Mülheim. .
Der Nebel über dem bislang streng vertraulich gehaltenen Sparpaket der Stadtspitze für Mülheims Nahverkehr lichtet sich: Nach WAZ-Informationen ist es nun endgültig geschnürt, im November soll es in die politische, möglichst zügig danach in die Diskussion mit Bürgern gehen.
Eine Nachricht, die MVG-Kunden in Dümpten und Broich freuen dürfte, vorab: Im Konzept, das die Stadtkanzlei den Fraktionsvorsitzenden unlängst mündlich vorgestellt hat, ist nicht mehr vorgesehen, die Straßenbahnlinie 102 am Heuweg in Broich und an der Haltestelle „Auf dem Bruch“ in Dümpten enden zu lassen.
Weiter im Plan ist aber, dass keine Straßenbahn mehr zwischen Hauptfriedhof und Flughafen rollen soll. Überhaupt soll die Linie 104 nicht mehr so weit fahren, sondern nur mehr vom Abzweig Aktienstraße an der Stadtgrenze zu Essen bis zur Wertgasse (Evangelisches Krankenhaus). Dafür soll die 112 aus Oberhausen kommend über den Kaiserplatz hinaus bis zum Hauptfriedhof verkehren.
Komplett stillgelegt werden soll die Linie 110 (Friesenstraße in Styrum bis Hauptfriedhof). Als Ersatz steht laut WAZ-Information eine neue Gelenkbuslinie in Rede, die anstelle der zentralen Haltestelle „Stadtmitte“ den Hauptbahnhof ansteuert und über den Kaiserplatz hinaus den Flughafen anbindet.
Laut einem Auftragsgutachten von Civity (Hamburg) ist die 110 auch die Linie, für deren Stilllegung die Stadt am wenigsten zahlen müsste. Im ungünstigsten Fall könnte eine Rückzahlung von Landesfördermitteln in Höhe von 3,6 Mio Euro verlangt werden. Das wäre der Fall, wenn der zuständige Verkehrsverbund Rhein-Ruhr die ursprüngliche, noch in der Zweckbindung befindliche Fördersumme plus Zinsen geltend machen würde. Es ist zu hören, dass die Stadt Gespräche mit dem VRR führt, um die Rückforderung so gering wie möglich zu halten. Argumentieren wird sie wohl mit dem erhofften Spareffekt für den öffentlichen Haushalt. Busverkehr ist deutlich günstiger als Straßenbahnverkehr (kein Schienennetz, preiswertere Fahrzeuge) – so soll sich die Umstellung von Bahn auf Bus auf der Linie 110 inklusive 3,3 Mio Euro teurem Rückbau der Schienen-Infrastruktur laut Civity nach nur drei bis maximal sieben Jahren rentieren.
Anfang November soll das Konzept, das auch schon diskutierte, aber nicht beschlossene Änderungen im Busnetz vorsieht (u.a. früherer Beginn des eingeschränkten Betriebs mit Nachtexpress-Linien), zunächst in den Bezirksvertretungen diskutiert werden. Diese Gremien sollen nach Wunsch von Stadtkanzlei-Chef Frank Mendack dann auch eine zeitnahe Bürgerbeteiligung in jedem einzelnen der drei Stadtbezirke verabreden. Mendack hält gar einen politischen Ratsbeschluss zum ÖPNV-Sparpaket noch in diesem Jahr für möglich.
Die CDU, so auf Anfrage gestern Fraktionschef Wolfgang Michels, wird einen schnellen Beschluss nach jetzigem Konzept nicht stützen. Sie sieht die ÖPNV-Debatte am falschen Ende angefasst. Erst müsse eine längst überfällige Überarbeitung des Nahverkehrsplans her, der stadtweit Auskunft über ÖPNV-Bedarfe sowohl der Gegenwart als auch der Zukunft gebe, so Michels mit Verweis auf Stadt- und demografische Entwicklung: „Es wird künftig mehr Leute geben, die auf ÖPNV angewiesen sind.“ Mit dem Stückwerk, was die Stadtspitze nun vorlegen werde, mag Michels nicht in die Diskussion mit Bürgern gehen. „Damit blamiert man sich.“