Mülheim. Arbeitgeber suchen teils gezielt nach neuen Mitarbeitenden aus der Ukraine. Die Arbeitsagentur Mülheim spricht von einer verhaltenen Nachfrage.

Flüchtlinge aus der Ukraine wecken bei Arbeitgebern Erwartungen. Gehofft wird offenbar auf Fachkräfte, die Lücken schließen könnten. In der Pflege, in der Medizin oder auch in der Gastronomie. Die Agentur für Arbeit beobachtet zwar noch wenig Nachfrage. Aber es gibt Initiativen von Unternehmen und Berufsverbänden.

Nach Ostern waren 1113 Flüchtlinge aus der Ukraine in Mülheim registriert, darunter 385 Minderjährige. 641 der Geflüchteten sind älter als 25 Jahre. Welche Berufsqualifikationen sich dahinter verbergen mögen, welche Abschlüsse die Menschen mitbringen, dazu kann die Agentur für Arbeit aber noch nichts sagen, so Katja Hübner. „Die Nachfrage ist derzeit in Mülheim noch verschwindend gering“, sagt die Pressesprecherin. Und das auf beiden Seiten – also von den Geflüchteten und auch von den Arbeitgebern.

Wichtig ist, die deutsche Sprache zu lernen – und Kinderbetreuung zu haben

Es seien ja überwiegend Frauen, die mit ihren Kindern aus der Ukraine geflohen sind, so Hübner. „Die haben erst mal ganz andere Themen, die sie bewegen“, wie Hübner von Kolleginnen und Kollegen weiß, die ukrainisch sprechen und die an der bundesweiten Hotline der Arbeitsagentur sitzen. „Die erste Frage ist immer danach, wie man die deutsche Sprache lernen kann“, sagt sie. Den meisten sei klar, dass sie ohne Sprachkenntnisse kaum Arbeit finden könnten. Die nächste Frage sei dann die nach der Kinderbetreuung. „Solange die Mutter nicht weiß, wo sie ihr Kind unterbringen kann, stellt sich keine Frage nach einem Arbeitsplatz.“

Die Arbeitsagentur bietet Beratung speziell für Menschen aus der Ukraine zu den Themen Ausbildung, Arbeitsaufnahme und Qualifizierung an. Katja Hübner weiß aber, dass vieles auch noch über die Netzwerke der ehrenamtlichen Helfer oder über private Initiativen läuft und damit zunächst noch an der Arbeitsagentur vorbei. Eine solche Initiative ist wohl auch das Stellenvermittlungsportal für ukrainische Geflüchtete – www.jobaidukraine.com. Das Portal wurde von einem Unternehmer vor wenigen Wochen ins Leben gerufen.

Jobangebote von großen Mülheimer Firmen für Ukrainer finden sich im Netz

Dort finden sich auch schon einige Jobangebote von Mülheimer Firmen, darunter große Unternehmen wie Aldi Süd, eine Systemgastronomie-Kette oder auch die Contilia-Gruppe, zu der das Mülheimer St. Marien-Hospital gehört. Eine Mülheimer Spedition sucht Lkw-Fahrer, eine örtliche Zahnarztpraxis Dentalassistenten, eine Physiotherapiepraxis Therapeuten. Zumeist auf Englisch, aber oft auch gleich auf Ukrainisch wird hier um Mitarbeitende geworben. Wie etwa von der Contilia: In kyrillischer Schrift werden auf der Plattform Pflegekräfte und Ärztinnen/Ärzte für Kliniken in Mülheim und Essen gesucht.

Auch interessant

Diese Aktion habe bisher noch nicht zu konkreten Bewerbungen geführt, sagt Andreas Weymann, ein Personalleiter in der Essener Contilia. Aber es gebe bereits Kontakte und Gespräche auf privater Ebene, Hinweise auf die Qualifikationen, die Sprachkenntnisse von Geflüchteten. „Es steht und fällt ja mit der deutschen Sprache“, betont auch Weymann. Aktuell habe es noch keine Einstellungen gegeben: „Wir sind noch in der Orientierungsphase.“

Mülheimer Apothekerinnen und Apotheker bieten Hospitationen an

Eine eigene Initiative haben Apothekerkammer und Apothekerverband Nordrhein für NRW gestartet: Apothekerinnen und Apotheker sowie pharmazeutische Fachkräfte aus der Ukraine sollen gezielt angesprochen und über Bedingungen informiert werden, um hierzulande arbeiten zu können. „Ziel ist, motivierten und qualifizierten Menschen schnell die Möglichkeit zur beruflichen Integration zu bieten“, erklärt Peter Lamberti, Sprecher der Mülheimer Apotheken. Kammer und Verband stellen Infomaterial zusammen und wollen auch dabei helfen, die richtigen Ansprechpartner zu finden. Auch ohne bereits erfolgte berufliche Anerkennung könnten geflüchtete Apotheker eine Hospitation in deutschen Apotheken machen und die Arbeitsabläufe dort kennenlernen, so Lamberti.

Die Hochschule Ruhr West (HRW) hat ein sehr spezielles Stellenangebot auf www.jobaidukraine.com veröffentlicht: Gesucht wird ein wissenschaftlicher Mitarbeiter für Anwendungen der Quantensensorik in der Medizintechnik. „Das ist eine Initiative des Instituts für Mess- und Sensortechnik“, erläutert HRW-Sprecherin Beatrice Liebeheim. Die leitende Professorin habe die Stellenausschreibung ausdrücklich auch auf diesem Portal gewünscht. Denn noch weiß ja niemand genau, mit welcher Profession die Geflüchteten kommen und wie lange sie bleiben.

Infos für Arbeit suchende Geflüchtete

Mehr Informationen bekommen Geflüchtete auf Arbeitssuche unter: https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/oberhausen/ukrainische-gefluechtete-menschenDie bundesweite Sonderhotline der Arbeitsagentur für ukrainische Bürgerinnen und Bürger 0911 178-7915 ist erreichbar von Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 und Freitag von 8 bis 13 Uhr.Arbeitgeber/Unternehmen, die Fragen zur Einstellung von geflüchteten Menschen haben, erreichen den Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit unter 0800 4 5555 20.