Mülheim. .

Eine Stadt mit nur einem Sportverein. Unvorstellbar? Für die FDP-Fraktion nicht. Sie hat sich in einem offenen Brief in die Debatte in der Mülheimer Fußball-Landschaft eingeschaltet. Einige Vereine sehen sich benachteiligt, weil an der Hardenbergstraße eine Bezirkssport-Anlage für den TB Heißen und den RSV entsteht. Die FDP sagt: „Gibt es für alle Sportler nur einen Verein, ist dies aus Sicht der Stadt in Ordnung, so lange eine sportliche Ausübung im Interesse der Gesellschaft und Gemeinschaft weiterhin möglich ist.“ Werben die Liberalen jetzt für einen Mülheimer Großverein? Nein, so weit gehen sie nicht. Aber sie rollen die Debatte um die Sportplätze von einer anderen Seite auf.

„Vereinspolitik muss in den Händen der Vereine bleiben“, heißt es in dem Schreiben. Vereine sollten „sich selbstständig finanzieren können und alleine ihre Sportanlagen unterhalten können und wollen.“ Klar sei es schön und notwendig, dass die Stadt den kommunalen Sport fördere. „Aber die Unterstützung muss von den Vereinen immer nur als ein Bonus angesehen werden“, so der Wortlaut. Ziel von finanzieller Unterstützung im Sportbereich sei es, „den Bürgern eine sportliche Betätigung zu ermöglichen“. Egal in welchem Verein. Die Fußballclubs ­TuSpo Saarn, RW Mülheim und TSV Heimaterde beklagen einen Mitgliederschwund. Der Grund: die aus ihrer Sicht ungerechte Verteilung der attraktiven Kunstrasenplätze. Durch den für 2015 in Heißen geplanten Neubau fühlen sich vor allem Heimaterde und Rot-Weiß in ihrer Existenz bedroht (die WAZ berichtete).

Nur die Stärksten überleben?

Die FDP argumentiert dagegen fast schon darwinistisch: „Die Stadt ist nicht verantwortlich dafür, welcher Verein sich durchsetzt.“ Also nur die Stärksten überleben? Die aus ihrer Sicht benachteiligten Vereine sagen, dass man das Geld (13,1 Mio Euro für den Bau in Heißen) anders investieren könnte. „Warum die und nicht wir?“ ist die zentrale Frage. Die Liberalen vertreten da eine klare Auffassung: „Warum erwarten Vereine ernsthaft von der Stadt oder dem Staat, dass ihnen Anlagen und Mittel zur Ausübung ihres privaten Sportes zur Verfügung gestellt werden?“ Früher sei es für Vereine selbstverständlich gewesen, Eigenmittel und Engagement einzubringen.

Heute nicht mehr? Doch auch heute noch. „Die Vereine machen unheimlich viel in Eigenarbeit“, sagt Martina Ellerwald, Leiterin des Mülheimer Sportservice. Zum Beispiel haben der Mülheimer Spielverein 07 und der SV Raadt ihre Platzanlagen langfristig angemietet. Sie kümmern sich selbst um den Erhalt, nur für die Grundpflege ist noch die Stadt zuständig. Dafür werden die Vereine bezuschusst – 55 Cent gibt es pro Quadratmeter Spielfläche und Jahr. In Raadt entstanden durch einen Großteil an Eigenmitteln neue Umkleidekabinen. Wie können sich Vereine das leisten? Ellerwald: „Das geht natürlich nicht nur durch Mitgliederbeiträge. Entweder sparen sie einen längeren Zeitraum, haben private Sponsoren oder sie müssen einen Kredit aufnehmen.“

Bedarf in den Stadtteilen ermitteln

Anstatt bestimmte Vereine zu bevorzugen, sollte die Stadt bei der Ausstattung mit Sportplätzen für „die gezielte Verteilung von unterschiedlichen Sportanlagen im Stadtgebiet“ sorgen, so die FDP. „Genau das machen wir“, sagt Ellerwald, „durch die Prioritätenliste ermitteln wir den Bedarf für die einzelnen Stadtteile. Danach richten wir uns beim Neubau von Sportanlagen.“

Die Fraktion der Grünen hat am Donnerstag auf den Brief der FDP reagiert. Sie hält die Beschneidung der kommunalen Sportförderung für „grundsätzlich falsch“. Aus ihrer Sicht erbringt der Breitensport eine „nicht zu unterschätzende Leistung für unsere Gesellschaft“. Sie übernehme wichtige Aufgabe wie Jugend- und Sozialarbeit oder Integration. Sportförderung stelle eine „gute und nachhaltige Verwendung der Steuergelder dar“. Vereine seien nur selten in der Lage, ihre Sportstätten selbst zu errichten. Deshalb sei es Aufgabe der öffentlichen Hand, sie ihnen zur Verfügung zu Stellen. Die Grünen: „Sport im Verein darf nicht nur für Reiche finanzierbar sein.“ Außer Frage lassen die Grünen die Unabhängigkeit der Stadt. Es sollte unumstritten sein, „sich nicht von Vereinsvorlieben beeinflussen zu lassen“.