Oberhausen. Sie wollen wohl kein gutes Geld dem schlechten hinterherwerfen – Oberhausen will keinen frischen Euro für die Steag mehr zahlen. Das hat Folgen.
An der neuen notwendigen Finanzierungsrunde für den Kohleverstromer Steag AG, der sich im Eigentum von sechs Ruhrgebietskommunen befindet, wird die Stadt Oberhausen sich nicht mehr beteiligen. Ähnlich entschied der Rat der Stadt Bochum. Die an der Steag beteiligten sechs Städte wollen vielmehr den Energiekonzern loswerden – mit Hilfe der RAG-Stiftung.
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Die mit sechs Prozent über die Energieversorgung EVO beteiligte Stadt Oberhausen sollte in diesem Jahr weitere 1,8 Millionen Euro von insgesamt geforderten 30 Millionen Euro aufbringen, um die Kaufdarlehen der Steag zu bedienen; Bochum immerhin 5,4 Millionen Euro.
Die sechs armen Revierkommunen hatten für die Steag über Darlehen in den Jahren 2011 und 2014 am Ende insgesamt eine Milliarde Euro gezahlt; Oberhausen spendierte damals über 70 Millionen Euro. Wie es aus informierten Kreisen heißt, wolle Oberhausen der Steag kein Geld mehr hinterherwerfen, denn der Kauf gilt bei verantwortlichen Kräften mittlerweile als Fehlentscheidung.
Die Ausschüttungen der Steag sollten Zins und Tilgung der Darlehen bezahlen
Die Steag mit ihren 6000 Beschäftigten sollte eigentlich die Kosten für Zins und Tilgung des Kaufdarlehens der Städte über ihre Gewinnausschüttungen selbst aufbringen. Das gelang in den ersten Jahren, wenn auch mit Griff in die einst dicke Steag-Sparbüchse.
Doch seit zwei Jahren ist diese Ausschüttungspraxis an die Städte durch die Wirren der Energiewende nicht mehr möglich – die Eigentümer sollen die Kreditkosten nun selbst aus ihren Kassen aufbringen und Geld nachschießen. Oberhausen weigerte sich bereits bei der letzten Finanzrunde, den vollen Betrag zu löhnen – statt sieben Millionen Euro wurden es nur zwei Millionen Euro. Diesmal gibt es keinen Cent mehr aus Oberhausen und Bochum.
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Denn der Essener Betreiber von mehreren inländischen Gas- und Kohlekraftwerken sowie drei ausländischen Steinkohle-Kraftwerken ist durch die Energiewende in schwieriges Fahrwasser geraten: Kohlekraftwerke verdienen durch den Ausbau der Wind- und Solarenergie nicht mehr genug Geld. Nur die ausländischen Aktivitäten gelten noch als lukrativ. Ihre Steinkohlekraftwerke muss die Steag auch noch in den kommenden Jahren nach und nach abschalten, erhält dafür in den laufenden Ausschreibungen aber nur vergleichsweise geringe Entschädigungen.
Mit anderen Worten: Die Steag muss ähnlich wie zuvor die Energiekonzerne RWE und EON kräftig umstrukturiert und saniert werden. Das ist den Anteilseignern und der Steag-Geschäftsführung nach Einschätzung von Fachleuten bisher noch nicht so umfangreich wie notwendig gelungen.
Steag-Kaufpreis betrug eine Milliarde Euro
Der Kauf der Steag GmbH erfolgte 2011 und 2014 in zwei Tranchen. War ursprünglich ein Kaufpreis von 1,254 Milliarden Euro im Gespräch, so flossen letztlich 995,3 Millionen an die Evonik Industries AG und die RBV Verwaltungs-GmbH, einer 100-Prozent-Tochter der Evonik.
Ein Konsortium von Revier-Stadtwerken gründete eigens für den Steag-Deal die KSBG Kommunale Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG und die KSBG Verwaltungs GmbH. Beteiligt sind die Stadtwerke aus Dortmund (36 %), Duisburg (19 %), Bochum (18 %), Essen (15 %), Oberhausen (6 %) und Dinslaken (6 %).
Nach langem Hin und Her einigten sich die sechs Kommunen und ihre Stadträte deshalb darauf, die Steag lieber zu verkaufen. Die RAG-Stiftung soll als Treuhänder alle Anteile übernehmen, die Steag soll mit dem RAG-Knowhow auf Vordermann gebracht werden – um die dann hoffentlich ausgezeichnet aussehende Braut an einem potenten Investor zu verkaufen. Spätestens 2024 soll dieser Akt vollzogen werden.
Die bisherigen Verkaufsstrategien der Kommunen für die Steag waren nicht von Erfolg gekrönt – der Markt ist derzeit nicht nur ziemlich eng für neue Bieter, sondern der Prozess kam so wenig voran, dass noch nicht einmal der übliche Geheimraum für mögliche Interessenten zur Einsicht in die Geschäftsbücher eingerichtet worden ist. Das soll nun alles die RAG-Stiftung abwickeln, die für diesen Service von den Städten mit einem einstelligen Millionenbetrag entlohnt werden muss.
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Für die geizige Zahlungszurückhaltung der Städte Oberhausen (1,8 Millionen Euro) und Bochum (5,4 Millionen Euro) entrichten diese übrigens auch einen Preis, denn die fehlenden Beträge müssen nun die anderen vier beteiligten Städte übernehmen: Duisburg, Dortmund, Essen und Dinslaken. Wenn der Verkaufserlös der Steag in den nächsten Jahren doch viel höher ist als erwartet, erhalten Oberhausen und Bochum deshalb davon relativ weniger – sie werden nachrangig abgespeist, wie es heißt.