Mülheim. Lange hat Mülheims Politik gezaudert: Nun hat sie einen Beschluss zum Schwimmhotel auf der Ruhr gefasst. So soll es mit dem Projekt weitergehen.
Schwimmt zur Internationalen Gartenbauaustellung (IGA) 2027 auf Mülheims Ruhr ein neues Hotel? Das ehrgeizige Projekt, mutmaßlich mit Leuchtturm-Charakter für das Ruhrgebiet, ist nach längerem politischen Zaudern nun einen Schritt weiter.
Nachdem der Stadtrat eine Entscheidung wegen Bedenken der schwarz-grünen Mehrheit zuletzt weiter vor sich hergeschoben hatte, hat er nun das Signal gesetzt, dass Investoren und Planer Gunvar Blanck in die weitere Planung für ein Schwimmhotel südlich der Radschnellweg-Brücke, vor dem Ufer der Müga, gehen können. Mit Stimmen von CDU, Grünen und SPD gab der Stadtrat nun ein öffentliches Interesse an dem ausschließlich privat zu finanzierenden Projekt fest. Die Stadtverwaltung wurde gleichzeitig aufgefordert, das Vorhaben „unter Wahrung aller anderen öffentlichen Belange und gesetzlichen Vorgaben zu unterstützen“.
Mülheimer Architekt wirbt seit Jahren für Schwimmhäuser und -hotels auf der Ruhr
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Was sich nach einer Lappalie anhört, hatten Investoren und Planer zur Voraussetzung gemacht, um überhaupt in die weitere Planung für das Schwimmhotel (Floating Host) einzusteigen. Der seit Jahren für Schwimmhäuser und -hotels auf der Ruhr werbende Architekt Gunvar Blanck unterstrich dieses aktuell noch einmal: Ohne dieses Signal, so sagt er, wären die Investoren nicht bereit, Geld in Detailplanungen und Gutachten zu stecken.
Die Statik des Schwimmhotels gilt es noch auszutarieren, Hochwasser- und Brandschutz seien zu untersuchen – all das werde er nun mit den Investoren in Angriff nehmen, so Blanck. Nach der langen Wartezeit auf das politische Go sei nun auch noch mal eine frische Wirtschaftlichkeitsberechnung anzustellen, Stichwort: enorm gestiegene Preise am Bau.
CDU und Grüne in Mülheim stellen sich nach ersten Zweifeln doch hinter das Projekt
CDU und Grüne hatten bis zuletzt Bauchschmerzen, ob ein Schwimmhotel gegenüber der Ruhrpromenade nicht vielleicht optisch unverträglich sei. Ebenso hatte es Bedenken hinsichtlich des Hochwasserschutzes oder der Auswirkungen auf Veranstaltungen auf der Ruhr (Drachenbootfestival) oder in der Müga gegeben. Nun aber zeigen sich CDU und Grüne überzeugt, dass „die Chancen deutlich größer sind als die Risiken“ (Grünen-Fraktionschef Tim Giesbert). CDU-Fraktionsvorsitzende Christina Küsters will dem Projekt „mal eine Chance geben“. In ihm stecke „ein hoher touristischer Mehrwert“ und Potenzial, Menschen in Mülheims Innenstadt zu locken.
Überzeugen konnte wohl insbesondere ein Modell, mit dem das Planungsdezernat der Politik maßstabsgetreu die Dimensionen des schwimmenden Hotels aufgezeigt und damit viele offenbar überzeugt hatte, dass von Verschandelung nicht die Rede sein muss. Geplant sind auf Pontons schwimmende Mini-Apartments à 40 Quadratmetern – sechs an der Zahl und 24 Schlafplätze bietend. Das Ganze soll auf zwei jeweils 14,7 Meter langen Pontons aufgebaut werden. Die Pontons sollen über einen 7,4 Meter langen Steg verbunden sein.
Nutzungserlaubnis für Floating Host in Mülheim soll zunächst zeitlich begrenzt gelten
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Mülheims Baudezernent Felix Blasch machte nach den Gesprächen mit der Politik deutlich, dass man die Investoren zu drei Dingen verpflichten wolle. Erstens sollen die Pontons zum Ruhrufer statt zwölf nur sechs Meter Abstand haben. Zweitens soll eine Nutzungserlaubnis zunächst auf 20 Jahre befristet sein und drittens wolle man sich mit einer Sicherheitsleistung seitens der Investoren absichern, dass das Schwimmhotel verschwindet, sollte der Ponton-Bau aus irgendwelchen Gründen (etwa der Insolvenz eines Betreibers) womöglich mal als Leerstand auf der Ruhr rumdümpeln.
Letztere Bedingung kannte Architekt Blanck nach eigener Auskunft noch nicht, das andere sei zuletzt mit der Verwaltung abgesprochen gewesen. Man werde nun in die Gespräche für einen Pachtvertrag mit dem Wasserschifffahrtsamt einsteigen, das für die Bundeswasserstraße an dieser Stelle der Ruhr zuständig ist, sagte er. Jenes Amt sei auch die Genehmigungsbehörde.
Kooperationen mit Kanuvereinen, der Grünen Flotte und Gastronomen geplant
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Blanck gab am Dienstag nochmals den Ausblick, die Stadt werde mit einem Schwimmhotel an Attraktivität, auch an „Freizeitwert, allein optisch schon“, gewinnen. Man plane auch Kooperationen etwa mit Kanuvereinen, mit der Grünen Flotte, Gastronomen oder der Mülheimer Stadtmarketing- und Tourismusgesellschaft. Drei Investoren seien im Boot. Einer davon werde auch Betreiber sein; er habe aufgrund seiner „Verwaltungsstrukturen“ im Bereich von Gästehäusern auch das Know-how für den Hotelbetrieb. Benennen will Blanck die Investoren weiterhin nicht. Man wolle erst die wasserrechtliche Genehmigung einholen.
Der Architekt aus Saarn freut sich nun über eine breite politische Zustimmung zu seinem Projekt. Alle politischen Kräfte sind aber nicht im Boot. Die „Partei“ hatte sich im Rat enthalten, alle anderen Fraktionen und Gruppen neben der CDU, den Grünen und der SPD sind auf Widerstand aus. „Unverantwortlich“ und „experimentell“ brandmarkte Heidelore Godbersen (MBI) das Projekt mit Blick auf Hochwassergefahren und das Stadtbild.
Nicht alle im Mülheimer Stadtrat begrüßen das auf der Ruhr schwimmende Hotel
FDP-Fraktionsführer Peter Beitz sieht den Blick von Ruhrbania auf Stadthalle und Müga verstellt. Mit Selbstironie auf seine eigene Körperfülle prognostiziert er: Die Ponton-Bauten wirkten im Stadtbild so, als wenn er „in Unterhose auf dem Balkon“ liege. „Das wird kein Eyecatcher (Hingucker), das wird eine merkwürdige Situation.“ Ein Schwimmhotel sei eine gute Idee. „Aber nicht an dieser Stelle. Es macht den ganzen Charakter des Parks kaputt“, so Beitz mit Blick auf die Müga. „Inakzeptabel“ nannte auch AfD-Ratsherr Tobias Laue die Standort-Auswahl. Er befürchtet Vandalismus-Probleme und Einschränkungen für Veranstaltungen.
Am Ende der Ratsdebatte nahm sich OB Marc Buchholz (CDU) noch das Wort. Er sei „hin- und hergerissen zwischen Chancen und Risiken“, sagte er. Letztlich empfahl er aber, dem Projekt positiv gegenüberzustehen. Womöglich ergebe sich im Zuge von „Mülheim-West“, dem Megaprojekt der Stadtentwicklung, ja noch die Möglichkeit, das Schwimmhotel auf die rechte Ruhrseite zu verlagern, wenn dort ein Lückenschluss des Ruhrtalradweges möglich werde.