Mülheim. Verunsichert ist die FWH-Belegschaft nach der Aussage, dass der Pachtvertrag womöglich nicht verlängert wird. So ist die Stimmung im Betrieb.
Sind die Tage der traditionsreichen Friedrich-Wilhelms-Hütte (FWH) gezählt? Die Aussagen der Grundstückseigentümerin zu einem möglichen Auslaufen des Pachtvertrages hatte bei der Belegschaft der FWH Verunsicherung und Empörung ausgelöst. Jetzt brachten FWH-Beschäftigte ihre Sorge im Planungsausschuss zum Ausdruck.
Rund 50 Mitarbeiter der FWH Stahlguss GmbH hatten am Dienstag die Besuchertribünen des Ratssaals besetzt, um aus erster Hand den Sachstandsbericht für die Planungen des Projektes Mülheim-West zu erfahren, die auch Auswirkungen auf ihre Arbeitsstätte haben könnten.
Aussage über Pachtvertrag für Mülheimer Hütte sorgt für Unruhe in der Belegschaft
Denn nachdem Anne-Marie Großmann, Geschäftsführerin der Georgsmarienhütte (GMH) Gruppe, die Eigentümerin des Firmenareals ist, bei einer Bürgerversammlung zu Planungen für Mülheim-West erwähnt hatte, dass der Pachtvertrag für die Produktionsstätte möglicherweise nicht verlängert wird, da sich das Entwicklungsgebiet von Industrie lösen und sich zu einem urbanen Quartier entwickeln solle, war die FWH-Belegschaft nach Schilderungen des Betriebsrates Götz Lemler fassungslos.
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Für die Beschäftigten der Hütte sei diese Nachricht ein Schlag vor den Kopf gewesen, berichtet der Betriebsrat. Denn die Auftragslage – vor allem bedingt durch Produktion für die Rüstungsindustrie – sei derzeit gut, das hatte die Geschäftsführung bestätigt und angekündigt, weitere neue Arbeitsplätze schaffen zu wollen.
FWH-Betriebsrat und IG-Metall verweisen darauf, dass die Mülheimer Hütte expandiert
Wie das zusammen passt – ein mögliches Auslaufen des Pachtvertrages und der Ausbau der Kapazitäten – fragt sich auch Gewerkschaftssekretär Dirk Horstkamp von der IG Metall: „In der Deutlichkeit ist das vorher nie besprochen worden. Es wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bestand zu berücksichtigen ist. Mit der Aussage von Frau Großmann ist das alles vom Tisch gewischt.“ Zu dem unübersehbaren Besuch der FWH-Mitarbeitenden im Planungsausschuss – viele hielten Transparente hoch – sagt der Gewerkschafter: „Wir wollen der Stadt frühzeitig signalisieren, dass man die nötigen Schritte unternimmt, um die FWH mitzudenken. Denn da wird eher expandiert als zurückgebaut.“ Die Forderung der IG Metall: „Die Stadt muss in Vorleistung gehen und Planungen so vorbereiten, dass auf den Grundstücken keine anderweitige Bebauung möglich ist und Frau Großmann eine deutliche Absage erteilt zum Wohnen an der Ruhr.“
Auch FWH-Betriebsrat Götz Lemler hat den Eindruck gewonnen, dass es „ums große Geld geht, weil sich mit Wohnbebauung mehr verdienen lässt“. Ein denkbares Szenario könne auch sein, dass der Mehrheitsanteilseigner Krauss-Maffei Wegmann die betreffenden Grundstücke kaufe, um den Produktionsstandort zu sichern, schildert Lemler, der unterstreicht, wie lange die FWH bereits die Stadtgeschichte und -silhouette Mülheims beeinflusst.
Im Planungsausschuss bezog auch Oberbürgermeister Marc Buchholz Stellung: „Uns ist es wichtig, dass wir diese Fläche wieder für Industriearbeitsplätze beplanen und weiterentwickeln können.“ Aktuell koordiniere man einen Gesprächstermin mit dem FWH-Betriebsrat, der Grundstückseigentümerin sowie den Mehrheits- und Minderheitsanteilseignern. Erst kürzlich war der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) bei der FWH Stahlguss GmbH eingestiegen, hatte 80 Prozent der Gesellschafteranteile übernommen. 20 Prozent verblieben beim strategischen Finanzinvestor CE Capital.
Tenor im Mülheimer Planungsausschuss: Industriearbeitsplätze erhalten
Zur Wahrheit gehöre aber auch, schlug der OB den Bogen zu Zeiten schlechterer Auftragslage bei der FWH, dass die Produkte, die jetzt in den Hallen der Hütte an der Friedrich-Ebert-Straße gefertigt werden, „auch wieder zur Diskussion gestellt werden, wenn die Situation in der Welt wieder eine andere ist“.
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Generell stimmten die Vertreter des Planungsausschusses darin überein, dass Industriearbeitsplätze an dem Standort erhalten bleiben sollten. Filip Fischer (SPD) machte deutlich: „Die Verantwortung liegt in erster Linie bei der Eigentümerin, nichtsdestotrotz gibt es auch eine Gesamtverantwortung, die wir als Stadtgesellschaft tragen. Wir müssen uns auch starkmachen für die industriellen Arbeitsplätze. Niemand stellt sich gegen eine Weiterentwicklung des Areals – aber dann doch bitte mit dem einzigen Szenario der Erhaltung der Arbeitsplätze und das ist in erster Linie die Friedrich-Wilhelms-Hütte.“
Mülheimer Grüne und CDU-Mittelstandsunion sprechen sich für Erhalt der FWH aus
Brigitte Erd (Grüne) erinnerte daran, dass „wir für Gewerbeflächen sogar schon beste Ackerböden zur Verfügung stellen wollten. Ich wüsste deswegen nicht, warum wir den Beschluss fassen sollten, diese Gewerbefläche gegen etwa anderes auszutauschen.“ Ähnlich argumentierte auch Peter Beitz (FDP): „Auf den wenigen Flächen, die wir noch haben, sollten wir noch selbst produzieren. Bevor ich irgendwo einen Fahrradweg durchlege, mache ich alles, damit dort weiter Industrie produziert werden kann.“
Auch die CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsunion Mülheim (MIT) spricht sich für den Erhalt einer der letzten industriellen Arbeitsplätze am Standort der FWH aus. Die MIT ist der Ansicht, dass sich „ein industrieller Kern sehr wohl in die geplante Urbanisierung gut integrieren lässt“. Daher fordert die MIT, dass die Beibehaltung des verbliebenen Produktionsbereiches der FWH als feste Rahmenbedingung für die Projektentwicklung des Projektes „Mülheim-West“ aufgenommen wird.