Mülheim. Mülheims Stadtrat mochte sich nicht dazu durchringen, ein positives Signal für ein Schwimmhotel auf der Ruhr zu senden. Was die Politik stört.
Planer und Investoren für ein Schwimmhotel (Floating Host) auf der Ruhr müssen sich weiter in Geduld üben: Ein erhofftes positives Signal für ein solches Projekt im Stadtrat blieb aktuell aus. Mülheims Politik sieht zu viele ungeklärte Fragen.
Kurz und knapp vermeldete OB Marc Buchholz in der jüngsten Sitzung des Stadtrates, dass der Tagesordnungspunkt zum Schwimmhotel geschoben werden sollte in die nächste Sitzung nach den Ferien. Der Stadtrat war aufgefordert, ein grundsätzliches Ja zu weiteren Planungen für das Projekt zu formulieren und damit für die Investoren das Signal zu setzen, dass sich weitergehende Planungen inklusive kostenträchtiger Gutachten für sie auszahlen. Dazu sollte die Politik „ein touristisches und stadtentwicklungspolitisches öffentliches Interesse“ an dem Schwimmhotel bekunden, das den Investoren den Weg freimachen soll für einen Genehmigungsantrag bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung in Duisburg, die für die Ruhr an dieser Stelle verantwortlich ist.
Mülheims CDU-Fraktionsvorsitzende: „Wir tun uns nach wie vor schwer damit“
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„Wir tun uns nach wie vor schwer damit“, begründete CDU-Fraktionsvorsitzende Christina Küsters nun gegenüber der Redaktion, warum es noch Gesprächsbedarf mit der Planergruppe um den Architekten Gunvar Blanck gebe. Es gelte den Sommer zu nutzen, um Kritikpunkte zu diskutieren, um eine Lösung zu finden für die eigentlich „tolle Sache“ eines schwimmenden Hotels für Radfahrer. Für etwas, das tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal für Mülheim sein könne.
Der Standort mache den Unions-Politikern aber Kopfzerbrechen, so Küsters. Das Schwimmhotel sei „nicht gerade klein“ in seinen Ausmaßen. Man habe Bauchschmerzen, einen solch wuchtigen Riegel auf die Ruhr, vor das Grün der Müga zu setzen. „Was ist, wenn es in zehn, 15 Jahren nicht mehr so schön aussieht, wenn es leer steht?“, fragt Küsters. „Kommt es dann weg? Wer ist dafür zuständig?“
Mülheims Grüne stoßen sich an Größe, Lärm- und Sicherheitsfragen
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Auch fordert Küsters weitere Informationen dazu ein, wie konkret Veranstaltungen beeinträchtigt würden, sollte ein Hotel auf der Ruhr platziert werden. Die Mülheimer Stadtmarketing- und Tourismusgesellschaft hatte hier Bedenken geäußert für das Drachenbootrennen oder die Mölmsche Kirmes. Die Stadtverwaltung ist weniger kritisch: „Keine Veranstaltung steht grundsätzlich in Frage. Technische und räumliche Anpassungen sind möglich“, hieß es. Die Floating Hosts, wie die auf Schwimmpontons verankerten Hoteleinheiten genannt werden, könnten sogar für Events zur Verfügung stehen und genutzt werden. Zum Beispiel für die Messanlage beim Drachenbootrennen.
Überzeugt ist die Politik von derlei Aussagen offenbar nicht. Mehr Details werden eingefordert. Auch von den Grünen, für die Ratsfrau Brigitte Erd feststellt, in dreierlei Hinsicht skeptisch zu sein. Erstens sehe ihre Fraktion die Größenordnung des Hotels kritisch; „ich könnte es mir eher kleiner vorstellen“, so Erd. Als zweites nennt sie die offene Frage einer zunehmenden Lärmbelastung vor Ort. Schon die Radschnellweg-Brücke sei Treffpunkt geworden für lärmendes Partyvolk, von der Ruhrpromenade gehe Lärm aus. . . Dritter Knackpunkt aus Erds Sicht: Wenn, wie aufgezeigt, womöglich ein Sicherheitsdienst vor Ort eingesetzt werden müsste, um nach dem Rechten zu schauen: „Wer bezahlt den?“
Auch SPD sagt: „Gutes Projekt mit offenen Fragen“
„Gutes Projekt mit offenen Fragen“, äußerte sich auch die SPD in ihrem aktuellen Newsletter. „Wir befürworten das Projekt ausdrücklich und bedauern, dass es von einigen am Entscheidungsprozess Beteiligten seit der Vorstellung zerredet wird“, heißt es da. Dennoch gebe es – besonders im ökologischen Bereich – noch offene Fragen zu klären. Daher sei es richtig, die Entscheidung vorerst zu vertagen.
Ist das zu viel Kritik, um noch an das Projekt zur Internationalen Gartenbauausstellung 2027 zu glauben? Einer der Initiatoren, Architekt Gunvar Blanck, will die Hoffnung nicht aufgeben, ist aber doch enttäuscht, dass nach all den Jahren, die das Projekt im politischen Raum bekannt ist, immer noch Zögern vorherrscht.
„Wer hier bremsen will, der handelt gegen die Interessen der Stadt“
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„Wer hier bremsen will, der handelt gegen die Interessen der Stadt“, hatte 2018 der damalige Vorsitzende des Planungsausschusses, Dieter Wiechering (SPD), gesagt. Auch CDU und FDP hatten sich seinerzeit sehr angetan gezeigt von der „charmanten Idee“ (CDU-Fraktionschefin Küsters). Der heutige Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte, damals noch Landesminister, 2020 bei einer Wahlkampftour im Mülheimer OB-Wahlkampf ein schwimmendes Fahrradhotel für spannend und förderungsfähig erklärt.
Schon 2018, so Blanck, seien die baulichen Dimensionen für ein solches Schwimmhotel die gleichen gewesen wie heute und der Politik bekannt. Von der anderen Ruhrseite aus gesehen erstreckten sich die zwei Hotelaufbauten auf zwei kaum sichtbaren Pontons auf einer Länge von jeweils 14,7 Metern. Dazwischen sei 7,4 Meter Luft und ein Steg als Verbindung zwischen beiden Pontons vorgesehen.
Architekt beklagt, dass CDU und SPD vier Jahre lang nicht nachgefragt hätten
Auch der Standort sei schon 2018 aufgerufen gewesen. „In der Höhe schaut man drüber von der gegenüberliegenden Seite, in der Breite sind es zwei feingliedrige eingeschossige Gebäude“, spricht er gegen optische Bedenken – das Hotel sei klein geplant, mit 24 Plätzen in sechs Mini-Apartments à 40 Quadratmetern. „Warum hat sich bis heute die CDU-Fraktion nicht bei uns gemeldet? Das ist den Investoren schwer zu vermitteln“, sagt Blanck. Das gleiche gelte für die SPD, deren ökologischen Vorbehalten Blanck so entgegnet: „Der Eingriff in das kybernetische System ist schon ohne die besonders nachhaltigen bautechnischen Details – um das Bild eines Fußabdrucks zu nutzen – nur der kleine Zeh.“
Mit MST und Verwaltung sei längst auch geklärt, dass ein Drachenbootrennen weiterhin stattfinden könne. Und, sagt der Architekt: „Was gibt es Cooleres, als ein Apartment zu buchen, von dem ich fußläufig auf die Kirmes gehen, ein Drachenbootrennen verfolgen oder ein Konzert auf der Ruhr genießen kann?“
Zusätzliche Kontrolle in „einer der dunkelsten Ecken der Müga“?
Andere Bedenken hinsichtlich Lärm und Vandalismus will Blanck ebenso zerstreuen. „Fakt ist, dass es in der Müga immer wieder zu Vandalismus kommt. Dies kann nicht bedeuten, nichts mehr zu errichten. Vielleicht ist es sogar eher hilfreich, wenn in der dunkelsten Ecke der Müga eine zusätzliche soziale Kontrolle entsteht“, sagt Blanck und verweist darauf, dass ein Sicherheitsdienst, wenn nötig, sicher Sache der Investoren wäre.
Der Projekt-Antreiber hofft noch auf den politischen Segen: „Das Floating Host wird in Sachen Nachhaltigkeit ein Meilenstein für die sehr konventionelle und träge Bauindustrie darstellen. Das erste Realisierungsprojekt der IGA 2027, das privat finanziert wird und keine Zuschüsse des kommunalen Haushalts benötigt. Ein Projekt, bei dem Mülheim ausnahmsweise mal ,the very first’ wäre. Ein Projekt, das den Freizeitwert und das Image der Stadt ohne Elbphilharmonie immens aufwertet.“