Mülheim. In Mülheim untermauerten die Grünen ihre Lust aufs Regieren. Ein Minister machte dabei deutlich, dass grüne Kernthemen nicht alles seien.

Selbstbewusst und zufrieden präsentierten sich die Grünen bei ihrem Maiempfang am Freitagabend im Restaurant „Caruso“ in der Mülheimer Stadthalle. Bund, Land und Kommune: Die Partei will noch mehr Regierungsverantwortung.

Zu Beginn blickte die Vorstandssprecherin des Mülheimer Kreisverbandes, Kathrin Rose, auf die Wahlerfolge zurück, die die Grünen in Verantwortung in Bund, Land und Mülheim gebracht hatten; in Mülheim standen bei der Kommunalwahl 2020 gar 23,4 Prozent zu Buche. Die Krisen der Gegenwart verlangten der Politik Mut zur Veränderung ab, dem wolle man gerecht werden, auch mit Beharrlichkeit. Roses Anspruch dabei: „Wenn Grüne mitregieren, dann soll es den Unterschied machen.“

Grünen-Fraktionssprecher zur Koalition in Mülheim: „Vertrauensvoll und gut abgestimmt“

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Lokalpolitik kam aber doch kaum zur Sprache an diesem Abend. Nach knapp zweieinhalb Jahren Koalition mit der CDU in Mülheims Stadtrat drückte Fraktionssprecher Tim Giesbert nur seine Zufriedenheit aus, mit der Union als Partnerin eine „vertrauensvolle und gut abgestimmte Politik“ für die Stadt machen zu können. „Gemeinsam geht es besser“ – das sei das Motto, mit dem man Mülheim voranbringen wolle. Man habe „angefangen, was zu bewegen“, verzichtete Giesbert allerdings darauf, konkret zu werden, und habe „noch eine ganze Menge vor“.

Das hat auch der grüne NRW-Justizminister Benjamin Limbach, der Mülheim als hochrangiger Gastredner erstmals überhaupt besuchte und sich gleich freute, dort mit Ex-Ministerin Bärbel Höhn „ein Urgestein grüner Regierungsbeteiligung“ zu treffen. Limbach gab sich ambitioniert in der Hoffnung, womöglich nach der nächsten Wahl eine grüne Ministerpräsidentin stellen zu können.

Auch zu Gast in Mülheim: die ehemalige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn.
Auch zu Gast in Mülheim: die ehemalige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

NRW-Justizminister Limbach: Auch starke Strafverfolgung ist ein grünes Anliegen

Sein Gastbeitrag war darauf aus, die grüne Basis mitzunehmen, auch in Politikfelder, die manch einer in der Partei nicht gleich auf dem Zettel haben dürfte, wenn es darum geht, in Verantwortung für die Entwicklung des Staatswesens zu gehen. Häufig hätten sich die Grünen in der Vergangenheit schwergetan mit der Rechts- und Innenpolitik, bemerkt Limbach jedoch eine Trendwende bei vier grünen Justizministerinnen und -ministern in den Bundesländern. Jetzt sei nur noch offen, mal in die Führung eines Innenministeriums zu gehen.

An seinem Ressort suchte Limbach zu verdeutlichen, das ein grüner Justizminister mehr Sinn mache, als nur mit dem Ziel in die Landesregierung zu gehen, Innenminister Reul zu kontrollieren (bei dem dies ohnehin nicht möglich sei). Limbach sieht grüne Urthemen im Justizressort verortet, sei es der Schutz individueller Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe oder eines weitestgehend selbstbestimmten Lebens für alle Menschen. Als dritte Säule grüner Rechtsstaatspolitik untermauerte Limbach schließlich die Notwendigkeit, eben jenen Schutz auch durch eine starke Strafverfolgung abzusichern, etwa um zunehmender Hasskriminalität, Gewalt gegen Frauen, Diskriminierung, Antisemitismus oder Rassismus zu begegnen.

Lützerath und Co.: Mülheims Grüne Jugend will unbequem bleiben

Am Ende machten noch Christina Dimoudas und Konstantin Elbe für Mülheims Grüne Jugend deutlich, dass sie als Nachwuchsorganisation der Partei auch in Zeiten eigener Regierungsbeteiligungen nicht davor zurückscheuten, parteiinterne Konflikte auszutragen. Ob Pflegenotstand bei gleichzeitig enormen Gewinnen privater Krankenhausbetreiber, das renditeträchtige Abbaggern des Braunkohlereviers bei Lützerath oder eine „neoliberale Sparpolitik in Berlin“: All dies verlange „mutiges politisches Handeln“, das die Grüne Jugend weiter einfordern werde.

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