Mülheim/Essen. Grundversorger Eon verlangt in Essen und Mülheim extreme Preise jenseits der Strompreisbremse. Ist das schon Missbrauch? Wie die Kontrolle läuft.
Mehr als 30 Milliarden Euro hat der Bund bis Ende Oktober schon in die Energiereisbremsen gepumpt, um die Verbraucher seit Jahresbeginn von immens gestiegenen Kosten für Strom, Gas und Fernwärme zu entlasten. Obwohl die Börsenpreise für Strom aber wieder deutlich gesunken sind, bis weit unter die Strompreisbremse von 40 Cent pro Kilowattstunde, fließt Geld vom Staat an Energielieferanten, die an Preisen jenseits dieser 40 Cent festhalten. So etwa an Stromgrundversorger Eon in Essen und Mülheim. Droht ihm ein Missbrauchsverfahren?
Ein Vergleich der Stromtarife für Mülheim und Essen zeigt, dass Eon in seinem Grundversorger-Tarif aktuell weit höhere Preise von Verbraucherinnen und Verbrauchern verlangt als Dutzende Wettbewerber. Eon hält weiter an seinem hohen Kilowattstunden-Preis von 49,445 Cent fest, der seit Juni gilt. Wettbewerber bieten die Kilowattstunde mittlerweile weit unter der Preisbremse an.
Eon lässt sich seinen hohen Preis in der Grundversorgung vom Staat und damit letztlich vom Steuerzahler subventionieren. Denn Stromversorger können per Antrag ihren Anspruch geltend machen, die Differenz zwischen staatlich festgesetztem Höchstpreis (40 Cent/kWh) und vom Kunden erhobenen Lieferpreis vom Staat ersetzt zu bekommen. Und das, obwohl der Branchenriese im ersten Halbjahr 2,3 Milliarden Euro netto als Gewinn hatte ausweisen können. Bereichert sich Eon also auf Kosten der Allgemeinheit?
Bundeskartellamt: „Die Missbrauchsaufsicht über die Energiepreisbremsen ist komplex“
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Im Gesetz zur Strompreisbremse ist ein Missbrauchsverbot für Energielieferanten festgeschrieben. In Paragraf 39 heißt es dazu, dass Versorger im Zweifel die Darlegungs- und Beweislast tragen. Sie müssen ihre Preise jenseits der 40-Cent-Deckelung sachlich begründen können – etwa darlegen, dass sie sich zu entsprechend hohen Preisen Vorrat an den Strombörsen zugelegt hatten und deshalb den Preis weiterhin hoch ansetzen müssen. Für eine Missbrauchsprüfung (auch bei den Preisbremsen für Gas und Fernwärme) ist das Bundeskartellamt bestimmt.
Anfang des Jahres hat das Kartellamt die Missbrauchsaufsicht übernommen, um ungerechtfertigte staatliche Entlastungen möglichst zu verhindern. „Die Missbrauchsaufsicht über die Energiepreisbremsen ist komplex“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Kartellamtes, zur Aufgabe, die Steuerzahler vor Ausbeutung durch die Energieversorger zu schützen. Mundt zieht aktuell eine Zwischenbilanz: „Mittlerweile laufen drei Tranchen von Prüfverfahren bei Gas, Fernwärme und Strom.“ Sollte Missbrauch festgestellt werden, wären Zahlungen nicht nur rückabzuwickeln. Auch kann das Kartellamt Geldbußen verhängen.
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Der Bund hat bis jetzt 31,2 Milliarden Euro an Energielieferanten gezahlt
Dass es sich bei den Prüfungen nicht um Peanuts handelt, macht eine aktuelle Abfrage beim Bundeswirtschaftsministerium deutlich. Mit Stand zu 31. Oktober habe der Staat insgesamt im Rahmen der Preisbremsen (einschließlich Soforthilfe und Netzentgelte) rund 31,2 Milliarden Euro an Energieversorgungsunternehmen ausgezahlt. 11,6 Milliarden Euro flossen bis jetzt im Rahmen der Strompreisbremse als Ausgleichszahlungen.
Wie viel Geld Eon aus den Ausgleichszahlungen verbucht hat, ist unbekannt. Da es sich bei den Missbrauchsprüfungen noch um laufende Verfahren handele, macht die Kartellbehörde keine Angaben dazu, gegen welche Unternehmen konkret Verfahren eingeleitet sind oder anstehen. Eon wäre wohl ein Kandidat für eine Prüfung, der Konzern hält sich selbst aber auch bedeckt, ob seine Preisgestaltung etwa in Mülheim und Essen Gegenstand einer aktuellen Prüfung ist.
Eon rechtfertigt sich: Bis Ende Mai seien Preise auch sehr niedrig gewesen
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In der Konzernzentrale gibt man sich entspannt: „Selbstverständlich halten wir uns immer an die gesetzlichen Vorgaben – darauf können sich unsere Kundinnen und Kunden verlassen“, teilte ein Sprecher am Freitag mit. Die Kontrolle der Kartellwächter sei im Übrigen zu begrüßen. Die Behörde achte darauf, „dass sich alle Marktteilnehmer an das ,Fair Play’ halten. Wie wichtig seriöser Wettbewerb ist, hat sich gerade zu Beginn der Energiekrise gezeigt, als wir nach den Liefereinstellungen unseriöser Wettbewerber kurzfristig zahlreiche Kunden auffangen mussten.“
Den aktuell unvergleichbar hohen Preis in Mülheims und Essens Grundversorgung begründete der Eon-Sprecher dabei nicht, verwies stattdessen darauf, dass die Kunden in der Grundversorgung bis Ende Mai auch von einem konkurrenzlos günstigen Kilowattstundenpreis von 30,85 Cent profitiert haben, als die Preise anderer Versorger blitzschnell in die Höhe geschossen waren. „Das galt somit auch für die Zeiten extrem hoher Börsenstrompreise“, so der Sprecher. Ergäben sich für Eon Spielräume für Preissenkungen, „nutzen wir diese selbstverständlich“.
Kartellamts-Chef Mundt ermuntert zum Anbieterwechsel: „Es lässt sich viel Geld sparen“
Zur allgemeinen Lage am Markt der Energieversorgung stellt Kartellamtschef Mundt derweil mit Blick auf die aktuellen Verbraucherpreise bei Strom- und Gas fest, „dass der Wettbewerb nach wie vor funktioniert, auch wenn die Preisbremsen hier eine gewisse dämpfende Wirkung entfalten.“ Es gelte mehr denn je der Appell an Verbraucher, den Anbieter zu wechseln, wenn ihnen die Preise zu hoch erscheinen. „Man findet aktuell zahlreiche attraktive Angebote auch unterhalb des Preisbremsen-Niveaus“, so Mundt. „So lässt sich viel Geld sparen und ein wettbewerblicher Druck auf die Anbieter ausbauen.“
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