Essen/Mülheim. In der Energiekrise wird auch Kohlensäure zu kostbarem Gut – es herrscht Mangellage. In Essen und Mülheim ist die Schloss Quelle betroffen.
Kohlensäure ist knapp, die Sorge bei Mineralwasserherstellern ist groß. „Wir haben ein Problem“, sagt Jörg Mellis, Inhaber der Schloss Quelle. Deren Wasser entspringt im Gebiet des Schlossparks in Essen-Borbeck. Mellis geht in der derzeitigen Situation so weit zu sagen: „Wir fahren auf Sicht.“
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Damit ist sein Unternehmen, das seinen Sitz in Mülheim hat, wohl nicht allein in der Branche. Ein Sprecher der Genossenschaft Deutscher Brunnen hatte der Deutschen Presse-Agentur kürzlich gesagt, dass man „extrem besorgt“ sei. „So eine Situation haben wir noch nie gehabt.“ Es sei mit Produktionsrückgängen zu rechnen, hieß es weiter.
Schloss Quelle: 75 Prozent der Produkte benötigen Kohlensäure
Und so weit ist es bei der Schloss Quelle tatsächlich schon gekommen. Jörg Mellis spricht von Lieferschwierigkeiten: „Wir können nicht das abfüllen, was unsere Kunden wollen.“ Mehr als 75 Prozent der hergestellten Produkte benötigten Kohlensäure. Der Wert sei im Vergleich zu anderen Mineralbrunnen sogar höher. Kohlensäure wird in Essens einzigem Mineralbrunnen in den Sorten „Classic“ und „Medium“ benötigt, auch einige andere Getränke kommen ohne nicht aus.
Wie kommt es überhaupt zu dem Kohlensäure-Mangel? Die Antwort darauf lautet wie auf so viele Fragen derzeit: die Energiekrise. Kohlensäure entsteht bei der Reaktion aus Wasser und Kohlendioxid (CO2). Bei der Herstellung von Düngemitteln entsteht sie als Nebenprodukt. Weil die Herstellung von Düngemitteln sehr energieintensiv ist, wurde deren Produktion wegen der hohen Gaspreise schon im Sommer gedrosselt. Derzeit, so heißt es vom Deutschen Brauer-Bund, seien „nur noch 30 bis 40 Prozent der üblichen Liefermengen [...] – allerdings zu immensen Kosten – am Markt verfügbar“. Je weniger CO2 also, desto weniger Kohlensäure.
„Normalerweise bekommen wir eine Tankwagen-Ladung in der Woche geliefert“
Praktisch bedeutet das für die Schloss Quelle laut Jörg Mellis: „Normalerweise bekommen wir eine Tankwagen-Ladung in der Woche geliefert. Früher funktionierte die Bestellung digital.“ Und automatisch. Sobald sich der Vorrat dem Ende entgegen neigte, sei der Lieferant darüber informiert worden. „Heute telefonieren wir hinter jeder Bestellung hinterher“, berichtet Mellis aus dem derzeitigen Arbeitsalltag. Ein enormer Aufwand, der sich in der gelieferten Menge an Kohlensäure nicht widerspiegelt – und so kann aktuell nur weniger „Classic“, „Medium“ und Co. hergestellt werden. „Das ist schon seit zwei Monaten so“, sagt er.
Für Abnehmer des Mineralwassers, wie Getränkegroßhändler, bedeutet das, dass die bestellte Ware nicht oder nur zum Teil geliefert werden kann. „Je länger das dauert, desto kritischer wird der Kunde“, weiß auch Jörg Mellis. Eines sei aber klar: Die abgefüllten Flaschen enthalten nicht weniger Kohlensäure. Der Kohlensäuregehalt ist klar definiert, „die Qualität bleibt gleich“, so Mellis. Es kann aktuell schlichtweg weniger produziert werden. Probleme gibt es für die Schloss Quelle nicht nur bei der Kohlensäure. Man sei von Lieferschwierigkeiten bei weiteren Roh- oder Betriebsstoffen betroffen. „Wir fahren die Lagerbestände schon hoch“, sagt Mellis. Antizipieren nennt sich das wohl.
Wie kommt man aus der Lage heraus? Darauf antwortet Jörg Mellis auch: „Ein Mineralbrunnen ist auch Versorger. Ich wünsche mir Zuarbeit von der Politik.“ Auf die Frage, wie lange die jetzige Mangellage andauern „dürfe“, sagt der Inhaber der Schloss Quelle nichts.
>>> INFO: 500 Mineralwässer gibt es in Deutschland
- Deutschlandweit gibt es circa 200 Mineralbrunnenunternehmen, die 500 Mineralwässer anbieten. „Diese Vielfalt ist einmalig“, heißt es von der Genossenschaft Deutscher Brunnen. Das beliebteste Mineralwasser sei sie Sorte „Medium“.
- Die Schloss Quelle gehört zur Mellis-Gruppe, die nach eigenen Angaben 1000 Mitarbeiter an drei Standorten in Essen und Mülheim hat.