Mülheim. In Mülheimer Schrebergärten hängen unmissverständliche Botschaften: Der Anbau von Cannabis, Pilzen und Co. ist verboten. Das ist der Hintergrund.
Der Frühling ist nicht mehr aufzuhalten. In der Kleingartenanlage „Am Folkenbornshof“ in Mülheim-Winkhausen blüht es kunterbunt, Vögel zwitschern, die Sonne wärmt am Dienstagmittag schon ganz wunderbar. In Büschen und Bäumen hängen erste Ostereier und im Schaukasten am Eingang eine Einladung für Kinder zum Eiersuchen am 31. März. Am Tag darauf soll das umstrittene Cannabisgesetz in Kraft treten. Auch mit diesem Thema beschäftigt sich ein Aushang. Und legt unmissverständlich fest: In Mülheims Kleingärten bleibt der Anbau von Cannabis, Pilzen und Co. auch künftig verboten.
Und das ist auch richtig so, findet Barbara Schröder. Die 64-Jährige ist überzeugte Gartenfreundin und langjährige Pächterin eines Schrebergartens. „Wenn wir Cannabis anbauen würden, hätten wir bald viele Fremde hier, die meinen, sie könnten mal eben ernten.“ Das erlebe man schon mit saftigen Johannisbeeren, die manchmal einfach über Nacht verschwänden. Und das würde man gewiss noch deutlicher spüren, wenn Haschisch-Pflanzen heranreifen würden. Schröder ist gebranntes Kind, hat vor rund zehn Jahren erlebt, dass in ihrer Laube eingebrochen wurde. Die Diebe nahmen den Fernseher mit und leerten den Ramazzotti aus dem Kühlschrank.
Mülheimer: „Die Gärten sind zum Vergnügen da. Aber nur mit Gurken und Tomaten“
Ein Nachbar (67) stimmt Schröder zu: „Das Verbot ist richtig. Die Gärten sind zum Vergnügen da - aber nicht mit Cannabis, sondern nur mit Gurken und Tomaten.“ Monika Kellermanns (73) fürchtet, dass es mit der himmlischen Ruhe vorbei ist, falls neben Rosen und Tulpen künftig auch Hanf gegossen wird. „Ich brauche das Zeug nicht, also muss ich es auch nicht anbauen.“
Monika Reinhold (66), Besitzerin einer anderen Parzelle, hält die Initiative von Gesundheitsminister Karl Lauterbach für grundsätzlich gut. „Man holt die Konsumenten aus der kriminellen Ecke, gräbt Kleindealern das Wasser ab.“ Die Vergangenheit habe ja gezeigt, dass man der Droge allein mit Verboten nicht Herr wird. Vor Ort, im geliebten Garten aber, habe das Zeug nichts verloren: „Schon deshalb, weil ich hier keine torkelnden Menschen erleben möchte.“
„Es gibt hier ja auch viele Kinder. Die müssen wir schützen“
Der Verein liegt unweit der brachliegenden Kult-Gaststätte Winkhaus. Ein älterer Herr, der gerade an einem Beet zugange ist, erinnert daran, dass die Polizei dort Anfang 2021 eine Marihuana-Plantage mit rund 3000 Pflanzen ausgehoben hat. Vergleichbares möchte am Folkenbornshof keiner erleben. Auch eine 62-Jährige, die generell dafür ist, Cannabis für medizinisch sinnvolle Zwecke einzusetzen, lehnt den Anbau in der Anlage ab. „Es war hier schon immer verboten und das soll auch so bleiben. Es gibt hier ja auch viele Kinder. Die müssen wir schützen.“ Ihr Ehemann (64) ist überzeugt: „Es gibt bei uns niemanden, der ernsthaft über Anbau nachdenkt.“ Ein Passant wirft noch ein Argument in den Ring: „Es geht doch nur um Anpflanzen in der eigenen Wohnung. Und da man hier nicht wohnen darf, ginge das sowieso nicht.“
Der besagte Zettel im Schaukasten trägt das Datum 16. Februar 2024 und stammt vom Kreisverband Mülheim der Kleingärtner. Yvonne Beuche, Schriftführerin im Vorstand, erklärt, warum man sich frühzeitig aufgemacht hat, die Mitglieder der 23 Mülheimer Vereine zu informieren. Das Schriftstück untersagt nicht nur den Anbau von Cannabis, sondern auch „anderer bewusstseinserweiternder Drogen und Pilzen“. Vereine oder Clubs, die entsprechendes zum Ziel hätten, seien „in Gärten und Anlagen nicht gestattet“, heißt es unmissverständlich.
Mülheimer Kreisverband wollte möglichst früh für Klarheit sorgen
Bislang habe sich noch jeder daran gehalten, habe man keine Verstöße registriert, sagt Beuche. Damit das so bleibt, habe man - in Zusammenarbeit mit Vereinsvorsitzenden und Vertretern der Stadt - „präventiv“ alles regeln wollen. Das Cannabisgesetz sei „durchaus interpretationsfähig“. Man habe Klarheit schaffen wollen, „bevor da jetzt gleich jemand losstürmt und direkt mit dem Anbau beginnt“. Im öffentlichen Grün, zu dem die Anlagen gehören, müsse „jederzeit gewährleistet sein, dass Dritte keinen Zugriff haben, vor allem zum Schutz junger Menschen“.
Aktuell sind laut Beuche 1239 Parzellen stadtweit verpachtet und die Wartelisten überall lang. Mit der Vorschrift wolle man auch erreichen, dass es diese besondere Kultur noch lange gibt, „dass sie beschützt und bewahrt wird“. Von der Stadt hieß es am Dienstag auf Nachfrage: „Bisher sind keine Cannabis-Anbau-Vorfälle bekannt. Dass der Anbau in Kleingartenanlagen nicht erlaubt ist, wurde im Februar in die Gartenordnung aufgenommen: Wenn es zum Anbau von Cannabis in Kleingartenanlagen kommen sollte, droht der Person eine Abmahnung und Kündigung“, so Stadtsprecherin Sindy Peukert.
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