Mülheim. . Sieben Standorte für ein Wohnen auf der Ruhr werden ins Auge gefasst. Ein Modell für „Aussteiger“ in der Stadt. Mülheim könnte Vorreiter sein.

Sie möchten auf dem Wasser leben? Mitten in der Stadt? Am liebsten in Mülheim? Ein Traum, aber vielleicht nicht mehr lange. Ein Mülheimer Architekten-Team, das sich „Ponton Planungsgruppe“ nennt, arbeitet daran, sogenannte Floating Homes (Schwimmhäuser) in Mülheim zu realisieren. „In 20 Jahren wird das eine ganz normale Wohnform sein“, sagt Gunvar Blanck, Mitglied der Planungsgruppe und Vorsitzender des Bundes der Architekten am Ort. Aus seiner Sicht könnte Mülheim als Stadt am Fluss landesweit dabei sogar eine Vorreiterrolle einnehmen.

Zwischen 70 und 140 Quadratmeter Wohnfläche

Sieben Standorte (siehe Text unten) haben die Architekten ins Auge gefasst. Sie sprechen von einer Ruhr-verträglichen Planung, von einem nachhaltigen, Ressourcensparenden Bauen, das die Umwelt deutlich weniger belaste als jedes Einfamilienhaus am Land. Zwischen 70 und 140 Quadratmeter Wohnfläche wären auf so einem Floating Home möglich, das über einen Steg mit dem Ufer verbunden wäre. Unbezahlbar? „Man kann von einem Quadratmeterpreis um die 2000 Euro plus Baunebenkosten ausgehen“, sagt der Architekt Detlev Riek.

Ein Floating Home ist kein Boot, keine Immobilie im klassischen Sinne. „Es ist eine Herberge, die sanft Strömungsbewegungen und Wasserstände mitmacht“, so beschreibt es die Ponton-Gruppe. Das Grundstück ist die Wasserfläche, das Fundament ein Ponton aus Beton, das die Wasserbewegungen abdämpft.

Aussteiger mitten in der Stadt

21 solcher Bauten auf dem Wasser könnten in Mülheim realisiert werden, wenn alle Hürden genommen sind. Und das sind nicht wenige. Zwar gebe es bereits aus der Stadtverwaltung und von mehreren politischen Parteien Zustimmung zu derartigen Planungen, aber „im Land der Gutachten“, so Blanck, müsse noch einiges geklärt werden: So seien unter anderem rechtliche und ordnungspolitische Fragen noch offen, es müsse die Umweltverträglichkeit geprüft, Notwendigkeiten des Bundesschifffahrtsamtes erörtert werden. Für die Planer stellt das jedoch alles kein Hindernis dar. Der Grund: „Wir sehen das öffentliche Interesse.“

Schon jetzt gebe es eine extrem hohe Nachfrage nach solchen Objekten, die sich weiter steigern werde. Es fragen vor allem Menschen nach, die „etwas aussteigen wollen“. „Es sind Aussteiger mitten in der Stadt, die die Naturnähe erleben wollen und die Nachteile nicht scheuen.“ Es ist die Sehnsucht nach einem ruhigeren Leben. „Viele glauben, dass es an der Zeit ist, sich mehr Zeit zu nehmen.“

Immer mehr Wasserflächen

Die Zeit für ein solches Projekt, sagt Blanck, sei in jedem Fall günstig. Wohnen am Wasser ist das Leitprojekt der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027. Im Bau- und Planungsdezernat der Stadt Mülheim denkt man bereits seit mehreren Jahren über die Möglichkeiten des Wohnens auf der Ruhr nach. Der RVR steht hinter dem Projekt. „Was dringend nötig ist, ist, dass das Land NRW die Mittel für die IGA freigibt“, so Blanck. Er glaubt auch, dass die Zeit politisch für derartige Innovationen reif sei, vor allem mit Blick darauf, dass in NRW immer mehr gut erschlossene Wasserflächen entstehen.

Schritt für Schritt wollen die Architekten das Projekt in Zusammenarbeit mit Stadt und RVR weiterverfolgen, hoffen, dass nötige Gutachten ausgeschrieben werden. Erste Gespräche mit dem Bundesschifffahrtsamt habe man bereits geführt. „Wir wollen sozusagen alle ins Boot holen“, sagt der Geodät Hanns F. Schuster vom Geohaus.

Auf 300 Metern von 12,5 Kilometern

Auf einer Strecke von 12,5 Kilometern durchquert die Ruhr die Stadt. Die Floating Homes würden davon eine Strecke von 300 Metern einnehmen. „Die Ruhr soll in jedem Fall ein Naherholungsgebiet bleiben“, so die Planer. Die sieben Standorte:

1

Ein Grundstück befindet sich nahe der Raffelberg-Schleuse; zwei Häuser mit jeweils zwei Geschossen wären aus Sicht der Architekten an der Stelle möglich.

2

Ein Bürobau mit drei Geschossen auf dem Wasser, errichtet in U-Form, schlagen die Architekten auf dem Seitenarm in Styrum unweit der Moritzstraße vor. Dort ist der Wasserversorger RWW ansässig, der sich ein schiffbares Floating Office errichten könnte.

3

Quasi eine kleine Siedlung mit acht Wohneinheiten, zweigeschossig auf dem Wasser, ist aus Sicht der Ponton-Gruppe in Höhe der Friedrich-Wilhelms-Hütte denkbar. Dort befindet sich zudem eine kleine Marina im Anschluss, das frühere Freibad der Hütte.

4

In einer Nische vor der Konrad-Adenauer-Brücke ließen sich zwei Floating Homes bauen mit Blick auf die Müga gegenüber.

5

Am Rande der Müga, gegenüber vom Ruhrquartier, schlagen die Architekten ein Radfahrer-Hotel mit sechs Appartements vor.

6

Als romantisch wird ein Standort am Kassenberg eingestuft; drei Häuser wären unweit des Geländes des Kanu-Vereins möglich.

7

Als ebenfalls schön und idyllisch gelegen wird ein Standort direkt an der Wasserstraße am Campingplatz in Menden bezeichnet. Platz für fünf Häuser gäbe es dort.