Mülheim. Die MVG und Bürger Mülheims wehren sich gegen das geplante Ende der Straßenbahn. Den Schienenverkehr durch Busverkehr zu ersetzen führe zu einer riesigen Verkehrsbelastung und sei schädlicher für die Umwelt. Eine große Angst der Belegschaft der MVG ist außerdem ein privatisiertes Busnetz.
„16 Leute brauche ich als Helfer“, ruft Rainer Sauer in die Runde und hat sie schnell beisammen. Sie sollen vor dem Rathaus 16 Plakate hochhalten, jedes versehen mit einem Argument für den Erhalt der Straßenbahn in Mülheim. Es sind Argumente aus der Belegschaft der Mülheimer Verkehrsgesellschaft, aber auch Argumente von Bürgern, die Verdi in der Innenstadt gesammelt hat. Unterm Strich heißt es: Busse können Bahnen nicht ersetzen.
Der DGB-Chef des MEO-Kreises, Dieter Hillebrand, hält auch eines der Plakate hoch: Straßenbahnen sind emissionsarm! Hillebrand fürchtet, dass Mülheim eine Kettenreaktion auslösen könnte, seitdem der Kämmerer für mehr Bus und weniger Bahn plädiert hat, um die Miesen zu reduzieren. Auch der Kämmerer von Essen äußerte kurz darauf ähnliche Gedanken. „Wenn in Zukunft die Kämmerer im Ruhrgebiet ihre Haushalte so sanieren wollen, dann gute Nacht“, sagt der DGB-Mann.
Angst vor privatisiertem Busnetz
Eine junge Verdi-Praktikantin sammelt Unterschriften für den Erhalt der Bahn, insgesamt haben schon über 4000 Bürger unterschrieben. Werbung macht auch Christian Boden, er ist in einen alte Schaffner-Uniform gestiegen, erzählt, dass es seit 117 Jahren in Mülheim Straßenbahnen gibt – und eigentlich nichts Besseres: mehr Komfort, mehr Platz, besser vernetzt, eine Entlastung für Straßen, von Gutachtern bestätigt, sichtbare Lebensadern einer Großstadt. An Argumenten mangelt es den Befürwortern nicht.
An die 70 Bahn-Unterstützer sind gekommen. Um 17 Uhr halten sie ihr eindeutiges Votum den Ratsmitgliedern entgegen, die in den nächsten Wochen entscheiden müssen, wie viel Bahn es künftig in Mülheim noch geben wird. „Von heute auf morgen verschwindet ohnehin keine Bahn“, sagt Ratsherr Bernd Dickmann (CDU). „Und gänzlich sowieso nicht.“ Aber von den hohen Kosten müsse man schon runter, betont er. Pro Buskilometer muss die Stadt zwei Euro drauflegen, bei der Straßenbahn sind es sieben.
Sauer macht eine andere Rechnung auf: Schafft Mülheim die Straßenbahn ab, dann drohen bis 250 Mio. Euro an Rückzahlungen ans Land, Rückbaukosten von Schienen in Millionen-Höhe. Die größte Angst die Belegschaft ist jedoch vor einer Privatisierung eines reinen oder starken Busnetzes. Hillebrand: „Das hieße: Strecken, die keinen Gewinn machen, werden aufgegeben.“