Oberhausen. . Finger weg, sagen Kulturlenker, wenn sich in Zeiten knapper Kassen der Blick auf den städtischen Kunstbesitz richtet
Als es im Krefelder Stadtmuseum durchs Dach regnete, verfiel man dort auf eine vermeintlich pragmatische Idee. Ein Gemälde von Claude Monet – geschätzter Wert: 20 Millionen Euro – sollte verkauft und mit dem Erlös die Sanierung des Ausstellungshauses finanziert werden. Nach langer Debatte verabschiedete man sich von dem Vorhaben. Allerdings ist Krefeld nicht die einzige Stadt, in der man schon damit liebäugelte, über den Verkauf von künstlerischen Kostbarkeiten Haushaltslöcher zu stopfen. Eine Milchmädchenrechnung, findet man in Oberhausen. So arm die Stadt dran sein mag: Der Kunstbesitz gilt als tabu.
„Durch ein neues Dach regnet es in zehn Jahren wieder rein, einen Monet hat die Stadt noch in 500 Jahren“, sagt Christine Vogt, Leiterin der Ludwig Galerie im Schloss Oberhausen, die eindringlich vor kurzsichtigen Verkäufen warnt, und das gleich aus mehreren Gründen – wovon der nicht-materielle Wert der städtischen Kunst vielleicht sogar der wichtigste ist. „Hier haben Menschen investiert, die Kunst und Kultur nach Oberhausen bringen wollten. Sie hinterlassen einen ideellen Schatz, ein Stück Verortung. Der Kunstbesitz spiegelt auch die Geschichte der Stadt.“
Echte Schätze und kuriose Schätzchen
Ideeller Wert hin oder her, was brächten die Werke denn – mal rein hypothetisch gefragt – in barer Münze? „Jedenfalls nichts, womit sich der städtische Haushalt annähernd sanieren ließe“, schickt Vogt vorweg. „Es wäre der berühmte Tropfen auf den heißen Stein – wenn er denn bis dorthin käme.“ Auf gut zwei Millionen Euro taxieren Fachleute den Gesamtwert des hiesigen Kunstbesitzes. Er umfasst im Wesentlichen die Sammlungen Kasimir Hagens und Rolf Jägers, letztere ist geprägt von Grafiken Otto Pankoks. Hinzu kommen die Werke der „Artothek“, die die Stadt verleiht.
Vor zwei Jahren zeigte die Ludwig Galerie im Rahmen einer Ausstellung erstmals seit langer Zeit wieder eine Auswahl. Die Schau „Die Sammlung O“ wartete mit manchem Schatz auf – Werke von Pablo Picasso, Gerhard Richter und Miró waren zu sehen – zugleich bot sie aber auch viele kuriose Schätzchen. Hier liegt ein weiteres Argument gegen Verkäufe begründet. „Für viele Dinge in den Depots gäbe es im Moment gar keinen Markt“, sagt Christine Vogt. „Sie sind eher von historischem Wert, gewissermaßen unverkäuflich.“ Zudem seien Stiftungen und Schenkungen oft mit der Auflage versehen, dass die Werke nicht verkauft werden.
„Tourismusfaktor“
Ein dritter Grund, der auch Pragmatiker überzeugen könnte: Kunst zahlt sich offensichtlich aus. Museumsleiterin Christine Vogt jedenfalls ist überzeugt, dass die steigenden Gäste- und Übernachtungszahlen in Oberhausen nicht zuletzt das Verdienst ihrer und anderer kultureller Einrichtungen sind. „Wenn Sie im Moment überregional etwas Positives über Oberhausen lesen, dann geht es um Kunst und Kultur. Das sind Faktoren, die Menschen in eine Stadt hereinholen.“
Das würde Kämmerer Apostolos Tsalastras – zugleich Kulturdezernent – wohl durchaus unterschreiben. Von seiner Seite muss die Ludwig Galerie, auch unter dem zuletzt noch einmal deutlich gestiegenen Spardruck, jedenfalls keinerlei Begehrlichkeiten fürchten. Das habe schon einen rein praktischen Grund, so Tsalastras, denn das „Neue Kommunale Finanzmanagement“ (NKF), nach dem die Städte heute ihren Haushalt steuern, brächte es mit sich, dass man beim Verkauf eines Bildes nicht nur den Erlös auf der Haben-Seite verbuchen könnte, sondern den Wert des veräußerten Kunstwerks zugleich aus der Bilanz herausbuchen müsste. Letztlich also ein Nullsummenspiel. Helfen könne nur, was den Haushalt strukturell verbessert.
In Krefeld hatte die Debatte um das wertvolle Monet-Gemälde übrigens auch ihr Gutes: Plötzlich wollten alle das Bild sehen. Zumindest die Museumskasse klingelte.