Oberhausen.

Die Situation von Oberhausen, der verschuldetsten Kommune Deutschlands, spielt in der jüngsten Zeit bundesweit in den Medien eine große Rolle. In der im ganzen Land erscheinenden Fachzeitschrift „AKP“ für grüne Kommunalpolitiker rechnet nun Oberhausens Grünen-Fraktionschef Volker Wilke mit der Lage in seiner Heimatstadt ab - und fordert einen Schuldenschnitt.

Seine These zum 25-jährigen Jubiläum des Dauersparens (Haushaltssicherung) in Oberhausen: „Ohne einen teilweisen Erlass der Schulden wird sich die Stadt aus dem bestehenden Schuldendilemma definitiv nicht befreien.“

Folgen eines kreditfinanzierten Strukturwandels

Dabei sind nach Ansicht Wilkes nicht allein der weitgehende Wegfall der Schwerindustrie mit 40.000 Arbeitsplätzen, die verbliebene schwache Wirtschaftsstruktur mit geringen Steuereinnahmen und hohe Sozialausgaben verantwortlich für die Rekordschulden dieser Stadt. „Warum ist die bundesweit als Armenhaus anerkannte Stadt Gelsenkirchen bei weitem nicht so verschuldet wie Oberhausen“, fragt Wilke rhetorisch. Seine Antwort: „Das, was die Oberhausener jetzt zunehmend spüren, sind die Folgen eines kreditfinanzierten Strukturwandels.“

Bei allen Infrastrukturmaßnahmen für das Einkaufszentrum Centro sei die Stadt kreditfinanziert mit einem erheblichen Eigenanteil beteiligt gewesen. Als Flop hätten sich teure Projekte wie der Medienpark Osterfeld (HDO), das Musiktheater Tabaluga, die Projektentwicklungskosten für das Gesundheitszentrum Ovision sowie die gläserne Flugzeugfabrik von Flugzeugbauer Walter Extra und das Mega-Aquarium erwiesen.

Hauptschuld liege bei Bund und Land

All diese Projekte seien außerhalb des Rates mit Hilfe städtischer Beteiligungsgesellschaften finanziert worden. „Das ging solange gut, bis die auf die Knochen abgesägten Töchter in ihrem desolaten Finanzzustand über Bürgschaften oder Verschmelzungen der Mutter Stadt wieder näher gebracht werden mussten.“

Trotz dieser teuer bezahlten Versuche, den Strukturwandel schneller zu bewältigen, liegt nach Auffassung des 51-jährigen Grünen-Politikers die Hauptschuld für das Finanzdilemma der Städte bei Bund und Land. „Die Finanztanker Bund und Land flaggen gern den Totenkopf und bedienen sich wie Piraten aus den Schatzkisten der Kommunen, um ihre eigenen Haushaltslagen zu verbessern. So werden neue Aufgaben nur unzureichend finanziert oder Zuwendungen gekürzt.“

Als Beispiele nennt Wilke die Betreuung der unter Dreijährigen in Kindergärten, die Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger, die Lernmittelfreiheit oder auch die Schülerfahrtkosten. Zudem sei es „ein Skandal, dass mit über 200 Millionen Euro ein Fünftel der Oberhausener Haushaltsverschuldung aus der kreditfinanzierten Zahlung in den Strukturhilfefonds zur deutschen Einheit stammt“.