Mülheim. Als die Ehe zerbricht, ist sie mit zwei kleinen Kindern auf sich gestellt, ohne Deutsch zu können: Eine Alleinerziehende aus Mülheim erzählt.
Als Alleinerziehende mit viel Eigeninitiative vom Jobcenter zum 40-Stunden-Job – eine Mülheimerin erzählt, wie sie diesen Weg gemeistert hat. Sie möchte anderen Frauen, denen es ähnlich ergeht wie ihr, Mut machen. Doch auch die Rückschläge verschweigt sie nicht.
Ihre Augen leuchten, wenn sie erzählt, dass heute alles „wie geschmiert“ läuft, dass es ihren Kindern gut geht, die Ältere das Gymnasium besucht, dass sie selbst einen tollen Job in einem Team hat, das „wie eine Familie zusammenhält“, ihr Arbeitgeber Homeoffice und flexible Arbeitszeit ermögliche, wenn ihre Tochter oder ihr Sohn sie brauchen. Aber auch das spiegelt sich in ihrem Gesicht wider: Harte Zeiten, auf sich alleine gestellt mit zwei kleinen Kindern, ohne Deutsch zu können, ohne die Strukturen hier zu kennen. „Ich war jahrelang nur mit meinen Kindern zu Hause, mein Ex-Mann hat alles geregelt“, erzählt die 37-Jährige von der Zeit vor ihrer Trennung. Ihren Namen will sie nicht in der Zeitung lesen, zu groß ist die Sorge, dass ihr ihre Geschichte einmal zum Nachteil gereicht.
Für ihren Mann kam sie nach Mülheim – als die Ehe zerbricht, steht sie vor Problemen
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Für ihren Mann war sie aus Frankreich nach Deutschland gekommen, hat ihr Jura-Studium dort abgebrochen – hier sollte sie „nur“ Hausfrau und Mutter sein. Irgendwann aber zieht sie die Reißleine. „Ich musste mein Leben von null aufbauen, mir war alles fremd.“ Vor ihr, so sagt sie, habe sich ein Berg von Problemen aufgetürmt. Doch was sie tief in sich spürt, ist der eiserne Wille, es zu schaffen. Also, sagt die zierliche Frau mit dem französischen Akzent, „bin ich das alles Stück für Stück angegangen.“ Ihre Beharrlichkeit sollte sich auszahlen, trotz einer ganzen Reihe Rückschläge.
Als sie Anfang 2019 nach der Trennung von ihrem Mann zum ersten Mal beim Jobcenter auf ihre Casemanagerin Gertrud Breuer trifft, erzählt die zweifache Mutter von ihrem Traum: „Ich wollte immer Hebamme werden.“ Ein Praktikum bei einer Hebamme in Duisburg bekräftigt den Wunsch, doch es findet sich kein freier Ausbildungsplatz. „Während der Wartezeit habe ich in der Altenpflege gearbeitet“, berichtet die Mülheimerin – bis ihr Rücken die körperlich beschwerliche Arbeit nicht mehr mitmacht. „Der Arzt hat mir verboten, weiter so zu arbeiten, sonst würde der Rücken noch viel schlimmer.“ Damit war auch das Hebammen-Dasein gestorben. „Eine riesige Enttäuschung“, schildert die heute 37-Jährige. Wieder zurück auf null, so habe sich der geplatzte Traum angefühlt.
Kinderbetreuung ist für Alleinerziehende eine Hürde
Dass geschmiedete Pläne mitunter vom Leben durcheinandergewirbelt werden, hat Gertrud Breuer, Casemanagerin beim Jobcenter, in ihrer Laufbahn mehr als ein Mal erlebt. „Manchmal braucht es noch eine Ehrenrunde, vor allem aber Geduld“, sagt sie über den Werdegang ihrer Klientinnen, die sie im Sondersachgebiet Alleinerziehende betreut. Die Motivation und die Euphorie aber, die die zweifache Mutter an den Tag legt, hat auch die erfahrene Casemanagerin selten erlebt: „Sie hat selbst nach Möglichkeiten gesucht, Weiterbildungen gefunden und zahlreiche Hürden überwunden.“
Als klar ist, dass sie nie als Hebamme wird arbeiten können, schwenkt die Mülheimerin um, erinnert sich an ihre Jugend, in der sie „Programmieren spannend“ fand. „Ich hab mir gesagt: Alles ist möglich, ich schaffe das.“ Das Jobcenter unterstützt sie, indem es der zweifachen Mutter die sogenannte Eignungserprobung für eine Qualifizierung „Digitale Berufe“ ermöglicht, es schließt sich eine Qualifizierung im Bereich „Web-Softwareentwicklung“ an.
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„Als ich angefangen habe, steckten wir noch mitten im Lockdown, da hatte ich die Kinder zu Hause und musste für sie Lehrerin sein, mein eigener Online-Unterricht für die Weiterbildung war eine große Herausforderung, abends, wenn die Kinder im Bett waren, habe ich den Stoff wiederholt.“ Mehr als einmal habe sie sich gefragt, ob sie wirklich weitermachen oder nicht einfach aufhören soll.
Nicht nur ihr eiserner Wille, sondern auch der enge Kontakt zu ihrer Casemanagerin Gertrud Breuer habe sie bewogen, weiterzumachen. Die betont: „Wir sind da ohne Druck herangegangen, sie hat nie ihr Ziel aus den Augen verloren.“ Aber die Casemanagerin weiß auch: „Es steht und fällt mit der Kinderbetreuung, ob Alleinerziehende eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben.“ Bei ihrer Klientin sind Sohn und Tochter schon mal beim Vater, eine sicherere Bank aber sei die beste Freundin. „Wir unterstützen uns gegenseitig“, sagt die Alleinerziehende.
Damit ihre Kinder es besser haben, nimmt Alleinerziehende Anstrengungen in Kauf
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Sie wähnte sich mit ihrer Weiterbildung auf der Zielgerade, als ihre Tochter, heute elf Jahre alt, einen Unfall hat und einen dreifachen Beinbruch erleidet. Danach darf das Mädchen wochenlang nicht laufen, sitzt im Rollstuhl. Die Alleinerziehende beißt die Zähne zusammen, zieht ihre Qualifizierung trotzdem durch und besteht ihre Zertifizierung. „Das war unglaublich“, sagt sie rückblickend und hofft, andere, die in ähnlich schwierigen Situationen stecken wie sie, durch ihre Geschichte motivieren zu können. Geholfen habe ihr auch ein durchs Jobcenter vermitteltes Einzelcoaching. „Da konnte ich gezielt Fragen zum Inhalt meiner Qualifizierung stellen.“
Dass sie inzwischen einen festen Arbeitsvertrag hat, sogar bei ihrem Wunscharbeitgeber in Düsseldorf tätig ist, wer hätte daran gezweifelt? „Alles ist möglich“, wiederholt die 37-Jährige ihr Credo. Heute arbeitet sie 40 Stunden die Woche, hat jeden Tag für sich und ihre Kinder minuziös durchgeplant. „Meine Kinder haben volles Verständnis und unterstützen mich.“ Sie alle zögen an einem Strang. Für die Mutter ist glasklar, wieso sie diese Anstrengungen auf sich nimmt: Ihre Tochter und ihr Sohn sollen es später einmal leichter haben als sie. Der schönste Lohn sei für sie, sagt sie mit einem Strahlen im Gesicht, zu hören: „Mama, du bist so stark, du bist unser großes Vorbild.“