Oberhausen. Ob Energieversorger oder Telefonfirmen: Mit immer neuen Maschen wollen sie Kunden abzocken. Hilfe bietet die Verbraucherzentrale.
Ob Energiekrise, explodierende Preise für Gas und Strom, Abzocke von Telefonanbietern und Inkassofirmen: Rat und Hilfe der Verbraucherzentrale in Oberhausen war im vergangenen Jahr noch stärker gefragt als sonst und auch in den ersten Monaten 2023 zeichnet sich ein ähnliches Bild ab.
Die Zahl der Verbraucher, die sich wegen unterschiedlicher Anliegen an die Beratungsstelle wandten, stieg von rund 5100 auf 5428, deutlich nach oben zeigt die Kurve auch bei den rechtlichen Hilfen. Hier wuchs die Zahl der Fälle von 1200 (2021) auf insgesamt 1581. Aber welche Probleme und Schwierigkeiten verbergen sich hinter einem solchen Zahlenwerk? Das erläuterte das Team um Leiterin Angelika Wösthoff im Gespräch und hat einige Tipps parat.
Familie sollte vierfach so hohen Abschlag bezahlen
Um die Haushalte zu entlasten, hat der Gesetzgeber die Energiepreisbremse eingeführt. Darauf hatte auch die Familie aus Oberhausen gesetzt, ohnehin knapp bei Kasse, der eines Tages ein Brief des Versorgers ins Haus flatterte. Danach sollten sich die Abschlagszahlungen von jetzt auf gleich vervierfachen, die Familie statt 119 Euro künftig 484 Euro zahlen. Durch den Nachweise der eigentlichen Verbrauchsmengen und die Androhung rechtlicher Schritte habe der Anbieter schließlich Abstand von seiner Forderung genommen, erläutert Energieexpertin Petra Gülker.
Lesen Sie auch:
- Energie sparen - Verbraucherzentrale Oberhausen hat Tipps
- Oberhausen: Unseriöse Stromanbieter schüchtern Kunden ein
- Weltverbrauchertag 2023: Dringende Warnung vor Kreditfallen
Auch als im vergangenen Jahr die Gas- und Strompreise explodierten, meldeten sich zahlreiche Kunden bei der Verbraucherzentrale. Oftmals waren Ratsuchenden der Ansicht, so Gülker, dass ihre Verträge angesichts umfassender Preisgarantien solche Steigerungen überhaupt nicht zulassen würden. „Wir bieten in solchen Situationen den Menschen an, mit ihnen die Unterlagen Punkt für Punkt durchzugehen.“ Vielfach bleibe dem Verbraucher aber keine andere Wahl, als den höheren Preis zu zahlen.
Vor Vertragsabschluss Dauer der Preisbindung prüfen
Viele Fragen zu Photovoltaik und Wärmepumpen
Rund ein Drittel aller Anfragen an die Verbraucherzentrale bezog sich auf Themen rund um die Energie. Besonders groß war das Interesse an Photovoltaik und Wärmepumpen.
Aus diesem Grund gehören inzwischen Videoberatungen zu beiden Techniken zum festen Wochenprogramm. Montags um 12 und 18 Uhr stehen Wärmepumpen im Mittelpunkt, mittwochs um 12 und 18 Uhr dreht es sich um Photovoltaik.
Darüber hinaus können die Bürger, betont Energieberaterin Martina Zbick, auch Videosprechstunden vereinbaren, bei denen Experten mit so genannten Solartools durchchecken können, ob sich das Dach eines Hauses für Photovoltaik eignet und bis wann sich die Ausgaben amortisieren.
Kontakt und weitere Informationen: oberhausen@verbraucherzentrale.nrw, 0208/9108601, www.verbraucherzentrale.nrw
Petra Gülker empfiehlt deshalb dringend, sich vor einem Vertragsabschluss genau anzuschauen, wie lange ein Vertrag laufen soll, wie es sich mit der Dauer der Preisbindung verhält und welche Vereinbarungen darüber hinaus noch getroffen werden. Solche Punkte sollte der Verbraucher am besten auch schon berücksichtigen, wenn er auf den Vergleichsportalen nach günstigen Anbietern Ausschau hält. Bei einem Anbieterwechsel stehe allerdings auch die Verbraucherzentrale zur Seite und gehe im Einzelnen die Aspekte durch, auf die es zu achten gelte.
Zu besonderer Vorsicht rät das Team der Beratungsstelle, wenn Menschen Telefon- oder TV-Verträge abschließen wollen. In den Shops mancher Anbieter seien die Mitarbeiter sehr gewieft, verwickeln die Kunden in sehr persönliche Gespräche und unterbreiten verlockende Konditionen. Da seien dann Handygespräche zunächst für ein halbes Jahr kostenlos, danach sollen auch nur 19,99 Euro anfallen. Ein solch verlockend klingendes Angebot wollen sich die Interessenten nicht entgehen lassen. Damit alles schnell und unkompliziert über die Bühne geht, bietet der Verkäufer an, dass der Kunde doch auf dem Tablet unterschreiben soll.
Werbeversprechen fanden sich im Telefonvertrag nicht wieder
Wenn dann nach einem halben Jahr Rechnungen im Postkasten liegen, wonach das Drei- oder Vierfache des zuvor angegebenen Monatspreises anfallen, stellt sich heraus: Der per Tablet unterzeichnete Vertrag enthält ganz andere Bedingungen als der so freundliche Berater genannt hat. „Da kommt man dann auch nicht mehr raus“, sagt Angelika Wösthoff, Leiterin der Verbraucherzentrale in Oberhausen. „Wir versuchen, dass sich Unternehmen zumindest kulant zeigen und die Forderungen zurückschrauben.“ Schwierig werde es meistens, dem Anbieter nachzuweisen, den Kunden bewusst getäuscht zu haben. In der Regel stehe am Ende Aussage gegen Aussage. Daher appelliert die Verbraucherzentrale an die Bürger, sich die Verträge genau durchzulesen, bevor eine Unterschrift erfolgt.
Dreist gehe es zudem bei den Haustürgeschäften zu. Auch in Oberhausen seien Drückerkolonnen unterwegs, die die Leute daheim aufsuchen und ihnen neue oder angeblich veränderte TV- oder Telefonverträge unterjubeln wollen. Häufig heiße es, in dem Wohngebiet werde demnächst Glasfaser verlegt und dadurch würden sich die Vorgaben verändern. Mitunter behaupten die ungebetenen Besucher an der Haustür, sie würden im Auftrag von Vodafone oder der Telekom unterwegs sein. Das wirke auch manche Leute überzeugend und wenn die sich dann noch unsicher fühlen, Angst haben, von Telefon und TV abgeschnitten zu werden, sei ein Vertragsabschluss schnell perfekt.
Inkassofirma forderte von Seniorin 36.000 Euro
Obacht geben sollten Kunden aber auch, wenn sie eine Hotline ihres Anbieters anrufen, um den Vertrag zu ändern oder zu kündigen. Mit einem Gespräch sei es bei solchen Schritten nicht getan, der beste Weg bestehe darin, das Unternehmen schriftlich zu informieren.
Regelrecht für Schrecken unter den Verbrauchern sorgten im vergangenen Jahr massenhaft verschickte Inkassoschreiben. In einem besonders krassen Fall sollte eine Seniorin 36.000 Euro zahlen. Die Forderung wurde aus einem Jahrzehnte zurückliegenden Vertrag mit einer Bank abgeleitet. „Wir haben es aber geschafft nachzuweisen, dass dazu jedwede rechtliche Grundlage fehlt“, so Wösthoff. Zahlreiche Oberhausener Bürger hätten in 2022 Mahnbescheide, Zwangsvollstreckungen oder Pfändungen von vermeintlichen Anwaltskanzleien oder Behörden erhalten, so die Leiterin. Die Betroffenen fühlten sich vielfach gedrängt, die Summen zu zahlen, etwa auch für ein Glücksspiel-Abo. Die Verbraucherzentrale habe die Leute dabei unterstützt, den Forderungen zu widersprechen. Über die Höhe der Erfolgsquote liegen der Beratungsstelle aber keine verlässlichen Zahlen vor, weil für die Verbraucher keine Pflicht besteht, sich nachher noch einmal zu melden.