Mülheim. Es ging erschreckend schnell: Das jüngste Unwetter überschwemmte Mülheimer Kleingärten. Wieso schon wieder? Betroffene berichten.
In den Kleingärten an der Schenkendorfstraße beseitigen immer noch viele Helfer die Schäden, die das Unwetter vor einer Woche hinterlassen hat. Jeder packt mit an und alles, was nicht mehr zu retten ist, wird aus dem Garten geschafft. Schweren Herzens werden liebgewonnene Sachen auf den Müll geworfen. Nicht nur Wasser, sondern auch Schlamm stand teilweise kniehoch auf den Wiesen und in den eingerichteten Lauben.
„Es ist nicht das erste Mal“, erzählt Thorben traurig und zeigt die Spuren des Hochwassers an den Wänden. „So hoch war es dieses Mal.“ Michelle fügt hinzu: „Man traut sich gar nicht mehr, großartig zu investieren. Man hat gar keine Lust mehr.“
Mülheimer Kleingärtner wurden vom Unwetter heftig erwischt
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Die beiden haben bereits allen Unrat aus ihrer Hütte gekehrt und versuchen nun, den Boden, der mit Schmutz bedeckt und aufgeweicht ist, zu retten. Der Kühlschrank und die Musikanlage wurden durch das Wasser zerstört. Obwohl die Fenster geöffnet sind, spürt man noch die Feuchtigkeit und den Geruch. Auch im Garten hat das Hochwasser Schäden angerichtet. „Sogar unsere Fische sind wieder weggeschwemmt worden“, berichtet Michelle und zeigt auf den kleinen Teich.
Eine Parzelle weiter entsorgt Julia Wölk mit ihrer Familie alle Dinge aus Garten und Laube, die nicht mehr zu gebrauchen sind. Der Schock über das Erlebte sitzt noch tief. „Wir waren vor Ort, und es war einfach unglaublich!“, berichtet sie. „Wir haben gegrillt und uns beim Einsetzen des Regens in die Hütte verzogen. Wir hatten zwar ein Unwetter erwartet, doch dann ging es rasend schnell“, erinnert sie sich. „Das Wasser kam in Schüben und innerhalb kürzester Zeit stand der Garten knietief unter Wasser.“ Daraufhin hatte die Familie beschlossen, lieber zu flüchten.
Kleingärtner: Seit 2007 schon die siebte Überschwemmung
„Man darf nicht zu lange warten“, rät auch Gartennachbar Daniel Hafermann. „Die Kanaldeckel sind übergelaufen, und das Wasser schoss in Wellen den Weg entlang“, berichtet er. Seit 2007 hat er bereits die siebte Überschwemmung hier mitgemacht. „Dieses Mal war es jedoch kein Oberflächenwasser, sondern Abwasser“, vermutet Hafermann. Kein schöner Gedanke. Sorgen macht er sich, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis Menschen zu Schaden kommen. Der öffentliche Weg vor der Kleingartenanlage führt zum Rhein-Ruhr-Zentrum. Er habe beobachtet, wie eine Frau ihr Rad durch die Wassermassen geschoben hat. „Der Lenker war nicht mehr zu sehen. Nicht auszudenken, wenn das Wasser ein Kind überrascht hätte.“
Ein großes Lob sprechen alle Geschädigten den Feuerwehrkräften aus, die fünf bis sechs Stunden ununterbrochen im Einsatz waren und das Wasser abgepumpt haben. „Die waren wirklich toll!“, bedankt sich Julia Wölk. „Bis fast zwei Uhr in der Nacht waren sie hier im Einsatz und haben sich um alles gekümmert.“
Probleme durch Renaturierung des Borbecker Mühlenbachs?
Doch woher kam das Wasser? Die Kleingärtner befürchten einen Zusammenhang mit der Renaturierung des Borbecker Mühlenbachs, der direkt neben der Anlage verläuft. „Es gab immer Probleme mit dem Bach. Deshalb hatte man Rohre verlegt und ein Überlaufbecken gebaut“, erklärt Daniel Hafermann. „Ein Weg wurde aufgeschüttet, doch wurde scheinbar noch nicht alles richtig gemacht.“
Auf Nachfrage bei der Emschergenossenschaft bestätigt deren Sprecherin Meike Delang, dass die Renaturierung des Borbecker Mühlenbachs noch nicht abgeschlossen sei und weitere Maßnahmen geplant seien. Der Bach entspringt in Essen-Bredeney, wird unter der Autobahn A 52 und der Messe Essen hindurchgeleitet und durchfließt den Grugapark. Später bildet er die Stadtgrenze zwischen Essen und Mülheim. Der Bachlauf wurde während der Industrialisierung kanalisiert, seit 2010 wird er renaturiert.
Emschergenossenschaft: Kanäle sind übergelaufen
Jedoch war er in diesem Fall offenbar nicht für das enorme Hochwasser verantwortlich. „Das Wasser kam nicht aus dem Bach, sondern aus den Kanälen“, so die Sprecherin der Emschergenossenschaft. „Bei dem Starkregen handelte es sich tatsächlich um ein Ereignis, das es so nur ein Mal in 100 Jahren gibt.“ Für diese Wassermassen seien die Kanäle nicht ausgelegt, und dadurch entstand die Überschwemmung, erläutert Meike Delang.
„Natürlich hatte der Borbecker Mühlenbach durch den Starkregen ebenfalls Hochwasser, aber er ist nicht übergelaufen“, ergänzt sie. So habe die begonnene Renaturierung bereits Erfolge gezeigt. „Das Problem ist, dass es zu wenig Flächen gibt, wo Regenwasser noch versickern kann. So überlasten die Kanäle.“
Anwohner beobachten: Wasser sammelt sich in einer Grube
Nach Rücksprache mit Nachbarn der Kleingartenanlage muss noch einmal die genaue Herkunft des Wassers betont werden, da die Überschwemmung laut ihren Beobachtungen nicht alleine an den übergelaufenen Kanälen lag. „Früher war der Bach stets der Grund für Überschwemmungen“, berichtet Julia Wölk, die sich mit langjährigen Anwohnern ausgetauscht hat. „Die Renaturierung des Borbecker Mühlenbachs hat wirklich Erfolg gezeigt“, bestätigt sie die Aussage der Emschergenossenschaft. Jedoch resultierte durch diese Renaturierung eine Grube.
„Der Weg wurde aufgeschüttet, und dadurch entstand der Höhenunterschied. Die Senke war nicht geplant, hat keinen Zweck zu erfüllen, sondern bildete sich zufällig dort.“ Bei Regen füllt sie sich, jedoch fehlt eine Möglichkeit, wie das Wasser von dort abgeleitet werden kann. „Auch bei normalem Regen läuft sie bereits über, aber beim letzten Starkregen ist die Grube so übergelaufen, dass sie dabei den größten Schaden angerichtet hat“, so Julia Wölk. „Es wäre toll, wenn die Emschergenossenschaft sich das entstandene Problem noch einmal anschauen könnte. Vielleicht lässt sich da eine Lösung finden“, hofft sie.