Mülheim. Eigentlich wollte die Stadt die Organisation des Wochenmarktes in Mülheims Innenstadt bald selbst übernehmen. Doch daraus wird vorerst nichts.

Weitere Wendung beim Wochenmarkt: Wollte die Stadt eigentlich bereits in diesem Jahr selbst als Veranstalterin des Marktes in der Innenstadt auftreten und den Vertrag mit der Deutschen Marktgilde auslaufen lassen, so soll die Gilde nun doch bleiben. Ein Grund: Die Stadt braucht noch Zeit, um als Marktbetreiberin startklar zu werden.

Eigentlich schon ab April dieses Jahres wollte die Stadtverwaltung selbst die Organisation des Wochenmarktes in der Innenstadt übernehmen und ihn vorzugsweise auf den Rathausmarkt verlegen. Entsprechend hatte der Rat Mitte Dezember beschlossen, die bestehende Konzession der Deutschen Marktgilde auslaufen zu lassen. Die Stadt wollte den Markt stattdessen wieder in Eigenregie betreiben. Daraus wird nun vorerst nichts, denn die Verwaltung ist noch nicht soweit, um das Marktgeschehen selbst in die Hand zu nehmen.

Markt vor dem Rathaus: Umzugspläne sorgen bei Händlern für Unmut

Bis die Voraussetzungen geschaffen seien, soll die Marktgilde weiter als Betreiberin fungieren, festgelegt auf ein Jahr, bis Ende März 2023. „Wir erkaufen uns damit Zeit“, hatte Felix Blasch, Leiter des Amtes für Stadtplanung und Wirtschaftsförderung, jetzt im Wirtschaftsausschuss erklärt. Neben der Übernahme der Organisation strebt die Stadt auch den Umzug des Wochenmarktes von der Schloßstraße auf den Rathausmarkt an – was zwischen Marktgilde, Händlern und Verwaltung seit geraumer Zeit für Verwerfungen sorgt.

Dem „Nussmann“ Swier Strobos (r), hier mit Stella Verhoogt, ist es egal, wer den Mülheimer Wochenmarkt organisiert – die Stadt oder die Deutsche Marktgilde. Für den niederländischen Markthändler zählt vor allen Dingen der Standort.
Dem „Nussmann“ Swier Strobos (r), hier mit Stella Verhoogt, ist es egal, wer den Mülheimer Wochenmarkt organisiert – die Stadt oder die Deutsche Marktgilde. Für den niederländischen Markthändler zählt vor allen Dingen der Standort. © Dennis Vollmer | Dennis Vollmer

Begründet sei der jetzige Rückgriff auf die Gilde auch in den knappen personellen Ressourcen der Stadt, so Blasch. „Wir müssen die Strukturen für die Übernahme des Marktes schaffen und gucken, welches Amt die Kompetenzen hat, um die Aufgabe zu übernehmen“, so Blasch auf Nachfrage dieser Redaktion.

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Doch neben der Personalproblematik musste die Stadt auch reagieren auf den Antrag der Deutschen Marktgilde, einer eingetragenen Genossenschaft, die den Wochenmarkt auch nach Auslaufen der Konzession im Rahmen einer Sondernutzung weiterbetreiben will. „Wir müssen selbstkritisch einräumen, dass wir nicht damit gerechnet haben, dass die Marktgilde uns mit ihrem gewerberechtlichen Antrag in die Parade fährt“, sagte Blasch und räumte ein: „Wir schaffen es nicht während der Frist, die für den Antrag gilt, alles innerhalb der Stadtverwaltung so zu organisieren, dass wir den Antrag in der Frist rechtssicher ablehnen könnten.“

So lautet die Empfehlung an den Rat, der am kommenden Donnerstag, 17. Februar, tagt, dem Antrag der Marktgilde zuzustimmen, ihn aber auf ein Jahr zu befristen.

Stadt wollte Vertrag mit der Marktgilde keinesfalls um weitere fünf Jahre verlängern

Die Weiterführung über zwölf Monate sei das kleinere Übel, denn die Alternative wäre gewesen, den Konzessionsvertrag mit der Gilde um fünf Jahre zu verlängern, legte Blasch dar: „Das wollten wir auf keinen Fall, weil wir mit der Marktgilde nicht so zufrieden waren.“ Dass die Übernahme durch die Stadt nun mit einem Jahr Verspätung erfolge, ist aus Sicht des Stadtplanungsamtsleiters vertretbar, dann die Zeit werde benötigt, um die Voraussetzungen zu schaffen.

Die Familie Henninghaus, im Bild Theo Henninghaus, betreibt ihren Obst- und Gemüsestand auf dem Wochenmarkt in der Mülheimer Innenstadt seit 1948. Die Organisation durch die Deutsche Marktgilde finden viele Händler zu teuer. Auf den Rathausmarkt umziehen, so wie es die Stadt vorsieht, will die Familie Henninghaus aus Sorge vor zu wenig Kundschaft nicht.
Die Familie Henninghaus, im Bild Theo Henninghaus, betreibt ihren Obst- und Gemüsestand auf dem Wochenmarkt in der Mülheimer Innenstadt seit 1948. Die Organisation durch die Deutsche Marktgilde finden viele Händler zu teuer. Auf den Rathausmarkt umziehen, so wie es die Stadt vorsieht, will die Familie Henninghaus aus Sorge vor zu wenig Kundschaft nicht. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Als Lückenbüßer, der es noch einmal für ein Jahr richten soll, sieht sich die Deutsche Marktgilde indes nicht. „Wir sind bereit, den Markt weiterzuführen, auch zum Wohl der Händler, deren Lebensunterhalt davon abhängt“, sagte Martin Rosmiarek, der bei der Deutschen Marktgilde zuständig ist unter anderem für die Region Rhein-Ruhr. Dass der zeitliche Horizont nun auf zwölf Monate beschränkt sein soll, sei allerdings nicht ideal, um weitere Händler anzuwerben oder Investitionen zu planen.

Ob man den Antrag trotz der Befristung annehmen werde, wolle man intern bei der Deutschen Marktgilde bewerten und sich dazu vorerst nicht öffentlich äußern, so Rosmiarek. Die Marktgilde bleibe aber bei ihrer Meinung, dass der Rathausmarkt zum jetzigen Zeitpunkt nicht der richtige Standort für den Wochenmarkt sei. „Zwar würde sich der Rathausmarkt viel besser zum Aufstellen der Stände eignen als die Schloßstraße, aber der Platz ist noch nicht etabliert“, schildert Rosmiarek und erklärt: „Das Drumherum ist noch nicht da. Mit Handel und Gastronomie hätte das mehr Zugkraft für Laufkundschaft. So etwas muss vorab da sein, denn der Wochenmarkt ist nicht der Magnet, der viele Menschen anzieht.“

Markt-Händler: In Mülheim sind die Standgebühren besonders hoch

Dass dem Rathausmarkt noch die Infrastruktur für einen Wochenmarkt fehlt, meint auch Martin Henninghaus. Er führt in der dritten Generation den Obst- und Gemüsestand, mit dem seine Großeltern 1948 angefangen haben – damals tatsächlich noch auf dem Rathausmarkt. Seine Familie hat über die Jahrzehnte so manchen Standort für den Wochenmarkt in der Mülheimer Innenstadt mitgemacht, erzählt Henninghaus.

Durch den Austausch mit den anderen Händlern weiß er: „Derzeit würde keiner mit runtergehen zum Rathaus.“ Gleichwohl habe er als Händler auf Veränderungen gehofft, wenn die Stadt in diesem Jahr, wie ursprünglich geplant, die Organisation des Marktes übernommen hätte. Denn, sagt Henninghaus: „Durch die Marktgilde ist es für uns deutlich teurer geworden. Außerdem sind wir durch die Verträge mit denen gebunden, müssen etwa bei Wind und Wetter bezahlen.“

Sollte die Marktgilde nicht weitermachen, will die Stadt doch in Eigenregie übernehmen

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Dass die Deutsche Marktgilde an ihrer Dienstleistung als Organisatorin des Wochenmarktes verdient, findet Händler Swier Strobos, der als Nussmann jeden Donnerstag in der Mülheimer Innenstadt steht, an sich nicht verwerflich: „Mir ist eigentlich egal, wer den Markt organisiert, solange der Standort stimmt.“ Gleichwohl weiß der Niederländer, dass es auch günstiger geht, was etwa die Standgebühren anbelangt: „In Mülheim ist es am teuersten. In Kempen etwa organisiert die Stadt den Markt, da zahle ich ein Sechstel von dem, was ich hier bezahle.“

Zumindest noch ein Jahr lang dürften Swier Strobos und die anderen Händler genauso wie die Marktkunden darauf warten, dass sich etwas ändert. Vorausgesetzt, die Deutsche Marktgilde nimmt das zeitlich befristete Angebot an und macht noch zwölf Monate weiter. Und falls nicht? Stadtplanungsamtsleiter Felix Blasch kann sich nicht vorstellen, dass die Marktgilde sich zurückzieht, und betont: „Im Zweifel versuchen wir einzuspringen, so, wie wir es eigentlich vorhatten. Wir werden alles daran setzen, dass es weiter einen Wochenmarkt gibt.“