Mülheim. Jan Höcker hat mit seiner Industrieservice-Firma in nur acht Jahren viel erreicht. Er möchte in Mülheim expandieren, fühlt sich aber ausgebremst.
Jan Höcker ist wohl das, was man als klassischen „Selfmade Man“ bezeichnen würde. Der Mülheimer Mitte Vierzig, der in Ingolstadt geboren wurde und im Alter von vier Jahren nach Mülheim kam, betreibt oberhalb des Friedrich-Wennmann-Bades das Unternehmen Höcker Industrieservice – und das sehr erfolgreich.
2015 gründete er seine Firma und betrieb sie im ersten halben Jahr gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Adam Migdalski aus dem heimischen Wohnzimmer und einer kleinen Werkstatt im Garten heraus. Noch im selben Jahr erfolgte der Umzug auf das Gelände und in die heutigen Räumlichkeiten, die ehemalige Autobahnmeisterei an der Yorckstraße.
Mülheimer Unternehmer startete als Modelltischler und Quereinsteiger im Vertrieb
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„Wir haben hier 300 Quadratmeter Werkshalle und rund 150 Quadratmeter Bürofläche. Das haben wir dann erstmal alles zu zweit komplett saniert“, so beschreibt der gelernte Modelltischler die Anfänge seiner Selbstständigkeit. „Nachdem ich meine Lehre erfolgreich abgeschlossen hatte, wurde ich zum Wehrdienst eingezogen.“ Danach arbeitete Höcker als Quereinsteiger im Außen- und Innendienst eines Schweißfachhändlers. „Das war ein Kleinstunternehmen“, erinnert er sich an seine ersten Berührungspunkte mit dieser Branche. Nur wenig später warb ihn ein großer Schweißfachhändler aufgrund seiner Fähigkeiten ab und setzte ihn im Vertrieb ein.
Die nächste berufliche Station war dann ein Hersteller von Schweißmaschinen und -geräten. „Ich wurde immer abgeworben“, so Höcker. Drei Jahre später wurde er bei diesem Hersteller Vertriebsleiter, weitere zwei Jahre später Leiter einer Niederlassung und dann wieder abgeworben – diesmal von einem großen Konzern. „Es war mir immer wichtig, dass die Führungskräfte gut mit den Beschäftigten umgehen und dass in die Mitarbeitenden investiert wird – beispielsweise in deren Ausrüstung, Schulungen und Weiterbildungen.“
Entschluss: Nur noch für eine eigene Firma arbeiten
Irgendwann sah Jan Höcker, wie viel Arbeit er für seine jeweiligen Arbeitgeber in deren Firmen investiert, welche deutliche Verbesserungen und sehr guten Ergebnisse er erzielt hatte. Ihm wurde klar: „So etwas würde ich ein weiteres Mal nur noch für mich selbst machen, für eine eigene Firma.“ So wurde die Idee der Selbstständigkeit geboren, und der Mülheimer gründete schließlich das Unternehmen, das heute seinen Namen trägt.
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„Unsere Firma steht auf drei Säulen“, erklärt der Chef. „Wir bauen, reparieren und warten mobile und stationäre Strom-Erzeuger sowie Geräte rund um die zwei weiteren Themen Schweißtechnik und Kompressoren.“ Nach einem Start mit nur zwei Mitarbeitern und der Ungewissheit, ob genug Geld reinkommt, um alle laufenden Kosten zu decken, kamen sukzessive neue Mitarbeitende hinzu. Auch, weil Kundinnen und Kunden seiner vorhergehenden Arbeitgeber erfuhren, dass er sich selbstständig gemacht hatte, und auf ihn zukamen.
Höcker Industrieservice hat mittlerweile neun Mitarbeitende
„Ab 2017 konnte ich ohne Angst Leute einstellen“, erinnert sich Höcker, der nach eigener Aussage auch auf solide Finanzierung Wert legt. „Ich habe keinerlei offene Verbindlichkeiten und hatte das auch noch nie.“ Mittlerweile arbeiten neun Personen im Unternehmen, und der Chef ist voll des Lobes. „Es ist ein wirklich tolles Team, mit dem die Arbeit großen Spaß macht – und das ist sicherlich auch ein Geheimnis unseres gemeinsamen Erfolgs.“
Die heutige Verbindung zu dem von Jan Höcker erlernten Beruf ist übrigens gar nichts so schwierig herzustellen. „Im Grunde hat alles mit Rohrleitungsbau zu tun“, erklärt der Fachmann. „Stahl-, Guss- und PE-Rohre werden geschweißt, gegossen oder mit Extrusionsverfahren hergestellt. Der Modelltischler stellt die Formen zur Herstellung großer Motoren, Generatoren und auch Rohre her.“ Die von seiner Firma hergestellten, reparierten oder gewarteten Maschinen und Geräte hätten alle etwas mit Rohrleitungsbau zu tun. Daraus resultierend zählen Rohrleitungsbauunternehmen, Wasser- und Gaswerke sowie die Betreiber kritischer Infrastruktur in diesem Bereich zu seinen Kunden. „Die müssen alle jederzeit in der Lage sein, ihre Rohrleitungen mit den richtigen Maschinen und Geräten in Schuss zu halten oder in Stand setzen zu können. Dabei helfen wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen.“
Mülheimer Unternehmer klagt über fehlende Gewerbeflächen
Jan Höcker hat Kundschaft im gesamten deutschsprachigen Raum und würde seine Firma gerne vergrößern. Doch leider gebe es zwei begrenzende Faktoren: „Geeignete Mitarbeiter sind nicht leicht zu finden – momentan eher gar nicht“, erklärt er. Außerdem, so seine Kritik, bemühe sich die Stadt Mülheim nicht genügend, um aufstrebenden Unternehmern wie ihm neue, geeignete Gewerbeflächen zu erschließen. Er benötige eine Halle von rund 1000 Quadratmetern und eine Bürofläche von rund 300 Quadratmetern sowie eine ergänzende Außenfläche. Die Kommunikation mit der Stadt bezeichnet Höcker als „sehr unglücklich“, dabei wolle er mit seiner expandierenden Firma „gerne hier in Mülheim bleiben“ - um die Erfolgsgeschichte seines Unternehmens hoffentlich fortzuschreiben.