Mülheim. CDU und Grüne haben sich auf eine Zusammenarbeit in Mülheims Stadtrat verständigt. Die Voten für eine Kooperation fielen deutlich aus.

Rund vier Monate nach den Kommunalwahlen steht das schwarz-grüne Bündnis für den Mülheimer Stadtrat. CDU und Grüne machten dafür jetzt den Weg frei.

Während der CDU-Parteivorstand seine Entscheidung in einer nichtöffentlichen Runde traf, kamen 43 Grüne digital zu einer öffentlichen Mitgliederversammlung zusammen. An deren Ende stand ein einstimmiges Votum: 39 Mitglieder stimmten für den im Vorfeld vorgelegten Kooperationsvertrag mit der CDU, nur vier Mitglieder enthielten sich. Bei der CDU, die die Voten der Parteitagsdelegierten über ihre Ortsverbände und Vereinigungen eingeholt hatte, war das Ergebnis ebenso eindeutig: Am Ende standen 85 Stimmen für die Kooperation mit den Grünen, es gab je zwei Enthaltungen und Gegenstimmen.

Jaskolla (Grüne): Bündnis kann Horizonte für grüne Politik eröffnen

Am Mittwoch präsentierten sich die Spitzen von Partei und Fraktion der neuen Bündnispartner in großer Harmonie. Schon tags zuvor hatte Grünen-Parteisprecher Fabian Jaskolla seine Hoffnung ausgedrückt, die Zusammenarbeit mit der CDU könne trotz der besonderen Last des "sehr maroden Haushaltes" grüner Politik "Horizonte eröffnen, die wir alleine nicht erreichen könnten". Wechselnde Mehrheiten, mit denen man in der Vergangenheit habe operieren müssen, schafften hingegen "keine Politik mit klarer Handschrift".

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"Ich freue mich sehr, dass es zu dieser großen Zustimmung gekommen ist, und freue mich auf die Zusammenarbeit", hatte Parteichefin Astrid Timmermann-Fechter noch am Montagabend gesagt. Das Votum sei "ein Vertrauensvorschuss". Auch das Abstimmungsergebnis der Grünen sei "super; die Arbeit kann losgehen", so Timmermann-Fechter.

Timmermann-Fechter (CDU) ruft "Neubeginn für unsere Stadt" aus

Beide Seiten betonten das gewachsene Vertrauen und ihre Zuversicht, einen "Neubeginn für unsere Stadt" (Timmermann-Fechter) in die Wege leiten zu können. Inhaltlich konnten beide Seiten im Bündnispapier Duftmarken setzen. Die Grünen haben insbesondere ihre ökologische Sichtweise in verschiedensten Bereichen, von der Stadtplanung bis hin zur Mobilität, verankern können. Für die CDU stellte Timmermann-Fechter heraus, dass ein besonderes Augenmerk der wirtschaftlichen Entwicklung mit den Ansiedlung innovativer Unternehmen und Start Ups und dem Bereich Sicherheit und Ordnung gewidmet worden sei.

Schon in Kürze wird das neue Ratsbündnis eine erste Bewährungsprobe zu bestehen haben, wenn der Haushalt für 2021 zu verabschieden ist. Kürzungspläne des Stadtkämmerers bei Zuschüssen für Kita-Träger und bei den Standards im Offenen Ganztag liegen auf dem Tisch. Schwarz-Grün muss sich positionieren.

Haushaltsentscheidung wird erste Bewährungsprobe für Schwarz-Grün

Insbesondere die Spitzen der Grünen machten am Dienstag deutlich, dass sie nach Alternativen fahnden, um die Kürzung im OGS-Bereich nicht so hoch ausfallen zu lassen wie vom Kämmerer skizziert. Fraktionssprecherin Franziska Krumwiede-Steiner sieht "da noch Möglichkeiten". Was die Alternativen sein könnten, wollte am Dienstag aber niemand sagen.

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Der Druck, den die gestartete Petition in der Sache mache, komme "gerade recht". Denn es gelte auch gegenüber der Finanzaufsicht der Düsseldorfer Bezirksregierung klarzumachen, dass es mit Blick auf die Zukunft womöglich widersinnig sei, "Strukturen kaputtzumachen, um später wieder Mittel dafür reinzugeben". CDU-Faktionschefin Christina Küsters unterstrich, dass man einen hohen OGS-Standard in Mülheim halten wolle. Schwarz-Grün habe noch dreieinhalb Wochen, einen Kompromiss zwischen Anspruch und Sparzwang zu finden.

Kein Flächenverbrauch im Grünen, Mini-Konsens in der Flughafen-Frage

Der Kooperationsvertrag schreibt fest, was die Wahl zugunsten von Schwarz-Grün wohl auch entscheiden haben dürfte: Es soll keine weitere Flächenversiegelung im Grünen geben. Insbesondere eine wirtschaftliche Entwicklung soll auf brachliegenden Flächen möglich gemacht werden.

Die Koalitionäre sprechen viel von ihrem erreichten Konsens. In zahlreichen Punkten wird sich eine gemeinsame Linie aber noch rauskristallisieren müssen, etwa zur Perspektive des Flughafen-Areals, zu der es in der Kooperationsvereinbarung lediglich heißt, dass man mit den Essener Partnern den Masterplan-Prozess zur zukünftigen Nutzung weiterführen wolle - "ergebnisoffen". Auf ein Bekenntnis zu ihrem Ausstiegsbeschluss zum Flughafenbetrieb verzichtet das Bündnis.

Bündnis will "verschleppte Entscheidungen" nachholen

Ähnlich offen bleiben Fragen zur Zukunft des Nahverkehrs oder zur VHS. Hier wird etwa die Zukunft des Straßenbahnbetriebs auf dem Kahlenbergast weiter offen gehalten, dort gibt es zumindest die Festlegung, "unter den schwierigen Rahmenbedingungen eine Nutzung des Gebäudes an der Bergstraße auch als VHS wieder ermöglichen" zu wollen.

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"Viele Entscheidungen sind in den vergangenen Jahren verschleppt worden", betonte Grünen-Parteisprecherin Kathrin-Rosa Rose am Dienstag indes den Willen der Koalitionäre, in dieser Hinsicht das Eis brechen und Entscheidungen herbeiführen zu wollen.