Mülheim. Neben markanten Silos im Mülheimer Hafen sitzt die Aspera Brauerei. Von Krisenstimmung ist im Familienunternehmen nichts zu spüren. Im Gegenteil.

Jeder kennt die mächtigen Silos im Mülheimer Hafen, die weit in den Himmel ragen. Sie gehören zu einer Malzfabrik. Einer der Mülheimer „Hidden Champions“ jedoch residiert seit über einem halben Jahrhundert direkt daneben – mit ein wenig kleineren Silos. Die Aspera Brauerei produziert Röstmalzbiere und verkauft dieses Produkt in die ganze Welt.

Röstmalzbiere? „Unsere Produkte werden in Bieren zur Geschmacks- und Farbgebung einsetzt“, erklärt Jens Christoph Riese den der Allgemeinheit wohl eher unbekannten Begriff. Er führt das Mülheimer Familien-Unternehmen bereits in dritter Generation. Seine Großeltern Paul und Maria gründeten es kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs.

Mülheimer Familienunternehmen Aspera besteht in dritter Generation

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„Mein Großvater war als Kaufmann Geschäftsführer bei der Mülheimer Mälzerei Schröers“, erläutert der Enkel des Firmengründers die historische Entwicklung seines Unternehmens. Paul Riese schlug damals vor, in der Mälzerei selbst Röstmalzbier zu brauen und es in die Produktpalette aufzunehmen, was jedoch auf wenig Gegenliebe stieß. Also beschloss er, das Wagnis Selbstständigkeit einzugehen, kündigte und bezog mit seinem neu gegründeten Unternehmen die Räumlichkeiten einer ehemaligen Lederfabrik auf der Bülowstraße in Broich.

Hoch aufragende Silos beherrschen die Außenansicht der Aspera-Brauerei im Mülheimer Hafen. Mittlerweile arbeiten hier 40 Beschäftigte.
Hoch aufragende Silos beherrschen die Außenansicht der Aspera-Brauerei im Mülheimer Hafen. Mittlerweile arbeiten hier 40 Beschäftigte. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Das Produkt fand schon damals so guten Absatz, dass man 1969 an den aktuellen Standort am Hafen umzog und sich deutlich vergrößerte. „Es gab damals in ganz Deutschland überhaupt nur zwei weitere Unternehmen, die dieses Produkt herstellten – in Celle und Bamberg“, erläutert Riese, und man glaubt erahnen zu können, warum er nie den Begriff „Konkurrent“ sondern stattdessen stets den deutlich harmloseren Terminus „Marktbegleiter“ verwendet.

Große Nachfrage - mittlerweile 40 Mitarbeitende im Mülheimer Hafen

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Die Belegschaft am Standort im Mülheimer Hafen ist mittlerweile auf 40 Mitarbeitende angewachsen und die Produktionskapazitäten sind mehr als ausgeschöpft. „Die Nachfrage ist sehr groß“, beschreibt der Diplom-Kaufmann die aktuelle Lage. „Wir produzieren momentan über unserer eigentlichen Maximal-Kapazität.“ Während Corona den Bierabsatz insgesamt verringert habe, sei die Nachfrage nach seinen Produkten ungebrochen hoch. „Der allgemeine Abwärtstrend hat uns verschont“, konstatiert er. Viel eher sei das Gegenteil der Fall.

„Hidden Champions“ in Mülheim – weitere Teile der Serie:

Die Produktion ist hoch automatisiert und läuft im Drei-Schicht-Betrieb. In Ergänzung dazu wird der Betrieb ständig modernisiert, was sich manchmal als gar nicht so einfach erweist. Als Riese vor wenigen Jahren beschloss, das täglich tonnenweise angelieferte Malz über ein Absaug-System direkt vom Transporter in die Silos pumpen zu lassen, sah er sich mit einem Problem konfrontiert. „Es war mir aus hygienischen Gründen wichtig, dass das Malz nicht in ein offenes Loch im Boden gekippt wird, wie oft noch üblich.“ Das Malz sollte innerhalb eines geschlossenen Systems in die Silos gesaugt werden. Zum damaligen Zeitpunkt hatte nur eine niederländische Spedition kompatible Transporter im Einsatz.

Gebraut wird nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516

Die bei Aspera produzierten Röstmalzbiere sind alle nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516 gebraut. Das heißt, dass bei der Produktion nur vier Zutaten verwendet werden dürfen: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Das weiß nahezu jedes Kind – auch der jüngste Spross der Riese-Dynastie. Ob er das Familien-Unternehmen irgendwann mal in vierter Generation übernehmen wird, steht in den Sternen.

Dass der Siebenjährige sich aber schon jetzt gut mit dem Geschäft auskennt, ist unstrittig. „Er konnte die nach dem deutschen Reinheitsgebot zulässigen Zutaten in seiner Grundschule und wohl auch den Brau-Prozess so eindrucksvoll beschreiben, dass uns ein Anruf von dort erreichte, in dem man sich erkundigte, ob vielleicht jemand bei uns ein Alkohol-Problem hat“, erinnert sich Jens Christoph Riese sichtlich amüsiert – und es schwingt auch ein bisschen Stolz auf den potenziellen zukünftigen Nachfolger auf dem Chefsessel des Familienunternehmens mit.