Oberhausen. .

Die Energieversorgung Oberhausen (EVO) ist mit sechs Prozent am Stadtwerke-Konsortium beteiligt, das den Stromerzeuger Steagn kaufen will. Die Fraktionschefs der Parteien in Oberhausen erklären, wie sie den Kauf der Steag bewerten.

1,27 Milliarden Euro wollen sechs Stadtwerke im Ruhrgebiet in die Hand nehmen und den fünftgrößten deutschen Stromerzeuger komplett kaufen: Die Steag, die heute der Evonik (früher RAG) gehört. Mit sechs Prozent ist die Energieversorgung Oberhausen (EVO) beteiligt – sie muss 76 Millionen Euro schultern. Der Aufsichtsrat der EVO hat als einer der ersten der beteiligten Stadtwerke entschieden, die Steag nicht nur zu 51 Prozent, sondern ganz zu kaufen.

Bisher hört man im Rathaus nur hinter vorgehaltener Hand Kritik: „Ich hatte schon beim ersten Kauf ein mulmiges Gefühl“, sagt ein Ratsherr. Ein anderer: „Das ist für keinen Politiker zu überblicken. Da muss man den EVO-Fachleuten vertrauen.“ In Teilen der Stadtspitze gibt es Bedenken darüber, dass die Stadtwerke keinen privaten Anteilseigner als Partner mit seinem Fachwissen für die Steag vorsieht.

Öffentlich befürworten zumindest die Fraktionschefs den kompletten Steag-Kauf. Selbst die CDU-Opposition ist in Oberhausen recht ruhig. „Wir waren noch am kritischsten im Vergleich zu den anderen“, gibt CDU-Fraktionschef Daniel Schranz an. Die Fraktion habe überzeugt, dass die Risiken für die Stadt begrenzt seien. Ist das durchhaltbar, wenn die Steag mal Verluste schreiben sollte? „Bei der kommunal getragenen Abfallbeseitigungsgesellschaft AGR habe ich es erlebt, wie Risikobegrenzungen für die Städte im nachhinein abgebaut worden sind. So etwas darf bei der Steag niemals passieren

Wir fragten nach, wie die Fraktionschefs in Oberhausen den Kauf der Steag sehen:

Wolfgang Große Brömer, SPD-Fraktionschef: „Wir haben schon beim Kauf der ersten Tranche intensiv nach den Risiken gefragt: Uns hat die EVO glaubwürdig dargestellt, dass das Risiko als gering angesehen wird. Bei der zweiten Tranche gehen wir davon aus, dass die gleichen Bedingungen gelten und sich der Anteil der EVO am Stadtwerke-Konsortium von 6 Prozent nicht erhöht. Das hängt aber vom Verhalten der anderen beteiligten Städte ab. Wir müssen ausschließen, dass finanzielle Nachteile für die EVO oder Oberhausen aus dem Kauf entstehen können. Der Steag-Kauf erscheint mir eine vernünftige Lösung, um einen Gegenpol zu den vier großen Stromkonzernen zu bilden und die Abhängigkeit von ihnen zu verringern. Das Auslandsgeschäft der Steag sehe ich nicht als kommunale Aufgabe, doch die Steag stand nur insgesamt zum Verkauf - und die Auslands-Kraftwerke liefern die sicheren Gewinne.“

Daniel Schranz, CDU-Fraktionschef: „Die Stadtwerke produzieren kaum Strom. Hier besteht Nachholbedarf, um mit den anderen Wettbewerbern mithalten zu können. Auf dem Strommarkt herrscht durch das Oligopol der vier Stromgiganten kein echter Wettbewerb – deshalb sollte man eine eigene Erzeugung aufbauen, um günstiger an Strom zu kommen. Für die Stadtwerke-Kunden sollte dadurch der Strom zumindest nicht teurer, wenn nicht sogar billiger werden. Zudem kann die EVO mit Hilfe des Steag-Fernwärmenetzes ihr Fernwärme-Geschäft im Ruhrgebiet ausbauen. Wir pochen aber darauf, dass in den nächsten drei Jahren nach dem Steag-Kauf ein Einstieg eines privaten Investors geprüft wird – insbesondere wegen des Auslandsgeschäfts der Steag.“

Dirk Paasch, Linkspartei-Fraktionschef: „Wir begrüßen die Rekommunalisierung der Stromproduktion, so kann man im Wettbewerb auf dem Strommarkt Druck auf die privaten Unternehmen ausüben.Wir können zudem mit Hilfe von Gaskraftwerken und Kraftwärmekoppelung den Strom ökologischer als bisher produzieren. Einige von uns sehen es kritisch, dass wir Strom erzeugen in Ländern, wo die Arbeitsbedingungen schlecht sind. Doch das kann man aber nur ändern, wenn die Politik hier Einfluss gewinnt.“

Volker Wilke, Grünen-Fraktionschef: „Bevor wir zustimmen, wollen wir wissen, wie die Finanzierung läuft und wie viel Risiken für die Stadt bestehen. Die derzeit an die Stadt abgeführten Gewinne der EVO müssen stabil bleiben. Aber dieses Geschäft bietet insgesamt mehr Chancen als Risiken. Man kann durch den Zusammenschluss der Stadtwerke ein neues Unternehmen im Strommarkt etablieren. Mit der eigenen Stromproduktion kann man Gewinne für die Stadt abschöpfen, die sonst nur den Privaten zugute kommen. Die Stromproduktion kann man umbauen: Weg von den klimaschädlichen Kohlekraftwerken hin zu umweltfreundlicheren Gaskraftwerken und zur Kraftwärmekoppelung. Zudem hat die EVO das größte Fernwärmenetz, das künftig gut mit dem Steag-Fernwärmenetz verbunden werden kann.“

Hans Otto Runkler, FDP-Fraktionsvorsitzender: „Der Kauf der Steag durch die Stadtwerke erhöht den Wettbewerb auf den von Oligopolisten geprägten Strommarkt – das bietet die Chance, dass die EVO ihren Kunden den Strom günstiger anbieten kann und so wettbewerbsfähiger wird. Eine Gefahr, dass die Stadt direkt für mögliche Verluste der Steag aufkommen muss, sehe ich nicht, aber natürlich könnte theoretisch der Wert der Beteiligung an der EVO sinken. Das darf natürlich nicht passieren. Die uns vorgelegten Papiere gehen aber von einer hohen Rentierlichkeit der Steag aus. Für mich gehört jedenfalls auch die Stromproduktion zur Daseinsvorsorge der Städte dazu – sonst muss man ja teuer bei Monopolisten einkaufen.“

Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD): „Der Kauf der weiteren Steag Anteile (49 Prozent) durch den Stadtwerkeverbund ist eine logische und sinnvolle Konsequenz aus dem vorherigen Erwerb der 51 Prozent Anteile. Es macht Sinn, eine eigene regionale Versorgungsplattform zu etablieren und so die Abhängigkeit von langfristigen Lieferverträgen von den anderen Stromversorgern zu mindern. Auch wird der Fernwärmeausbau in Oberhausen durch diese Entwicklung hervorragend unterstützt.“