Mülheim. Ein freiwilliger, steuerfreier Inflationsausgleich: Längst nicht alle Mülheimer Unternehmen ziehen mit. Wer noch zögert und wer entschlossen ist.
Bis zu 3000 Euro sind es, die Unternehmen ihren Angestellten seit Ende Oktober im Rahmen der von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Inflationsausgleichsprämie steuer- und abgabefrei auszahlen können. Angesichts der hohen Inflation und der damit gesunkenen Reallöhne für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein willkommener Bonus. Die Entscheidung, ob und wie viel Inflationsausgleich Unternehmen an ihre Beschäftigten auszahlen, obliegt ihnen selbst. Wie sieht es in Mülheims Unternehmen aus?
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Edeka Paschmann
Mit sieben Edeka-Filialen in Mülheim und mehr als 800 Mitarbeitenden in Mülheim, Moers, Oberhausen, Düsseldorf und Duisburg zählt Edeka Paschmann zu den größten Arbeitgebern der Stadt. Eine Inflationsausgleichsprämie wird es nicht geben, wie Junior-Geschäftsführer Falk Paschmann im Gespräch mit der Redaktion erklärt – vorerst zumindest: „Wir wollen den Tarifabschluss im Einzelhandel kommendes Jahr abwarten.“ Ab März laufen die derzeit geltenden Tarifverträge im Einzelhandel aus, danach geht es erstmal in Tarifverhandlungen. „Es ist durchaus denkbar, dass eine Zahlung dieser Art dort verankert wird“, so Paschmann. „Und dann wären wir gerne bereit, die Prämie zu zahlen.“
Hagebau
Ähnlich sieht das Hartmut Buhren vom Hagebaumarkt Harbecke. „Der Staat hat uns da eine wunderbare Möglichkeit gegeben. Da kann man eigentlich gar nicht gegen sein.“ Auch er werde die Tarifverhandlungen für den Einzelhandel im kommenden Jahr abwarten. „Die Metaller haben vorgemacht, wie das gehen kann.“ Mit ihren Warnstreiks hatte die IG Metall kürzlich 5,2 Prozent mehr Gehalt ab Juni 2023, weitere 3,3 Prozent ab Mai 2024 durchgesetzt. Hinzu kommt eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro netto, die, beginnend mit Jahresbeginn 2023, in mehreren Raten ausgezahlt wird. „Die letzten Jahre waren für den Einzelhandel nicht einfach, so können wir unseren Angestellten etwas zurückgeben“, sagt Buhren.
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Siemens Energy
Mit den abgeschlossenen Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie, kam die Entscheidung für die Prämie. „Ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Siemens Energy wird nach Tarifvertrag vergütet. Sie werden einen Inflationsausgleich in Höhe von 3000 Euro erhalten, so wie es auch die jüngsten Tarifabschlüsse vorsehen“, erklärt Unternehmenssprecherin Ivonne Junghänel auf Nachfrage.
Medl
Der Energieversorger mit rund 140 Beschäftigten ist ebenfalls tarifgebunden und fällt unter den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände. Auch hier stehen Tarifverhandlungen kurz bevor, wie Thomas Seifert von der Personalentwicklung erklärt. „Ende Januar stehen in Potsdam die Gespräche an und es gibt schon erste Signale, dass eine Inflationsausgleichsprämie mit in die Verhandlungen aufgenommen werden soll.“ Die Ergebnisse seien noch abzuwarten, schon jetzt sehe die Medl den Ansatz aber als „richtigen Weg“ und wolle nach Abschluss im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes agieren: „Die Prämie wird es dann für alle Beschäftigten im gleichen Umfang geben“.
Stadt Mülheim
Als eine der größten Arbeitgeberinnen – und gleichzeitig als Stärkungspaktkommune mit eingeschränkten finanziellen Mitteln – zahlt die Stadt ihren Angestellten keine Inflationsausgleichsprämie. „Unabhängig von der gesetzgeberischen Umsetzung der Steuer- und Beitragsfreiheit existiert aktuell keine tarifvertragliche und keine übertarifliche Grundlage, auf deren Basis die Zahlung einer so genannten Inflationsprämie für kommunale Arbeitgeber möglich wäre“, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels auf Nachfrage.
Aldi Süd
Der Lebensmittelkonzern überprüft eigenen Angaben zufolge seine „Vergütungsstruktur regelmäßig für alle Mitarbeitergruppen und passt diese, wenn notwendig, an“. Die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie sei nicht vorgesehen, zu den Gründen macht Aldi Süd keine Angabe. Dafür habe das Unternehmen bereits im Juni 2022 den Mindestlohn von 12,50 Euro auf 14 Euro angehoben. „Dieser liegt damit seit Juni signifikant über dem seit dem 1. Oktober geltenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 12 Euro.“ Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie eine betriebliche Altersvorsorge seien darüber hinaus ebenfalls fest verankert.
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Schloss-Quelle
Die Schloss-Quelle Mellis GmbH mit Sitz in Speldorf hat, wie das Unternehmen auf Nachfrage erklärt, noch keine Entscheidung in Sachen Inflationsausgleichsprämie getroffen. „Gemeinsam mit unseren wirtschaftlichen Beratern werden wir uns dazu noch abstimmen.“
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EKM
Die gestiegenen Energiekosten treffen das Evangelische Krankenhaus schwer, Einsparungen seien im laufenden Betrieb kaum möglich, wie Pressesprecherin Silke Sauerwein erklärt: „Wie 96 Prozent aller Krankenhäuser in Deutschland kann das EKM die gestiegenen Kosten nicht aus eigenen Erlösen finanzieren, sondern ist auf die Unterstützung seitens der Politik angewiesen.“ Daher könne den rund 1000 Mitarbeitenden leider kein Inflationsausgleich gezahlt werden.
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St. Marien-Hospital
Zu den restlichen wenigen Prozent scheint das St. Marien-Hospital zu zählen. Das Krankenhaus wird seinen Angestellten eine Inflationsausgleichsprämie zahlen. Laut Sprecherin Katharina Landorff beraten die zuständigen Entscheidungsgremien derzeit über das genaue Vorgehen, ein vorläufiger Plan steht: „Die Prämie von 3000 Euro wird voraussichtlich in zwei Teilen ausgezahlt: 2023 1500 Euro und 2024 1500 Euro.“
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