Oberhausen. . Ein neues Gutachten der Linksfraktion zeigt viele wirtschaftliche Risiken beim Steag-Kauf auf. So seien die Anlagen des Kraftwerk-Parks zum Beispiel überwiegend überaltert. Eine Ausrichtung der Steag auf erneuerbare Energien sei zudem unrealistisch.
Als sich mehrere finanzschwache Ruhrgebietsstädte, darunter Oberhausen, 2010 aufmachten, um den Kohlestromerzeuger Steag von Evonik für viel Geld zu kaufen, löste dies eine heftige Debatte aus: Ist es sinnvoll, dass klamme Kommunen Strom in Kolumbien, Türkei oder auf den Philippinen erzeugen (wo Steag-Kraftwerke stehen)?
Neben SPD und Grünen waren die Linken stets dafür, weil sie ohnehin eine Vergesellschaftlichung (sprich: Verstaatlichung) der Stromproduktion für sinnvoll halten, die niedrigere Strompreise und umweltfreundlicher produzierte Elektrizität unter guten Arbeitsbedingungen garantieren soll.
Schwieriges Marktumfeld
Jetzt wird die Debatte wohl ausgerechnet ein neues von mehreren Links-Ratsfraktionen der Revier-Städte in Auftrag gegebenen Steag-Gutachten beleben. Denn dieses geht recht kritisch mit dem aktuellen Steag-Zustand um. Die Gutachter Bontrup und Marquardt der Rosa-Luxemburg-Stiftung beschreiben ein schwieriger werdendes Marktumfeld für die Steag. Sie vermissen Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit sowie eine nachhaltige Strategie.
„Probleme sind starke Überalterung des Kraftwerksparks, durch Kohleverstromung hohe Emissionen und große Belastungen im inländischen Strom-Erzeugungsbereich. Dies führt zu stark gestiegenen Kosten bei gleichzeitig weitgehend fehlender ökologischer Umbauperspektive“, fasst Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik die düsteren Ergebnisse zusammen.
Beschluss unter falschen Voraussetzungen
Seine Fraktionskollegin Gisela Marx glaubt sogar, dass die damals eilig herbeigeführten Ratsbeschlüsse unter falschen Voraussetzungen getätigt wurden: „Die Kaufentscheidung ist ohne vollständige Transparenz und Aufklärung über die wirtschaftliche Situation der Steag zustande gekommen.“
Im Gutachten heißt es:
Kein Schnäppchen: Das Argument, das Stadtwerke-Konsortium habe für 100 Prozent der Steag am Ende ja „nur“ 1,2 Milliarden Euro zahlen müssen, sei eine „Milchmädchenrechnung“. Hinzu kämen noch Zahlungsverpflichtungen von 2,5 Milliarden Euro – man zahle insgesamt 3,7 Milliarden Euro. Veraltet: „Im erworbenen Kraftwerks-Park der Steag befinden sich überwiegend überalterte Anlagen, die sehr bald abgeschaltet werden müssen.“ Wirtschaftlich überzeugend sei nur das Kraftwerk in der Türkei und Walsum 10, das aber noch nicht ans Netz gehen konnte.
Belastend: „Belastend wirkt im Erzeugungspreis neben den hohen Kohlepreisen und dem Anstieg der zu kaufenden CO2-Verschmutzungsrechte die Tatsache, dass mit dem Steag-Kunden RWE in unerwartet starkem Umfang Lieferverträge aufgekündigt wurden. Die hohen Margen im Erzeugungsbereich dürften damit der Vergangenheit angehören.“ Als schwierig sehen die Gutachter den geplanten Bau neuer Gaskraftwerke.
Kein Auslandsverkauf: Da die Kohlekraftwerke im Ausland die Renditebringer sind, raten die Gutachter von dem angestrebten Verkauf ab. Eine komplette Ausrichtung der Steag auf erneuerbare Energien, wie von den Räten ebenso gefordert, sei unrealistisch. „Damit würde sogar die Existenz des ganzen Unternehmens aufs Spiel gesetzt werden.“