Oberhausen. Täglich flattern bei Anwohnern im Oberhausener Norden Bußgeldbescheide wegen Falschparkens ein. Manche sollen plötzlich 600 Euro zahlen.

Erika Feldhoff wohnt seit 38 Jahren auf der Herzogstraße im Oberhausener Norden. Aber so etwas hat sie noch nicht erlebt. In kürzester Zeit flatterten mehrere Bußgeldbescheide in ihren Briefkasten, weil sie auf ihrer Straße falsch parkte. Sie hörte sich um und erfuhr: Sie ist nicht die einzige. Mehrere Nachbarn berichteten ebenfalls von einer Bußgeld-Flut. Zwei erhielten sogar elf Mal Post: Sie sollen rund 600 Euro zahlen – fürs Falschparken auf ihrer Straße. Wie kann das sein?

Auf der Herzogstraße gibt es ein bekanntes Problem: Parkplatzmangel. Weil die Straße nicht breit genug ist, können nur auf einer Seite Autos parken. Sonst kommt der Bus nicht mehr durch. Allerdings gibt es auch eine nachbarschaftliche Übereinkunft: Wenn die Not groß ist, parken die Anwohner ihre Autos halb auf dem Bürgersteig. Das ist nicht erlaubt und kostet, weil es den Verkehr behindert. In der Regel beschwert sich darüber niemand.

Mann geht mit Kamera in der Straße umher

Darum geht es: Wenn ein Auto verbotenerweise auf dem Bordstein der Herzogstraße parkt, behindert das den Verkehr. Der Bus kommt schlechter durch. Das Auto rechts steht korrekt.
Darum geht es: Wenn ein Auto verbotenerweise auf dem Bordstein der Herzogstraße parkt, behindert das den Verkehr. Der Bus kommt schlechter durch. Das Auto rechts steht korrekt. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Anfang September dieses Jahres änderte sich allerdings etwas. Ein Mann, ausgestattet mit einer Kamera, streifte durch die Siedlung und machte Aufnahmen. Einen Reim konnten sich die Anwohner erst daraus machen, als der Briefträger alle paar Tage unliebsame Post überbrachte. Eine 47-jährige Anwohnerin muss elf Bußgelder begleichen, alle betreffen dasselbe Delikt und kosten je 55 Euro. Einen anderen Anwohner hat es genauso getroffen. „Ich habe einen Anwalt kontaktiert. Aber er sagte, da kann man nichts machen“, berichtet der Mann. >>> Nun doch: Stadt will beliebtes Parkhaus öffnen

Auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt die Stadt die Melde-Wut des Mannes: 96 Verfahren seien seit dem 1. September eingeleitet worden – immer nach der Meldung derselben Person. Der Mann wendete sich jedes Mal per E-Mail an das Amt.

Die Anwohner rätseln über das Motiv des Mannes. Einige hätten ihn dabei beobachtet, aber nicht angesprochen. Es wird getuschelt und spekuliert: Er soll eine Bodycam tragen, man soll ihn lieber nicht ansprechen. Auch in anderen Bezirken würde er nach Fehlverhalten suchen, ausgestattet mit einem Zollstock, um Abstände zu messen. Was die Nachbarn genau sagen können: Er wohnt nicht im Umfeld, der Mann komme immer mit dem Rad.

Anwohnerin sammelt Unterschriften und warnt

Die Bescheide erreichten die Nachbarn zwischen dem 5. und dem 21. September. Als sie aussetzten, munkelten sie, der Mann befinde sich im Urlaub. Allerdings haben sie Sorge, dass bald die nächsten Briefe eintreffen. Denn die Nachbarn wurmt, dass sie nichts wissen. Wenn das Ordnungsamt herumgehe, würde man einen Zettel am Auto finden, wisse Bescheid und verhalte sich anders, sagen die Nachbarn. „Leider war mein erstes Knöllchen zwei Wochen unterwegs“, sagt Erika Feldhoff. In ihrer Ahnungslosigkeit hätte der Mann weitere Meldungen gemacht. Sie sammelt Unterschriften der Betroffenen und möchte öffentlich andere warnen: „Kein Oberhausener Autofahrer ist vor diesem Mann sicher.“

Die Nachbarn sind einsichtig. Alle sagen, dass sie das Bußgeld zurecht bekommen haben. Nur die Art und Weise stört sie. Auch die Mitarbeiterinnen der Stadt seien sehr freundlich am Telefon gewesen. „Aber sie können ja auch nichts machen“. >>> Zoff um Tempo 30: Gericht entscheidet über 550 Meter

Platzproblem auf der Straße bleibt

Auf Nachfrage erklärt die Stadt, dass Privatanzeigen zulässig seien und verfolgt würden. Diese Anzeigen würden umgehend bearbeitet, da eine „zeitnahe Konfrontation des Fahrzeughalters mit dem Tatvorwurf erforderlich“ sei.

Die Anwohner hoffen jetzt, dass der „Kontrolleur“ weiterzieht. Ohnehin würden sie nun alle ordnungsgemäß parken. Ein anderes Problem bleibt: Es fehlt an Platz.