Mülheim. Mit dem Projekt „Mülheim-West“ wollen Stadt und andere Eigentümer 39 Hektar in lukrativer Ruhr-Lage entwickeln. Es gibt einen neuen Zeitplan.

Gut Ding will Weile haben, sagt schon der Volksmund. Mülheims Planungen für eine städtebauliche Entwicklung am rechten Ruhrufer, zwischen den Ruhrbania-Baufeldern und Arealen von Aldi-Süd beziehungsweise RWW in Styrum, kommen nicht so schnell voran wie einst gedacht. Planungsamtsleiter Alexander Behringer präsentierte der Politik nun einen neuen Zeitplan.

Satte 39 Hektar (ursprünglich war von 45 Hektar die Rede) umfasst das Plangebiet von „Mülheim-West“ in bester Ruhrlage, das die Stadt Mülheim im Schulterschluss mit den anderen Grundstückseigentümern für die Zukunft neu aufstellen will. Im Mai 2021 hatten hierfür die Stadt, die Friedrich-Wilhelm-Hütte, Thyssenkrupp Schulte, Thyssenkrupp Materials Services, Aldi Süd sowie die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) eine Kooperation in Form einer gemeinsamen Absichtserklärung („Letter of Intent“) besiegelt.

Mülheim-West: Grundstückseigentümer haben „unterschiedliche Zielvorstellungen“

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Seinerzeit hieß es, dass schon im Jahr 2022 ein städtebaulicher Wettbewerb initiiert werden solle, um aufzuzeigen, wie aus brachliegenden Flächen entlang der Ruhr einmal Filetstücke der Stadtentwicklung werden könnten. Ihr gemeinsames Ziel hatten die Projektpartner im Letter of Intent festgehalten: Ziel sei es, zwischen Heinrich-Melzer-Straße im Süden und Burgstraße im Norden „ein zukunftsträchtiges Quartier zu entwickeln, in dem sich vor allem Arbeiten, Produktion, Freizeit und Erholung, Kultur und Event sinnfällig verbinden und gegenseitig zu einer lebendigen und urbanen Mischung ergänzen“. Auch Wohnen stand für Teilbereiche in Rede.

Zum städtebaulichen Wettbewerb kam es in diesem Jahr indes nicht. Offensichtlich war es nicht so schnell gelungen, die Vorstellungen aller Projektbeteiligten darüber, welche Bereiche ihrer Grundstücke sie für welche Art der Entwicklung freigeben wollen, zu konkretisieren. Dies jedenfalls deutete Mülheims Planungsdezernat jetzt in einem Bericht für die Politik an. Es hätten sich im bisherigen Prozess „unterschiedliche Zielvorstellungen“ der jeweiligen Eigentümer ergeben, hieß es da ohne weitere Ausführungen. Man sei noch „in der Findungsphase“ hinsichtlich künftiger Nutzungen. Die Politik forderte hierzu keine konkreten Erläuterungen im Planungsausschuss.

Städtebaulicher Wettbewerb: Siegerentwurf soll Ende 2023 gekürt werden

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Behringer kündigte an, dass sein Amt in diesen Tagen mit ein, zwei Testentwürfen für die Grundstücke und deren mögliche Bebauung und Erschließung rechne. Ein Stadtplanungsbüro ist damit beauftragt worden, die einzelnen Vorstellungen der Eigentümer zusammenzuführen. Auch solle bis Januar noch ein Verkehrsgutachten erstellt werden, um ersehen zu können, was das Straßennetz womöglich an zusätzlichem Verkehr aufnehmen muss und kann. Im März soll es dann eine Bürgerinformations-veranstaltung zum Megaprojekt geben, um anschließend den Feinschliff für die Auslobung eines städtebaulichen Wettbewerbs vorzunehmen. Sollten sich Eigentümer und Politik inhaltlich auf eine gemeinsame Auslobung einigen, soll der Wettbewerb womöglich im September 2023 anlaufen. Ende des Jahres könnte ein Wettbewerbssieger gekürt sein.

Im Grunde genommen sei von einer „sehr konstruktiven Zusammenarbeit“ mit den weiteren Grundstückseignern zu berichten, auch wenn es zur Vertragsausgestaltung „einiges Hin und Her mit Anwälten“ gegeben habe, stellte Planungsamtsleiter Behringer vor der Planungspolitik fest. „Alle sind an einer gemeinsamen Entwicklung interessiert“, sagte er. An den Planungskosten sollen die Eigentümer entsprechend ihrer Grundstücksanteile beteiligt werden.

Stadt Mülheim will Ruhrbania wachsen sehen, Zeitenwende in der Hütte

Nur im Süden, zwischen der Brücke des Radschnellweges und der Konrad-Adenauer-Brücke, verfügt die Stadt mit den Ruhrbania-Baufeldern 3 und 4 selbst über eine der Entwicklungsflächen. Diese hatte sie sich über ein Vorkaufsrecht für das AOK-Areal gesichert. Auf der Fläche soll Ruhrbania samt Promenade eine Fortführung erfahren.

Im Norden der Konrad-Adenauer-Brücke schließt sich das Industrie-Areal der Friedrich-Wilhelms-Hütte an. Die Hütte hat in der Vergangenheit kräftig Personal und Produktionskapazitäten aufgegeben; daher lag es nahe, mit dem Neu-Eigentümer, dem strategischen Investor CE Capital Partners, über die Entwicklung dort womöglich nicht mehr benötigter Firmenflächen ins Gespräch zu kommen . Da der verbliebene Stahlguss auch aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Rüstungsgütern zuletzt aber über volle Auftragsbücher verfügte, könnte die Hütte versucht sein, an der Fläche festzuhalten. Hartnäckig hält sich aber auch das Gerücht, die Hütte könnte Interesse am Vallourec-Firmengelände in Dümpten haben, auf dem Ende 2023 die Röhren-Produktion eingestellt wird.

Politiker sprechen sich gegen Logistik-Ansiedlungen für Mülheim-West aus

Auch nichts Genaues ist verlautbart zu den Plänen der Thyssenkrupp-Betriebe und von Aldi Süd. Der Discounter-Riese hat die Fläche seines ehemaligen Logistikbetriebes mit ins Projekt eingebracht. Mülheimer Planungspolitiker wie Petra Seidemann-Matschulla (CDU) und Sven Deege (SPD) machen sich Sorgen, Aldi könne versucht sein, die Fläche für Logistik zu vermarkten. Weil die Ansiedlung von Logistik wenig neue Arbeitsplätze verspricht und zudem mehr Verkehrsbelastung, steht Mülheims Politik ihr seit Längerem schon nicht zugewandt gegenüber.

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Planungsamtsdezernent Felix Blasch beruhigte die Politik in dieser Hinsicht. In einem Bauleitplanverfahren könne die Politik Logistik-Ansiedlungen immer noch ausschließen. Vor ein paar Jahren, als Aldi Süd das Aus für seinen Mülheimer Logistik-Betrieb verkündete, hatte das Unternehmen nicht ausgeschlossen, dass die Fläche auch genutzt werden könnte, um die in Mülheim, aber auch in Duisburg zerstreuten Einheiten der eigenen Deutschland-Zentrale in Stryum zusammenzuziehen.