist die erste wirkliche Chance auf Mitbestimmung für uns“.
In der kommenden Woche finden nach über zweijähriger, teils heftiger Diskussion die Wahlen zum Jugendparlament statt. Allerdings in abgespeckter Form: Es wird keine Wahlbüros im Stadtgebiet geben, vielmehr vergeben die Jugendlichen ihre Stimmen in den Schulen selbst. Zwei Delegierte kann jede der weiterführenden Schulen in Oberhausen ins Gremium entsenden, zur Wahl berechtigt sind Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren.
"Genau diese Art der Mitbestimmung hat mir oft gefehlt"
Doch wollen sie überhaupt wählen? Lisa-Nadine Biegiesch (16) sitzt mit ihren Mitschülern, Felix Brendicke (16) und Barbara Medac (16), im Publikum. Während der Kunst- und Musikstunden haben sie für die knapp 30-minütige Wahlkampfrunde frei bekommen, die Anwesenheit ist in separaten Podiumsrunden auch für die Jahrgangsstufen sieben, acht und neun verpflichtend.
Lisa-Nadine sagt: „Ich finde es gut und richtig für unsere Stadt, dass es ein Jugendparlament geben wird.“ Selbst hätte sie ein solches Gremium wohl nicht vermisst oder eingefordert, gibt sie zu, doch, ergänzt Felix Brendicke: „Jetzt, da die Wahl wirklich ansteht, wird die Sache hier auch ernst genommen. Genau diese Art der Mitbestimmung hat mir oft gefehlt.“
Als Beispiel nennt er die Verlängerung der Schulstunden am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium von 45 auf 67 Minuten, eine Entscheidung, zu der er deutlicher gehört werden wollte. „Nach der vierten Stunde haben wir eine ganze Stunde Mittagspause“, berichtet er weiter. „Da hat man mich nicht gefragt, ob ich das will.“
Lieber nichts versprechen, als später nichts halten zu können
Schulpolitik ist auf der Kandidaten-Bühne ein wichtiges Thema. Die Forderungen der Jugendlichen lassen bei aller vom Publikum auch belächelten Kleinteiligkeit aber noch auf ganz andere Mängel in dieser Stadt schließen: Mehr Angebote wie das Musikfestival Olgas-Rock, mehr Treffpunkte für jüngere Jugendliche, eine Verbesserung des ÖPNV für den Schulverkehr sind gewünscht. Der Schließung zahlreicher Sportplätze in dieser Stadt stellen die Jugendlichen die Forderung nach mehr Bolzplätzen, der Kürzung von Jugendangeboten die nach mehr AGs an den Schulen entgegen. Auch die Liste mit Sparvorschlägen, die die Verwaltung am Dienstag veröffentlichte, sorgt für Stoff: „Zwei Schwimmbäder könnten geschlossen werden, das geht doch nicht“, sagt Kandidat Adrian Dobnik.
Ihre Wahlplakate haben die Kandidaten gemalt, auf den bunten Pappen kleben Fotos, darunter mal ernst gemeinte Listen mit Forderungen, mal der ironisierende Ton eines Jugendlichen, der erst den Truppenabzug aus Afghanistan fordert, darunter deutlich macht: Lieber nichts versprechen, als später nichts halten zu können.
Keine Diskussion
Diskutiert wird auf der Bühne nicht, nach den Statements der Kandidaten geht es zurück in den Unterricht. „Besser wäre, wir könnten jetzt direkt wählen, wenn man noch die Ideen der einzelnen Kandidaten im Kopf hat“, sagt Felix Brendicke. Einige dieser Vorschläge seien unrealistisch, meint Lisa-Nadine Biegisch. „Da waren aber auch einige gute bei, etwa das nach einem weiteren Festival wie Olgas Rock.“ Sie wisse auch schon, wen sie ab Montag wählen wird. „Wohl eher einen der älteren, die haben mich eher überzeugt.“