Mülheim. Ein andauernder, flächendeckender Stromausfall: Die Stadt Mülheim bereitet sich auf den „Worst Case“ vor. Wie Bürger geschützt werden sollen.

Eigentlich ist es ein Schreckensszenario, das vor dem Ukraine-Krieg nicht denkbar gewesen wäre: Ein andauernder, flächendeckender Stromausfall durch Überlastung des Netzes. Die Folgen wären tiefgreifend, eine gute Vorbereitung wird somit unausweichlich. Wir haben bei der Stadtverwaltung, Feuerwehr, Polizei und Kliniken nachgefragt, wie sich sich auf einen sogenannten Blackout vorbereiten.

Stadtverwaltung

„Gerade weil es so unwägbar ist, ist es wichtig, sich vorzubereiten“, erklärt Planungsdezernent Felix Blasch im Gespräch mit dieser Redaktion. In einer Arbeitsgruppe mit Angehörigen der kritischen Infrastruktur arbeite man an bereits bestehenden Konzepten, die im Falle des Falles die Handlungsfähigkeit verbessern sollen: „Das ist ein interdisziplinärer, kontinuierlicher Prozess. Wir sind aber deutlich breiter aufgestellt als bislang.“ Was die Stadtverwaltung im Speziellen angeht, werde derzeit ermittelt, welche Prozesse im Falle eines Blackouts aufrecht zu erhalten wären. „Längst nicht alles, was die Stadtverwaltung macht, gehört zu kritischen Prozessen.“

Der Mülheimer Planungsdezernent Felix Blasch koordiniert die Arbeitsgruppe, die sich mit dem Szenario Blackout auseinandersetzt.
Der Mülheimer Planungsdezernent Felix Blasch koordiniert die Arbeitsgruppe, die sich mit dem Szenario Blackout auseinandersetzt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

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Feuerwehr

Bereits seit längerer Zeit setzt sich die Mülheimer Feuerwehr mit der Eventualität eines umfassenden Stromausfalls auseinander, wie Sprecher Florian Lappe auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt: „In der jüngsten Vergangenheit wurden bereits Stabsübungen mit den Stromversorgern und Netzbetreibern zum Thema Stromausfall durchgeführt.“ Die Feuerwehr verfüge über mehrere, unterschiedlich leistungsfähige Notstromgeneratoren, „damit können aber nur sehr kleine Bereiche, insbesondere wenn Lebensgefahr besteht, versorgt werden“. Eine interne Arbeitsgruppe erarbeite entsprechende Notfallpläne, die im Falle eines Blackouts über Priorisierung und mögliche Einsatzdauer und -orte Auskunft geben würden.

Zusätzlich stehe die Feuerwehr im Austausch mit diversen Einrichtungen der kritischen Infrastruktur, ein Online-Fragebogen für die ansässigen Betriebe sei in Vorbereitung. Damit solle, ähnlich wie bereits in der Anfangszeit der Corona-Pandemie, eine Lagefeststellung erfolgen.

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Der Feuerwehrsprecher weist darauf hin, dass Festnetz- und Mobiltelefone sowie das Internet bei einem flächendeckenden Stromausfall nicht mehr funktionieren würden. Somit könne über diesem Wege kein Notruf mehr abgesetzt werden. Für diesen Fall seien Notfallinformationspunkte, kurz NIP, geplant. „Insgesamt sind 16 NIP gleichmäßig verteilt im Stadtgebiet in Vorbereitung. Dabei handelt es sich um Gebäude mit Funkanbindung oder gut erreichbare öffentliche Plätze“, so Florian Lappe. Je Notfallinformationspunkt stehe jeweils ein Einsatzfahrzeug mit Funkverbindung zur Verfügung. „An den NIP kann die Bevölkerung Informationen zur Lage erhalten oder Notrufe absetzen.“

Florian Lappe erklärt, wie sich die Mülheimer Feuerwehr auf einen möglichen Blackout vorbereitet.
Florian Lappe erklärt, wie sich die Mülheimer Feuerwehr auf einen möglichen Blackout vorbereitet. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Um als Wache die Kommunikation im Krisenfall aufrecht erhalten zu können, existiere für Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei, Katastrophenschutz ein eigenständiges Digitalfunknetz. „Zusätzlich gibt es für Feuerwehr und Rettungsdienst ein analoges Funknetz als Rückfallebene“, sagt Lappe. Die Kommunikation der Feuerwehr nach außen erfolgte in dieser Zeit über Satellitentelefone: „So ist auch eine Kommunikation mit den Nachbarkommunen, den Aufsichtsbehörden oder anderen Stellen möglich.“

Polizei

Das Polizeipräsidium Essen/Mülheim erklärt auf Nachfrage, dass es diverse Krisenszenarien in Vorbereitung hat, darunter auch das eines Blackouts. Die Herausforderung für die Behörde bestehe vor allem darin, „alle internen und externen Arbeitsabläufe möglichst unbeeinflusst fortsetzen zu können, um die Sicherheit und Ordnung auch unter widrigen Bedingungen für die Bürgerinnen und Bürger der Städte Essen und Mülheim an der Ruhr zu gewährleisten“.

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Wichtige Eckpunkte dafür seien genügend Personal sowie die externe und interne Kommunikationsfähigkeit. „Dies ist sehr wichtig, um sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Angehörigen der Polizei über aktuelle Entwicklungen zu informieren“, so Polizeisprecher Pascal Schwarz-Pettinato. Zu diesem Zwecke habe die Polizei vorbeugende Maßnahmen getroffen: „Dieser Prozess wird von einer vom Innenministerium NRW initiierten Landesarbeitsgruppe fortlaufend unterstützt.“ So werde etwa die Notstromversorgung ausgebaut und die Bildung von Treibstoffvorräten vorangetrieben. Damit solle im Falle eines Blackouts die polizeiliche Mobilität sichergestellt werden, um die gesamten Stadtgebiete von Essen und Mülheim erreichen zu können.

Krankenhäuser

Das St. Marien-Hospital hat einen regelmäßig tagenden Krisenstab rund um das Thema Energie und Energieversorgung ins Leben gerufen. Dort setze man sich unter anderem auch mit dem Szenario eines Blackouts auseinander. „Wir stehen in engem Kontakt mit der Stadt, den städtischen Versorgern sowie der Feuerwehr. Gemeinsame Treffen in einer Arbeitsgruppe finden statt“, erklärt Sprecherin Katharina Landorff.

Die Klinik sei, wie es Pflicht ist, mit einem Notstromaggregat ausgestattet, das den Betrieb für mindestens 24 Stunden aufrechterhalten kann. Wichtige Stromverbraucher, wie etwa die Beleuchtung der Flucht- und Rettungswege und die Beatmungsgeräte, seien an die Ersatzstromversorgung angeschlossen und liefen im Notbetrieb weiter. Andere Verbraucher, wie Computer in Büros der „allgemeinen Verwaltung“ fielen beispielsweise nicht in diese Versorgung, um keine wichtigen Ressourcen zu verbrauchen.

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Auch das Evangelische Krankenhaus Mülheim (EKM) verfügt über ein Notstromaggregat, das die Versorgung der Sicherheitsstromkreise übernimmt. Laut einer Sprecherin des Krankenhauses werde es mit Heizöl, beziehungsweise mit Diesel betrieben und „versorgt kritische Bereiche, wie zum Beispiel die Intensivstationen und den OP so, dass dort ohne Einschränkungen gearbeitet werden kann“.

Auch die anderen Bereiche werden teilweise durch das Notstromaggregat versorgt, hier komme es aber zu Einschränkungen, etwa bei Fernsehern auf den Patientenzimmern oder der Notbeleuchtung auf den Fluren. Die externe Kommunikation sei im Falle eines Blackouts ebenfalls durch das Notstromaggregat sichergestellt, zumal das EKM intern über eine autarke Telefonanlage verfüge. „Im EKM wird einmal im Jahr ein Blackout-Test durchgeführt, ein simulierter Stromausfall. So überprüfen wir den ordnungsgemäßen und sicheren Betrieb der Notstromversorgung und trainieren die Abläufe“, erklärt die Sprecherin.