Mülheim. Unter widrigen Umständen zieht Dieter Birkenkamp seinen Sohn alleine auf. Wieso das nicht immer einfach war, worauf er heute besonders stolz ist.
Sein Sohn war gerade einmal vier Monate alt, als Dieter Birkenkamp die alleinige Verantwortung für das Kind übernehmen musste. Seitdem kämpft der Mülheimer darum, mit seinem Jungen so gut wie eben möglich über die Runden zu kommen. Vollzeit zu arbeiten war für den heute 44-Jährigen kaum möglich, seine eigene Gesundheit spielte da nicht mit, auch die Einschränkungen seines Sohnes brachten zusätzliche Hürden. Menschen wie Dieter Birkenkamp wollen wir mit unserer Spendenaktion Jolanthe finanziell unter die Arme greifen.
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Es war die große Sorge um seinen Sohn, die ihn umtrieb, während er vor etwa 20 Jahren in der Berufsschule saß und für seine Ausbildung zum Sozialassistenten beim Berufsbildungswerk büffelte. Dieter Birkenkamp war gerade Vater geworden, als er feststellen musste, dass die Mutter seines Sohnes nicht fürs Kind sorgte. Details möchte der Mülheimer nicht nennen, nur so viel: Es gab große Probleme, von Abhängigkeit ist die Rede. „Ich war tagsüber ja nicht zu Hause und hatte permanent große Angst um mein Kind.“ Als sein Junge vier Monate alt ist, beschließt Birkenkamp: So geht es nicht weiter, er holt sich Hilfe beim Jugendamt, packt schließlich das Baby, kommt zunächst bei seiner Schwester unter, bevor er in eine eigene Wohnung zieht.
Mit Anfang 20 steht Mülheimer Azubi alleine mit vier Monate altem Baby da
Anfang zwanzig, alleinerziehend und mitten in der Berufsausbildung – nicht unbedingt der beste Start für die kleine Männer-WG der besonderen Art. Dieter Birkenkamp aber wuppt das Leben mit Kind irgendwie, hält seine kleine Familie mit Bafög über Wasser, findet eine Tagesmutter, durch deren Unterstützung er den Raum hat, um seine Ausbildung zu beenden. „Ich musste damals schon um 6 Uhr im Krankenhaus sein – das wäre anders nicht gegangen. Aber es war mir wichtig, die Ausbildung in der Tasche zu haben.“
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Ein Anschluss an die Ausbildung blieb allerdings aus – auch, weil es keinen entsprechenden Kita-Platz für seinen Sohn gab. Der alleinerziehende Vater schildert: „Er hat zusätzlichen Betreuungsbedarf, hat durch den Konsum seiner Mutter in der Schwangerschaft soziale und emotionale Beeinträchtigungen wie ein Autismusspektrum, musste in eine Sprachheil-Kita.“ Weil er seinen Sohn zunächst nicht unterbringen kann, bleibt Birkenkamp ein Jahr zu Hause. Als endlich ein Platz in der Kita da ist, fängt der Vater an, in Teilzeit zu arbeiten. „Ich war dann hauptsächlich in Maßnahmen der Arbeitsagentur, hauptsächlich für Alleinerziehende.“ Denn der 44-Jährige war sicher: „Auf dem ersten Arbeitsmarkt hätte das nicht funktioniert, denn ich musste meinen Sohn öfter mal abholen – das macht ein Arbeitgeber nicht mit.“
Alleinerziehender aus Mülheim: „Ich arbeite natürlich zum Mindestlohn, das ist ja klar“
Und so hangelt er sich von Maßnahme zu Maßnahme, mit entsprechend niedriger Entlohnung. Was er seither verdient, ist kaum höher als Hartz IV: „Ich arbeite natürlich zum Mindestlohn, das ist ja klar.“ An der Stelle des Gesprächs schaltet sich Gabi Spitmann, Beraterin im Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz), ein, die den alleinerziehenden Vater betreut. Sie unterstreicht: „Wie selbstverständlich es für Herrn Birkenkamp ist, wie für ganz viele meiner Klientinnen und Klienten, immer nur den Mindestlohn zu bekommen, das bedeutet praktisch ,Existenzminimum für immer’. Sie stellen das gar nicht mehr in Frage, haben nicht mehr den Anspruch, dass man von seiner Arbeit auch auskömmlich leben können muss.“
Sein großes Glück sei, sagt Dieter Birkenkamp, dass seine Geschwister ihn unterstützen, somit auch seinen Sohn. Erleichtert – und auch sichtlich stolz – ist der Alleinerziehende darüber, dass sein Junge bis zum Pflichtschuljahr die Wilhelm-Busch-Schule, eine Förderschule, durchlaufen und auf der Berufsschule noch den Hauptschulabschluss gemacht hat. Eigentlich wollte er Straßenbahnfahrer werden – „das hätte leider nicht geklappt“, schlägt Birkenkamp den Bogen zu den Beeinträchtigungen seines Kindes. Heute steckt der 19-Jährige in einer geförderten Ausbildung bei Edeka. „Wenn ich ihn so im Laden sehe, ist er wie ausgewechselt“, sagt der Vater und strahlt.
Mülheimer ist Aufstocker, das Ausbildungsgehalt seines Sohnes wird angerechnet
Gleichwohl gelten sie nun als Bedarfsgemeinschaft, das Ausbildungsgehalt und das Kindergeld werden angerechnet, Dieter Birkenkamp verdient derzeit rund 1000 Euro brutto, ist Aufstocker beim Jobcenter. „Ich versuche jetzt, bei den Lebensmitteln zu sparen, aber wir essen gerne Fleisch.“ Heizen sei auch ein Thema, natürlich – bei den Preisen. Sie wohnen zu zweit in einer 64 Quadratmeter großen Wohnung, die Miete sei kürzlich ordentlich angehoben worden. „Das sind 70 Euro mehr im Monat“, erzählt Birkenkamp.
Malz-Beraterin Gabi Spitmann ordnet ein: „Das Leben, mit dem Herr Birkenkamp sich gezwungenermaßen abgefunden hat, ist noch das beste, das er bekommen wird. Denn jetzt hat er als Aufstocker zusätzlich zum Hartz IV-Satz noch den Freibetrag für Erwerbstätige. Im Alter wird er auf Grundsicherungsniveau leben müssen, ohne Zuverdienst.“
Bedürftigen Mülheimerinnen und Mülheimern wollen wir mit unserer diesjährigen Jolanthe-Benefiz-Aktion helfen. Der Erlös daraus kommt in Zusammenarbeit mit dem Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz) Menschen zugute, die beim Malz in der Beratung sind und deren Hilfsbedürftigkeit bekannt ist. Unser Jolanthe-Konto: DE05 3625 0000 0175 0342 77, Sparkasse Mülheim. Allen Spenderinnen und Spendern, die sich bereits an unserer Jolanthe-Aktion zugunsten von mittellosen Mülheimerinnen und Mülheimern beteiligt haben, danken wir von ganzem Herzen. Wenn die ersten Geldspenden an Bedürftige verteilt sind, werden wir berichten.