Mülheim.
Erst herrschte über Monate Schweigen im Walde, jetzt geht es Schlag auf Schlag: Die Stadtverwaltung hat ihr Konzept für den öffentlichen Nahverkehr veröffentlicht. Die Fraktion von Bündnis’90/Die Grünen reagierte sofort mit einem Alternativkonzept.
Im Straßenbahnnetz plant die Verwaltung künftig ohne die Linie 110. Dafür soll eine neue Buslinie von der Friesenstraße in Styrum über Hauptbahnhof und -friedhof zum Flughafen rollen. Nach den Plänen wird die Strecke zwischen Hauptfriedhof und Flughafen künftig nicht mehr von einer Straßenbahn bedient. Die Linie 112 soll, von Oberhausen kommend, über den Kaiserplatz hinaus bis zum Hauptfriedhof fahren – Pläne für eine Verlängerung bis zum Hauptbahnhof wären damit vom Tisch. Die 104 soll nicht mehr den Weg über die Leineweberstraße nehmen, sondern an der Wertgasse (Ev. Krankenhaus) enden.
Von der Umstellung verspricht sich die Stadt Einsparungen bei den Betriebskosten der MVG von jährlich 1,7 Mio Euro. Ferner hofft die Stadt, mit ihrem Konzept auf Ersatzinvestitionen in Höhe von 8,3 Mio Euro bis zum Jahr 2015 verzichten zu können. Für den Rück- und Umbau der Infrastruktur werden einmalig 6,6 Mio Euro veranschlagt. Fraglich ist noch, ob bei einer Stilllegung von (Teil-)Strecken Fördergelder zurückzuzahlen wären, die Stadt spricht von einer möglichen Summe von ca. 2,7 Mio Euro.
Straßenbahnverbindung zwischen Heuweg und Saarn Mitte
Überraschend bringt die Verwaltung wieder eine Straßenbahnverbindung zwischen Heuweg und Saarner Mitte ins Gespräch. Zumindest soll noch mal geprüft werden, ob ein solches Projekt mittelfristig zu realisieren ist. Wenn ja, soll die Straßenbahn 102 nicht mehr zwischen Heuweg und Uhlenhorst verkehren. Ohne Bahn nach Saarn soll die 102 weiter zwischen Uhlenhorst und Oberdümpten verkehren.
Die Straßenbahnverbindung von Broich nach Saarn spielt im Konzept der Fraktion von Bündnis’90/Die Grünen eine gewichtigere Rolle. Die Grünen wollen die Straßenbahn rollen sehen – und zwar nicht nur vom Heuweg bis zum Bereich der Haltestelle „Alte Straße“, wie im Verwaltungskonzept zur Prüfung ausgeschrieben, sondern über die Straßburger Allee bis hoch zur Saarner Kuppe. Hingegen stimmen die Grünen mit der Verwaltung in der Schlussfolgerung überein: Kommt die Straßenbahn nach Saarn, dann soll die 102 nicht länger zwischen Heuweg und Uhlenhorst rollen.
Grüne lehnen Stilllegung der 110 ab
Eine Stilllegung der kompletten Linie 110 lehnen die Grünen ab. Sie wollen die 104 über die Wertgasse hinaus über den herkömmlichen Weg der 110 bis zum Hauptfriedhof rollen lassen. Zwischen Stadtmitte und Bahnhof Styrum könnte nach Vorstellung der Grünen allerdings künftig Busverkehr ausreichen. Sie schlagen vor, dafür die aus Oberhausen kommende Buslinie 122 zu nutzen. Sie könne künftig über Schloß Styrum und Hauptbahnhof weiter in Richtung Speldorf fahren.
Auch die Kappung des Straßenbahnnetzes am Hauptfriedhof lehnen die Grünen ab. Ergänzend zum Konzept der Verwaltung wollen sie die Linie 112 über den Hauptfriedhof hinaus zum Flughafen fahren lassen. Bis zum Hauptfriedhof soll dabei ein Zehn-Minuten-Takt gelten, zwischen Friedhof und Flughafen ein 20-Minuten-Takt. Schließlich widmen sich die Grünen noch der Straßenbahnlinie 901 (Obermarxloh – Hauptbahnhof). Hier fordern sie spätestens mit Eröffnung des Fachhochschulstandortes in Broich im Herbst 2014 eine Taktverdichtung.
Taktung sei bereits an Nachfrage angepasst
Noch mal zurück zum Konzept der Stadtverwaltung: In ihrem Papier trifft sie die Feststellung, dass das ÖPNV-Angebot in Mülheim „bereits sehr gut an die Nachfrage angepasst ist“. Das hätten Fahrgasterhebung im Herbst 2008 und auch die Analyse der Nachfragesituation ergeben. „Des Weiteren“, heißt es, „existieren keine Lücken im Liniennetz von Mülheim, dadurch sind keine neuen Verkehrsangebote erforderlich.“ Auch sei die Taktung „schon gut an die Nachfrage angepasst“.
Die Grünen sehen das anders: „Im Ergebnis ist der Verwaltungsvorschlag nur als erster Schritt zu einem Liniennetz für Mülheim zu sehen“, sagt deren verkehrspolitischer Sprecher Axel Hercher. Ein neues Netz sei zu spannen, mit dem Verbindungen zwischen den Stadtteilen verbessert und unnötiges Umsteigen vermieden würden.