Mülheim. Nach der Geldautomaten-Sprengung bei der Volksbank in Mülheim-Saarn: Kunden stehen vor verschlossener Tür, Anwohner erzählen aus der Tat-Nacht.
Nach der Sprengung eines Geldautomaten in einer Filiale der Volksbank Rhein-Ruhr ist noch unklar, wann die Bank ihren Geschäftsbetrieb in Mülheim-Saarn wieder aufnehmen kann. Die Bewohner des Hauses indes haben schlaflose Nächte hinter sich.
„Genau hier drunter ist der Automat explodiert“, sagt Susanne Stanko und deutet von ihrem dunklen Sofa nach unten. Zwei Räume weiter hat sie in der Nacht geschlafen, als Unbekannte in der Nacht zum vergangenen Samstag gegen 1.26 Uhr an der Düsseldorfer Straße im Dorf Saarn den Geldautomaten gesprengt hatten. „Zuerst habe ich gedacht, da wäre etwas Schweres gefallen“, beschreibt die 62-Jährige den Moment, als sie von dem Knall aufgewacht ist. Als sie dann aber aus ihrem Fenster vorne raus auf die Düsseldorfer Straße gesehen hat, stieg bereits Qualm auf. „Da war alles vollgenebelt. Und dann habe ich gesehen, wie der Roller weggefahren ist.“
Anwohner werden nach der Geldautomaten-Sprengung in Saarn in einem Bus betreut
Bislang, sagt die Saarnerin, habe sie sich in ihrer Wohnung direkt über der Volksbank, in der sie seit acht Jahren wohnt, sehr sicher gefühlt. Dass eines Tages mitten in der Nacht direkt unter ihrem Wohnzimmer ein Geldautomat in die Luft gesprengt wird, das hätte sich Susanne Stanko nie träumen lassen.
„Zwei Minuten später war die Polizei schon da, hat alles abgesperrt.“ Die Beamten holten die Bewohner aus dem Haus, führten sie Richtung Reitsport Bellscheidt. „Dort stand ein Bus, in dem wir betreut worden sind.“ Es sollten Stunden vergehen, bis die Mieter zurück in ihre Wohnungen gelassen wurden – gegen fünf Uhr in der Früh sei das gewesen. „Währenddessen haben wir im Bus gesessen und ein bisschen gequatscht, eine Nachbarin von gegenüber hat uns mit Tee und Kaffee versorgt.“ Trotz des Schrecks in den Knochen habe sie sich die ganze Zeit über gut aufgehoben gefühlt, sagt die 62-Jährige.
Bewohnerin des betroffenen Hauses: „Die Täter bringen sich doch selbst in Gefahr.“
„Noch in der Nacht ist die Statik überprüft worden“, berichtet die Mieterin und atmet hörbar auf: „Dass nicht mehr passiert ist...“ Geistesgegenwärtig habe ein Nachbar direkt nach dem Knall die Gasleitung abgesperrt. Da war auch der Keller schon verqualmt. Susanne Stanko schüttelt den Kopf: „Die Täter bringen sich doch selbst in Gefahr. Aber die machen anscheinend vor nichts mehr Halt.“
Nach Zeugenaussagen geht die Polizei von zwei Tätern aus, die sich am Ende mit einem Motorroller aus dem Staub gemacht haben sollen. Eine großangelegte Fahndung der Polizei, auch unter Hubschrauber-Einsatz, war erfolglos geblieben. Auch am Montag hatte sich der Ermittlungsstand nicht verbessert, berichtete eine Sprecherin der Polizei.
Nach Automaten-Sprengung: Volksbank in Mülheim-Saarn bis auf Weiteres geschlossen
Auch interessant
Am Montagmorgen blieb die Filiale des Geldinstitutes gesperrt. Volksbank-Sprecherin Claudia Behrens vermochte noch nicht zu sagen, wann der Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Das führte mitunter zu Missmut vor der verbarrikadierten und mit Polizei-Flatterband abgesperrten Tür. Eine Kundin schaut den Bankmitarbeiter, der durch einen Türspalt nach draußen lugt, mit großen Augen an und betont, sie müsse doch an den Automaten, um etwa ihre Miete zu regeln. Keine Chance, macht der Bank-Mitarbeiter ihr klar: „Das Computerterminal ist im Eimer, da müssen Sie nach Speldorf oder in die Innenstadt.“
Auch Renate Thewes steht am Montagvormittag vor den Glasscheiben, die jetzt ein gesplittertes Muster ziert. Die Saarnerin wollte eigentlich Bargeld ziehen. „Nicht so wichtig, dann hole ich das Geld woanders“, sagt sie und schüttelt mit dem Kopf: „Dass so etwas Schreckliches hier mitten im Dorf passiert.“
Haufen von zersplittertem Sicherheitsglas im Eingang der Saarner Volksbank
Öffnet ein Bank-Beschäftigter die provisorische, aus Holz gezimmerte Eingangstür einen Spalt, wird das Ausmaß der Detonation deutlich: Stücke des zersplitterten Sicherheitsglases sind zu kleinen Haufen zusammengekehrt, die Deckenvertäfelung hängt stellenweise herab, die schwere Panzertür, die zu dem gesprengten Geldautomaten gehörte, liegt auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, hat einen Tisch niedergemäht, einen Serviceautomaten verbeult, ein Loch in die Wand geschlagen und einen Sitz der Holzbank abrasiert.
Ein Vor-Ort-Termin mit der Versicherung stehe noch aus, sagt Volksbank-Sprecherin Behrens, ein Gutachter werde die Schäden noch aufnehmen und den Gesamtschaden beziffern müssen. „Bevor die Versicherung nicht da war, können wir noch nicht einmal aufräumen“, so die Sprecherin.
Hauseigentümer: „Warum werden nicht die höchsten Sicherheitsstandards angewendet?“
Dass der Vermieter den Vorfall zum Anlass nehmen könnte, der Volksbank zur Sicherheit seiner sonstigen Mieter den Mietvertrag aufzukündigen, sieht Behrens nicht. Bereits am Montagmorgen habe es einen Austausch mit dem Vermieter gegeben, die Volksbank tue nun ihr „Menschenmögliches“.
Gleichwohl sagt der Eigentümer des Hauses, der namentlich nicht genannt werden möchte: „Ich kann nicht verstehen, dass nicht die höchsten Sicherheitsstandards angewendet werden und das Bargeld so präpariert ist, dass es entweder vernichtet oder gefärbt wird, wenn ein Automat gesprengt wird.“ In anderen Ländern seien längst Vorkehrungen getroffen worden, die es Bankräubern beinahe unmöglich machten, Automaten zu sprengen. „Warum nicht auch bei uns“, fragt der Immobilienbesitzer und verweist darauf, dass Banken vermehrt dazu übergingen, Geldautomaten nicht mehr in Gebäuden, sondern außerhalb unterzubringen.
Sprengungen auch schon mal bei Geldautomaten an Mülheims Heifeskamp und Hafen
Nach ersten Einschätzungen der Volksbank ist der Schaden durch die Automatensprengung nicht so schwerwiegend wie in anderen Fällen. Die Volksbank Rhein-Ruhr hat laut Behrens schon einige Automaten-Sprengungen erlebt, so in den Filialen Duisburg-Walsum, Duisburg-Röttgersbach, Oberhausen-Osterfeld und Ratingen-Lintorf. Auch waren schon mal ein Automat im Kaufland am Heifeskamp und vor einigen Jahren ein Automat im ehemaligen Real-Markt am Hafen Ziel von Kriminellen und entsprechenden Sprengstoff-Attacken.
In Planung sei, alle Geldautomaten-Standorte der Volksbank mit sämtlichen in Deutschland zugelassenen Sicherungssystemen zu schützen, so Behrens. Dazu zählten etwa der Einsatz von Farbpatronen, die die erbeuteten Geldscheine unbrauchbar machten, ebenso Vernebelungstechnik. Letztere habe es in Saarn noch nicht gegeben, die Lieferzeiten für solche Systeme seien „unfassbar lang“, so die Sprecherin. Sicherungsmaßnahmen wie etwa die Verklebetechnik in den Niederlanden seien in Deutschland nicht zugelassen. Der Zugang zum Geldautomatenbereich in der Saarner Mitte war im Übrigen, wie bei der Volksbank üblich, zwischen 22 Uhr am Abend und 6 Uhr am Morgen, verriegelt.
Die Volksbank plant, ihre Saarner Filiale schnellstmöglich wieder zu öffnen. Noch aber ist unklar, wann das der Fall sein kann.
Geldautomaten-Sprengung in Mülheim – Lesen Sie auch:
- Neueste Geldautomaten: Vierfach gegen Sprengung gesichert
- Nach Automatensprengung und Pkw-Brand: Vier Männer gefasst
- Krimi nach Geldautomaten-Sprengung: Täter in Venlo gefasst
- Sparkasse Mülheim will Automatenknacker mit Nebel vertreiben
- Automatensprengung in Mülheim: Brachiale Gewalt, kein Geld
>> Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden: Weitere Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Sie wollen keine Nachrichten aus Mülheim verpassen? Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter! +++ Haus, Wohnung, Grundstück - Alles zum Wohnen und Bauen in Mülheim +++ Gastronomie in Mülheim - Hier finden Sie unsere Extra-Seite dazu. +++ Einkaufen in Mülheim - Unsere Extra-Seite zum Handel +++ Hier geht es zum Mülheimer Freizeitkalender. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Blaulicht! Hier geht es zu XHTML Gerichtsreporter Aktuellste Podcast-Folge WAZ-only