Mülheim. . Rundgang mit dem Vorsitzenden des Bundes der Architekten in Mülheim, Gunvar Blanck, durch die neuen Quartiere. Er sieht Mängel wie Mehrwerte.

Knapp 15 Jahre ist es her, dass der Stadtrat „Ruhrbania“ mit der Neugestaltung der Ruhrpromenade als Kern beschlossen hat. Die „Stadt ans Wasser“ holen , so lautete die große Überschrift; „attraktives Arbeiten und Wohnen am Wasser“ möglich zu machen, war das Ziel. Konnte es erreicht werden? Kritiker sind nie verstummt. Wir trafen uns mit Gunvar Blanck, dem Vorsitzenden des Bundes der Architekten (BDA) in Mülheim, zum Ortstermin.

„Gegenüber dem, was mal war, sind paradiesische Verhältnisse entstanden“, sagt der Architekt. Doch seine Bilanz enthält auch mehrfach Kritik. Alles ist dabei in seiner Bewertung: von sehr schön bis nicht schön. Die Bestnote gibt es für Ruhrbania von ihm unterm Strich nicht. Erst recht nicht unter rein architektonischen Gesichtspunkten: „Da schneiden zum Beispiel die Gebäude der Hochschule Ruhr West deutlich besser ab“, sagt er und bedauert, dass die Ruhrbania-Bauherren nicht an den ursprünglichen Architekten festgehalten haben.

Konsequente dichte Blockbebauung

Die Stadt an den Fluss zu bringen, in dem Sinne, dass der Mensch von der Schloßstraße aus die Ruhr auch wahrnimmt, sei von Anfang an eine Mär gewesen, sagt Blanck. Dies sei allein von der Lage her nicht möglich. Die innerstädtisch dichte Blockbebauung wurde bis zur Ruhr fortgesetzt. „Wenn man das wollte, ist das Ergebnis nur konsequent. Aber es ist städtebaulich nicht optimal gelöst.“ Daraus resultieren die hohe Dichte, die gefühlte Enge, der dominierende Beton. Es hätte, so Blanck, anders werden können, aber dem nachzutrauern, mache keinen Sinn mehr.

Das kleine Hafenbecken empfinde der Vorsitzende des BDA als nicht gelungen. „Es ist einfach keine Marina.“ Sinnvoller hätte er es gefunden, den Leinpfad am Ufer fortzuführen und nicht durch ein Hafenbecken zu unterbrechen. „Ein kleines Parkgrundstück an der Stelle hätte dem Ort besser getan.“

Leben an den Fluss gebracht

Das Ziel, Leben an den Fluss zu bringen, ist für Blanck erreicht. Es sei ein Ort geworden, wo die Menschen hingehen können und es auch bei gutem Wetter offensichtlich gerne tun. Ein Gewinn.

Der Umbau des ehemaligen Stadtbades zu Eigentumswohnungen hat für ihn keinen besonderen Charme entwickelt. Dem angrenzenden Baufeld am Hafen mit dem Kondor-Wessels-Bau gibt er ein Mangelhaft. „Fantasielos.“ Die gelbe Fassade wirke alles andere als maritim, die Trennwände auf den Balkonen erinnerten eher an Gartenlauben als an hochwertiges Wohnen. „Warum hat man nicht mal geschaut, wie es die Holländer am Wasser machen?“ Das Ruhrquartier, wo MWB über 100 Wohnungen, Praxen und Gewerbeflächen errichtet hat, schneidet für ihn in der Gestaltung und mit dem halböffentlichen Innenhof viel besser ab. „Aber warum macht man Kunststofffenster im Holzimitat?“ Für Blanck eine Bausünde. „Das sind Mängel im Detail, die würden anderswo nicht hingenommen.“

Wirtschaftliche Aspekte dominieren

Dass das Schloßstraßen-Quartier letztlich so aussieht und so massiv daherkommt, kann Blanck nachvollziehen. Der Bauherr habe das Sagen. „Wirtschaftliche Aspekte dominieren.“ Ob urbanes Leben an der Stelle entstehen wird, müsse sich noch zeigen. Zweifel hält er für angebracht. Die Schneise zwischen den Baukörpern wird von vielen als viel zu schmal empfunden. „Dass es den Durchgang gibt, ist gut. Aber ein Highlight ist es sicherlich nicht“, meint Blanck.

Er hätte es gut gefunden, wenn das neue Quartier sich gegenüber dem Rathaus etwas mehr zurückgenommen hätte. So wirkt der historische Bau zu sehr eingekesselt. Aber auch hier, so Blanck, müsse man immer sehen, was war. Der leerstehende Kaufhof war ein städtebauliches Loch. Jetzt komme es darauf an, dass kein neues Loch entstehe – wobei er das Loch in dem Fall nicht räumlich sieht.