Essen. Steag: Bochum und Oberhausen wollen kein Geld mehr nachschießen. Die anderen vier Städte übernehmen, wollen dafür aber mehr vom Verkaufserlös.
Auch mit der RAG-Stiftung als gemeinsamer Treuhänderin für die Steag ziehen die sechs beteiligten Ruhrgebietsstädte nicht an einem Strang. Nach Informationen unserer Redaktion wollen sich Oberhausen und Bochum nicht an einem weiteren benötigten Zuschuss der Eigentümer von 30 Millionen Euro beteiligen. Ihre Anteile müssten somit Dortmund, Essen, Duisburg und Dinslaken übernehmen und dem Stromkonzern entsprechend mehr Geld zuschießen. Dafür wollen sie allerdings Vorrang erhalten, wenn das Geld aus dem Verkauf der Steag dereinst verteilt wird.
Auch, weil sich die sechs Kommunen selten einig sind im Umgang mit ihrem gemeinsamen Stromunternehmen, haben sie für den Verkauf die RAG-Stiftung als Treuhänderin ins Boot geholt. Die übernimmt ihre Anteile, die Investorensuche und soll bis 2024 einen Käufer finden. Alle Städte haben dafür inzwischen grünes Licht gegeben.
Harte Sanierung vor dem Verkauf
Nun steht der Steag eine harte Sanierung ins Haus, um attraktiver für mögliche Investoren zu werden. Um sie zu forcieren, wurde Steag-Chef Joachim Rumstadt in der Geschäftsführung unlängst ein Restrukturierungs-Experte an die Seite gestellt: Carsten König von der Unternehmensberatung Alix Partners soll Tempo machen bei Stellenabbau und Kostensenkungen.
Doch zunächst fehlt absehbar mal wieder Geld, um die Kredite bedienen zu können. Die Unternehmensberatung Roland Berger sieht einen Kapitalbedarf für die Kommunale Beteiligungsgesellschaft (KSBG) von 30 Millionen Euro, wie aus mehreren Städten und Unternehmenskreisen zu hören ist. Über die Frage, wer dieses Geld aufbringt, ist es nun zu einer erneuten Spaltung der Eigentümer gekommen. „Der Betrag, mit dem sich die Stadtwerke beteiligen, ist derzeit noch Gegenstand von Gesprächen“, erklärte die RAG-Stiftung auf Anfrage. Das Ergebnis dieser Gespräche bleibe abzuwarten.
Städte feilschen um Aufteilung des Verkaufserlöses
Fest steht: Bochum will seinen Anteil von 5,4 Millionen nicht mehr leisten, dazu gibt es bereits einen Ratsbeschluss. Der Stadt reichen die bisherigen Verluste, die auf mehr als 50 Millionen Euro taxiert werden. Auch aus Oberhausen ist zu vernehmen, dass jeder weitere Euro für die Steag einer zu viel wäre. Die Stadt müsste diesmal 1,8 Millionen Euro zuschießen.
Aus den anderen vier Kommunen, insbesondere ihren Stadtwerken, über die sie die Steag-Anteile halten, wird hingegen Bereitschaft signalisiert, noch einmal Geld nachzuschießen. Durch das Ausscheren der beiden Partner wird es für sie aber teurer: Dortmund müsste als größter Anteilseigner 14,2 statt 10,8 Millionen Euro aufbringen, Duisburg 7,5, Essen 5,92 und Dinslaken 2,36 Millionen. Dafür fehlen freilich noch die politischen Beschlüsse in den Städten.
Vorrang für Städte, die erneut Geld nachschießen
Doch ohne Gegenleistung möchten sie die Anteile von Bochum und Oberhausen nicht übernehmen. Stattdessen gibt es nach Informationen unserer Redaktion einen Deal, der ihnen Vorteile für den Fall bringt, dass die RAG-Stiftung die Steag verkauft und den Erlös unter den alten Eigentümerinnen aufteilt. Bis zu einer Verkaufssumme von 375 Millionen Euro erhalten demnach die Kommunen, die jetzt noch einmal ins Feuer gehen und damit dem Konzern mit seinen 6000 Arbeitsplätzen helfen, einen deutlich größeren Anteil. Alles, was darüber liegt, wird nach den alten Anteilen ausgezahlt.
Roland Berger schätzt den 2024 zu erzielenden Verkaufspreis der dann sanierten Steag auf 200 bis 800 Millionen Euro. PGT, ein auf Energiekonzerne spezialisierter weiterer externer Gutachter, hat für die KSBG einen möglichen Wert zwischen 250 Millionen und 1,1 Milliarden Euro hochgerechnet – je nach Lage der Steag und des Marktes in drei Jahren. Zu den Überlegungen gehört auch der mögliche Verkauf ganzer Unternehmensteile bis dahin.
Das obere Ende liegt damit in der Nähe jener runden Milliarde, welche die Städte einst für den Essener Stromerzeuger gezahlt haben. Wie weit der beste und der schlechteste Fall in beiden Gutachten auseinanderliegen, verdeutlicht aber, wie groß die Unwägbarkeiten für die Kommunen sind. Basis sind verschiedene Szenarien, inwieweit die Steag etwa am Wachstum der Erneuerbaren Energien teilhaben kann.
Die Energiewende fällt schwer
Bisher tut sich die Steag schwerer als andere Stromkonzerne, die Energiewende zu meistern. Ihre Steinkohlekraftwerke muss sie in den kommenden Jahren nach und nach abschalten, erhält dafür in den laufenden Ausschreibungen aber nur vergleichsweise geringe Entschädigungen. Dagegen kann etwa der große Konkurrent und Nachbar RWE mit den Milliardenentschädigungen des Staates für den Braunkohle-Ausstieg bereits viel beherzter in Erneuerbare Energien investieren. Auch im Steag-Konzern wird die schwierige Lage aber auch mit den ständigen Unstimmigkeiten der kommunalen Eigentümer erklärt.