Oberhausen. 2023 ist in Oberhausen viel passiert, das die Menschen zum Kopfschütteln, Schimpfen und Verzweifeln veranlasst hat. Die „Aufreger“ des Jahres.
Müll, der einfach auf Gehwegen und in der Natur entsorgt wird, oder Projekte, die immer wieder ins Stocken geraten – das sind Themen, die die Menschen in Oberhausen Jahr für Jahr verzweifeln lassen und wütend machen. Auch 2023 brachten Stillstand und leere Versprechungen die Gemüter in Wallungen. Es gab aber auch kuriose Geschichten, über die unsere Leserinnen und Leser kontrovers diskutiert haben. Wir blicken zurück auf die „Aufreger-Themen“ des vergangenen Jahres.
Hin und Her um Decathlon-Ansiedlung geht in die nächste Runde
Zu Beginn des Jahres wurde in Oberhausen und seinen Nachbarstädten ein Thema diskutiert, um das es schon seit Jahren Streit gibt: Der Sportartikel-Händler Decathlon möchte gegenüber dem Centro Oberhausen bauen. In angrenzenden Städten wie Bottrop regt sich dagegen Protest. Sie sorgen sich um den Einzelhandel in ihren Innenstädten – und haben geklagt. 2022 verbuchten sie einen ersten Erfolg: Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf machte einen Bauvorbescheid zunichte, den Oberhausen dem Unternehmen Decathlon erteilt hatte.
2023 ging der Rechtsstreit dann in eine neue Runde. Und das Oberverwaltungsgericht in Münster entschied: Decathlon darf eine Filiale gegenüber dem Centro Oberhausen eröffnen. Die Klage Bottrops sei unbegründet. Nach der Auswertung aller Unterlagen kommt das OVG zu dem Ergebnis, „dass im Fall der Ansiedlung des geplanten Decathlon-Sportfachmarkts schädliche Auswirkungen zu Lasten der Bottroper Innenstadt und des Bottroper Nebenzentrums Boy nicht zu erwarten sind.“
Doch die Stadt Bottrop gab sich damit nicht zufrieden und wandte sich an das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Ob der Streit um die Ansiedlung Decathlons in Oberhausen also endgültig entschieden ist, wird sich zeigen.
Noch immer kein Fortschritt beim ehemaligen Finke-Möbelhaus in Sterkrade
Das ehemalige Finke-Möbelhaus in Sterkrade ist ein weiteres Ärgernis, das die Menschen im Stadtteil und viele Kommunalpolitiker aus dem Stadtnorden im Jahr 2023 erneut begleitet hat. Viele sehen das Gebäude als Schandfleck. Seit 2015 ist das bayerische Unternehmen Segmüller Besitzer der leerstehenden und zunehmend vergammelnden Riesen-Immobilie am Neumarkt. Dass dort seit Jahren Stillstand herrscht, dafür machte Segmüller im Januar auch die Stadt Oberhausen verantwortlich. Dadurch, dass die Möbelhaus-Kette XXXLutz in einen Neubau am Brammenring in der Nähe des Centros ziehen dürfe, werde der Standort in Sterkrade abgewertet. „Verglichen mit der Lage direkt am Centro, ist damit die Innenstadtlage in Sterkrade am Neumarkt als Möbelstandort eine C-Lage geworden und nicht mehr attraktiv“, erklärte ein Unternehmenssprecher.
Im März entschied sich Segmüller nach Gesprächen mit der Oberhausener Politik dann dazu, dass das marode Gebäude abgerissen werden soll. Stattdessen sollten Wohnungen entstehen, möglicherweise ein Arztpraxen-Zentrum, eine Kita sowie einen ambulanten Pflegedienst für betreutes Wohnen, hieß es im Frühjahr. Im August ruderte das Unternehmen dann wieder zurück: Die vorgesehene Wohnbau-Entwicklung des Standortes sei vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage doch nicht möglich. Der neue Plan lautete im November, im Erdgeschoss die Möbelmarke Multipolster und anderen Einzelhandel unterzubringen. Die Fassade wolle Segmüller renovieren, gegebenenfalls die Tiefgarage instandsetzen. Ob 2024 endlich Bewegung in die Sache kommt?
Oberhausener Firmenchef wird Plätze in Betriebskita nicht los
Wenn eine Kita noch freie Plätze hat, ist das für Eltern in Oberhausen eine ausgesprochen erfreuliche Nachricht. Denn Betreuungsplätze sind rar. Umso erstaunlicher ist die Geschichte von Nils Gehring. Der 38-Jährige leitet ein Unternehmen am Max-Planck-Ring und ist selbst Vater von Zwillingen. „Wenn die Betreuung nicht funktioniert, kann das zu einer echten Zerreißprobe für die gesamte Familie werden“, weiß der Mülheimer. Darum gibt es in seiner Firma eine Betriebskita, in die Nils Gehring viel Geld, Mühe und Herzblut investiert hat. Das Kuriose: Er wird die Plätze nicht los. Noch 30 Kinder könnten hier im Giraffenland betreut werden, während ihre Eltern arbeiten. Allerdings müssen diese sich erst an ihren jeweiligen Arbeitgeber wenden, der die Plätze für seine Angestellten buchen und die Gebühren dafür über die Betriebskosten abrechnen kann. Das scheint eine zu große Hürde zu sein.
Auf unseren Artikel gab es viele Reaktionen. Auch die Stadt Oberhausen schaltete sich ein und erklärte, gemeinsam mit Nils Gehring und dem zuständigen Landschaftsverband eine Lösung finden zu wollen. Familiendezernent Jürgen Schmidt fand lobende Worte für Oberhausens erste Betriebskita: „Das ist ein sehr spannendes Modell.“
Ein und derselbe Mann zeigt 96-mal Falschparker an
Auch diese Geschichte ist kurios: Ein und derselbe Mann hat in Oberhausen 96-mal Falschparker angezeigt. Anwohnerinnen und Anwohner im Bereich der Herzogstraße im Oberhausener Norden haben den Unbekannten, ausgestattet mit einer Kamera, durch die Siedlung streifen sehen. Einen Reim konnten sie sich daraus erst machen, als der Briefträger alle paar Tage unliebsame Post überbrachte. Eine 47-jährige Anwohnerin musste elf Bußgelder begleichen, alle betreffen dasselbe Delikt und kosten je 55 Euro. Einen anderen Anwohner hat es genauso getroffen. „Ich habe einen Anwalt kontaktiert. Aber er sagte, da kann man nichts machen“, berichtete der Mann.
Die Stadt Oberhausen bestätigte die Meldewut des Mannes: 96 Verfahren seien seit dem 1. September eingeleitet worden – immer nach der Meldung derselben Person, die sich stets per Mail an die Stadt wandte. Die Nachbarn waren einsichtig. Wegen fehlender Parkplätze würden die Autos oft so auf dem Gehweg stehen, dass ältere Menschen und Familien mit Kinderwagen schlecht durchkämen. Alle sagten, dass sie das Bußgeld zurecht bekommen hätten. Nur die Art und Weise störte sie.
Bei der Redaktion meldete sich außerdem ein unbekannter Mann, der angab „hin und wieder“ Falschparker zu melden. Er fand, das Handeln desjenigen, der 96 Mails an die Stadt geschrieben hat. sei völlig legal, legitim und diene der Verkehrssicherheit.
Bus- und Bahnfahrende beweisen starke Nerven
Wer in Oberhausen mit Bus und Bahn unterwegs ist, brauchte auch im Jahr 2023 wieder starke Nerven. Im Juli verkündete die Deutsche Bahn, dass das Reisezentrum im Hauptbahnhof Oberhausen zum Ende des Jahres 2023 schließen wird. Als Grund nennt das Unternehmen unter anderem den Trend, dass immer Menschen ihre Fahrkarten online kaufen. Das Reisezentrum hätten daher immer weniger Kundinnen und Kunden genutzt. Bei den Menschen in Oberhausen stieß die Nachricht auf viel Kritik. „Jeglicher Service wird abgeschafft oder minimiert und man wundert sich, dass die Fahrgastzahlen nicht steigen“, schrieb zum Beispiel ein verärgerter Leser unserer Redaktion. „An die älteren Menschen wird kaum noch gedacht“, fand ein anderer.
Im Dezember nahm die Geschichte dann noch einmal eine Wendung: Die vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) engagierte Firma übernimmt die Räume. Transdev verkauft bereits im Hauptbahnhof in einer Buchhandlung Tickets für den VRR. Dieser Schalter wird nach Angaben der Deutschen Bahn „Anfang 2024“ umziehen. Transdev erhält von der Deutschen Bahn dann auch eine Lizenz, um Tickets für den DB-Fernverkehr verkaufen zu können.
Ende des Jahres geriet dann noch die Stoag in die Schlagzeilen. Das Verkehrsunternehmen ächzte unter einer besonders hohen Krankheitswelle, musste sogar eine Buslinie einstellen. Leserinnen und Leser berichteten von ihren Erfahrungen – von stundenlangen Wartezeiten an der Haltestelle, oft auch noch im Dunkeln, davon, dass sie immer wieder zu spät zur Arbeit kommen und von aggressiven Fahrgästen. „Wenn es mal einen Tag gibt, an dem ALLE meine Verbindungen von Bus UND Bahn pünktlich kommen, kann ich das rot im Kalender ankreuzen, so besonders ist das“, schrieb uns zum Beispiel eine Leserin bei Facebook. Die Verantwortlichen bei der Stoag überlegen nun, wie sie den hohen Krankenstand ausgleichen können.