Essen/Mülheim/Duisburg. High-Tech oder Holzklasse? Die Essener Verkehrs-AG stellt die Sinnfrage für die gemeinsame Verkehrsgesellschaft mit Mülheim und Duisburg. Geht es in Richtung Zukunft oder legen die Partner den Rückwärtsgang ein?

70 Stundenkilometer in der Spitze, 64 Sitzplätze, und mit knapp 30 Metern zwei Meter länger als ihre Vorgängerin: Da leuchten die Augen erwachsener Männer wie die von Kindern an Weihnachten. „Von weitem sieht sie ja fast so aus wie die 1500er“, sagt ein Herr mittleren Alters, für den Straßenbahnen augenscheinlich viel mehr sind als öffentliche Verkehrsmittel, und meint das Vorläufermodell.

Augenfällig ist nur die schnabelförmige Front. Immer wieder drückt der Fan auf den Auslöser seiner Kamera, als wäre er beim Foto-Shooting mit Claudia Schiffer und nicht beim Tag der offenen Tür der Evag im Betriebshof Stadtmitte. „120 Jahre Straßenbahn in Essen“ lautet das Motto. Modell steht das neueste Flaggschiff der Evag-Flotte: die Niederflurbahn NF 2 aus dem Hause Bombardier. Stückpreis: 2,8 Millionen Euro.

Welch ein Kontrast zum historischen Schätzchen am nächsten Gleis: Baujahr 1921, harte, hölzerne Sitzbänke für gerade einmal 19 Passagiere. Und während der moderne Evag-Fahrer die neue Super-Tram in einer voll klimatisierten High-Tech-Kabine per Touchscreen steuert, musste sein historischer Vorgänger seinen Job im Stehen versehen, und das zehn Stunden am Tag. Wahrlich kein Zuckerschlecken.

Investitionen zurückgestellt

High-Tech oder Holzklasse? Im übertragenen Sinne stellt sich diese Frage auch für die gemeinsame Verkehrsgesellschaft Via, die Essen gemeinsam mit Mülheim und Duisburg vor drei Jahren aufs Gleis gesetzt hat, um gemeinsam Kosten zu sparen. Der Motor ist mächtig ins Stottern geraten. Die drei Städte sind sich nicht einig, in welche Richtung die Reise gehen soll. Während die Evag ab dem kommenden Jahr die ersten von 27 brandneuen Niederflurbahnen in Betrieb nimmt, investiert Mülheim nur noch mit angezogener Handbremse. Fünf neue Trams gehen an die Mülheimer Verkehrs-Gesellschaft MVG. Noch fährt die Nachbarstadt zweigleisig, aber es scheint nicht ausgeschlossen, dass Mülheim langfristig seine Straßenbahnen aufs Abstellgleis schiebt und ganz auf Busse umstellt angesichts von 20 Millionen Miese pro Jahr, die allein der Straßenbahnbetrieb einfahren soll.

120 Jahre Straßenbahn

Die fünfjährige Laureen nimmt die Kurbel in die Hand.
Die fünfjährige Laureen nimmt die Kurbel in die Hand. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Endstation des Wagens 322 war damals Oberhausen-Styrum
Endstation des Wagens 322 war damals Oberhausen-Styrum © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Personal in historischer Uniform ..
Personal in historischer Uniform .. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
... posiert in historischen Bahnen.
... posiert in historischen Bahnen. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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Auch ein älterer Omnibus fährt im Linienverkehr.
Auch ein älterer Omnibus fährt im Linienverkehr. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Die Technik des Schienenschweissens wird vorgeführt.
Die Technik des Schienenschweissens wird vorgeführt. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Vorsicht - flüssiges Eisen!
Vorsicht - flüssiges Eisen! © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Tropische Hitze verströmt auch die Brasilianische Tanzshow auf der Bühne ...
Tropische Hitze verströmt auch die Brasilianische Tanzshow auf der Bühne ... © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
... zur Freude des Publikums.
... zur Freude des Publikums. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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Nein, das sind nicht die neuen Uniformen bei der EVAG ...
Nein, das sind nicht die neuen Uniformen bei der EVAG ... © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
... zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV ... .
... zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV ... . © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
... sondern tänzerische Unterstützung bei der Präsentation der  Niederflurstraßenbahn (NF 2), die ab 2014 im Linienbetrieb eingesetzt werden soll, hatten, v.lks., Wolfgang Weber, OB Reinhard Paß, Klaus-Peter Wandelenus und Michael Feller.
... sondern tänzerische Unterstützung bei der Präsentation der Niederflurstraßenbahn (NF 2), die ab 2014 im Linienbetrieb eingesetzt werden soll, hatten, v.lks., Wolfgang Weber, OB Reinhard Paß, Klaus-Peter Wandelenus und Michael Feller. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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Innenansichten
Innenansichten © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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Michael Kremp nimmt in einer historischen Uniform im modernen Führerstand Platz.
Michael Kremp nimmt in einer historischen Uniform im modernen Führerstand Platz. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Demnächst auf Ihrer Schiene!
Demnächst auf Ihrer Schiene! © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Historische Schätzchen für Liebhaber ...
Historische Schätzchen für Liebhaber ... © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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... und historische Fotos.
... und historische Fotos. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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Die Bahn 1753, ein dreiteiliges Modell von 1962, fährt auf der Strecke von Steele nach Katernberg.
Die Bahn 1753, ein dreiteiliges Modell von 1962, fährt auf der Strecke von Steele nach Katernberg. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
Die Bahn 1753, ein dreiteiliges Modell von 1962, fährt auf der Strecke von Steele nach Katernberg. Frank Keins sitzt an der Kurbel.
Die Bahn 1753, ein dreiteiliges Modell von 1962, fährt auf der Strecke von Steele nach Katernberg. Frank Keins sitzt an der Kurbel. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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Thorsten Grundmann begleitet die Fahrt in der historischen Schaffner-Uniform ...
Thorsten Grundmann begleitet die Fahrt in der historischen Schaffner-Uniform ... © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
... und verkauft Sticker für Fans.
... und verkauft Sticker für Fans. © Ulrich von Born/ WAZ FotoPool
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So etwas zeigt offenbar Wirkung. Auch der Dritte im Bunde, die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG), hat jüngst wichtige Investitionen in den Fuhrpark zurückgestellt. „Es stellt sich die Frage, ob das Via-Konzept noch zukunftsfähig ist“, sagt Bürgermeister Rolf Fliß, Mitglied des Evag-Aufsichtsrats. Nicht nur Fliß ist alarmiert. Die SDP erwägt, die Oberbürgermeister der drei Via-Städte und Verkehrsminister Michael Groschek an einen Tisch zu bitten, bestätigt Wolfgang Weber, SPD-Ratsherr und Evag-Aufsichtsratsvorsitzender. Das nennt man dann wohl Krisengespräch.